Kunst als Katalysator für Aufstände und Revolutionen

Kunst als Katalysator für Aufstände und Revolutionen
Am Beispiel der Trilogie: „Die Tribute von Panem“

[R&B 02030405/20; 010203/21; 01/23]]

Zwischen 2012 und 2015 fieberte meine jüngste Tochter (geboren 2002) den Verfilmungsfolgen der literarischen Trilogie “Die Tribute von Panem” entgegen und überredete mich diese mit ihr anzusehen. Ich staunte nicht schlecht, als ich eine Junge Frau als Anführerin eines Aufstandes in einer “fiktiven”, aber deutlichen Spiegelgesellschaft der USA präsentiert bekam.

Meine Tochter ist sich bis heute nicht wirklich bewußt, was sie an dieser Geschichte so interessiert und begeistert, aber mir scheint dort eine Saat ausgebracht zu sein, die in der nahen Zukunft aufgehen könnte.

Kürzlich hatte ich ein Erlebnis, welches mich wieder an diese Serie erinnerte und mich zu weiteren Nachforschungen veranlasste, was denn aus der Serie geworden ist und so stieß ich auf das folgende Buch und auf eine geplante Fortsetzung, die eigentlich ein Rückblick in die Kindheit des gestürzten Präsidenten sein soll. Der 4. Band erschien gerade am 19. Mai 2020 in den USA.

Das dabei von mir gefundene Buch ist aber kein Teil der Serie, sondern eine Betrachtung von Philosophen dieser Serie.

Vor einer Woche sah ich späht abends eine sehr junge Frau in einer Tankstelle an der Kasse ein recht dickes Buch lesen und erst aufschauen, als ich eintrat. Wie immer interessierte es mich auch diesmal, welches Buch sie liest und fragte nach. Sie nannte “Die Tribute von Panem”. Ich war erstaunt und sagte: „Das ist aber eine Geschichte die einen revolutionären Aufstand beschreibt.“ Sie: Ja genau! Haben sie ein Problem damit? Ich: Nein, ganz im Gegenteil! Und bestärkte sie in ihrer Wahl. Als ich über meine jüngste Tochter erzählte und dass sie mich drängte mit ihr diese Serie anzuschauen, wurde mir die Absurdität der Situation bewußt, weil sie hinter einer Plexiglasscheibe stand und ich gezwungen war einen Mundschutz zu tragen, während wir über eine aufständische Geschichte schwärmten.

Falls ich diese junge Frau zufällig wieder ein mal treffen sollte, werde ich ihr das Buch über die philosophischen Nachbetrachtungen zu “Die Tribute von Panem” empfehlen und sie mit einem Beitrag zu diesem Thema in diese Zeitschrift einladen.

Diese Empfehlung und Einladung spreche ich an dieser Stelle natürlich an alle interessierten Leser aus.

Die Autorin der Geschichte ist (Suzanne Collins), welche sie nach der Finanzkrise von 2008 geschrieben und veröffentlicht hat. Sie spricht offensichtlich gerade junge Frauen an, die sich schnell mit der Heldin dieses Aufstandes, der zu einer Revolution wird, identifizieren können. Das ist besonders bemerkenswert, weil Frauen in jeder Revolution eine führende Rolle gespielt haben und oft sogar die Auslöser und treibenden Kräfte waren.

Heute liegt die Notwendigkeit von revolutionären Veränderungen unserer Gesellschaft in naher Zukunft deutlich auf der Hand und ich bin gespannt, was da für eine Generation von selbstbewussten und streitbaren Frauen heranwächst. Suzanne Collins hat auf jeden Fall einen Anteil an deren Prägung und ich bekomme das immer wieder in Meinungsstreits über politische Themen mit meiner jüngsten Tochter zu spüren. Sie ist mir gegenüber äußerst kritisch und hinterfragt alles ganz genau. Ich bin stolz auf sie.

Es wurden über 100 Millionen Bücher weltweit verkauf. Wer hat die gelesen? Und wie viele haben die Filme gesehen?

Auf jeden Fall ist dieses Buch ein guter Einstieg für Jung und Alt, um miteinander über das Thema Aufstand, Revolution und eine zukünftige Gesellschaft und deren Beschaffenheit ins Gespräch zu kommen. Außerdem hält diese Geschichte der existierenden Gesellschaft, der so genannten “Westlichen Welt” und ihrem Wechsel zwischen “Brot und Spiele” den Spiegel vor.

Die Autorin verarbeitet in dieser Geschichte unter anderem Kriegserlebnisse ihres Vaters, der Offizier der Air Fors war und nimmt zwei Figuren als Vorbild für ihre Heldin Katniss Everdeen, Theseus und Spartakus.

Theseus stammt aus einer griechischen Mythologie, in der er den Minotauros, ein blutrünstiges Monster mit einem Stierkopf, besiegt und enthauptet. Spartacus war ein Gladiator und legendärer Anführer eines Sklavenaufstandes gegen das römische Imperium, mit dem sich die heutige USA gern vergleicht.

Spartacus dient bis heute als politische Symbolfigur und wurde auch von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht für ihren Spartakusbund, der Vorläuferorganisation der KPD als Namensgeber benutzt:

Theseus war ein legendärer König von Athen und einer der berühmtesten Helden der griechischen Mythologie. In der Parischen Chronik ist der Beginn seiner mythischen Königsherrschaft in Athen für den Zeitraum von 1259-58 v. Chr. angegeben.

In der Ebene von Marathon trieb der marathonische Stier sein Unwesen, richtete Verwüstungen an und tötete viele Menschen. Theseus fing den Stier ein, brachte ihn nach Athen und opferte ihn dem delphischen Apollon.

Doch die Geschichte ist mit dem Herrscher von Kreta Minos und dessen monströsen Sohn Minotauros verwickelt, während der getötete Stier vermutlich nur eine Methapher für irgend eine Abhängigkeit von Athen gegenüber Kreta darstellt, die jährlich einen Tribut von Athen in Form von sieben Jünglingen und sieben Jungfrauen verlangten die per Los ermittelt wurden. Dies ist natürlich die Vorlage für die Tribute von Panem, bei denen es ganz ähnlich zugeht.

Theseus meldete sich freiwillig und versprach dem Unrecht ein Ende zu setzen. Auch die Heldin von Suzanne Collins , Katniss meldet sich freiwillig, aber hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, einen Aufstand vom Zaun gegen die Fremdherrschaft durch die Bewohner des Kapitols zu brechen.

Spartacus hingegen ist eine reale Gestalt und aufständischer Sklave gegen ein Imperium. Er kämpft gegen reale Menschen und nicht gegen Fabelwesen, erst in der Arena gegen seines Gleichen und dann gegen die Unterdrücker, genau wie Kattniss. Damit verließ die Autorin die mythische Ebene und näherte sich der Realität und Gegenwart an.

Die Autorin vereint also die Geschichte von Theseus und Spartacus, projiziert sie auf eine wehrhafte junge Frau und versetzt sie in eine dystopische Zukunft einer fiktiven Gesellschaft, die in vielem dem ähnelt, was sie in den USA beobachtet, besonders wenn man die Erlebnisse ihres Vaters in der US Air Force nicht unterschlägt, die fast permanent für Kriege des heutigen Imperiums unterwegs ist und Tribute einfordert.

Nach dieser kurzen Einführung will ich nun zu dem Buch der Philosophen über diese Serie kommen und es systhematisch nach Parallelen zu unseren Themen durchforsten.

Den ersten Teil dieser Betrachtungen möchte ich mit einem Zitat aus der Einleitung des Buches “Die Philosopheie bei – Die Tribute von Panem” Seite 4-5 beenden:

“Die Panem -Trilogie ist eine Geschichte, die eine Warnung enthält, was aus der menschlichen Gesellschaft werden könnte. Sie beschreibt eine Welt, in der Kinder zur Unterhaltung der Massen abgeschlachtet werden, die Macht in den Händen nahezu unantastbarer Tyrannen liegt und die Arbeiter hungern, während die Wohlhabenden vergnügt zuschauen. Gleichzeitig bietet sie uns eine Chance, darüber nachzudenken, wie diese unheilvollen Kräfte ihre Schatten in unserer heutigen Welt voraus werfen könnten und dass sich die außergewöhnliche Fähigkeit zu Herzensgüte und Heldentum oft in scheinbar gewöhnlichen Sterblichen verbirgt, beispielsweise in einem mutigen heranwachsenden Mädchen, das entschlossen ist, seine Familie zu beschützen. Außergewöhnliches ethisches Handeln aufseiten gewöhnlicher Menschen könnte schlussendlich unsere größte Hoffnung auf Rettung sein.”

Einleitung
Dieses Buch ist von 17 Autoren in 17 Kapiteln geschrieben worden, die erst am Ende des Buches kurz als „Soldaten einer Widerstandstruppe“ vorgestellt werden. Widerstandstruppe? Widerstand gegen was und gegen wenn? Was soll das Ziel dieses Widerstandes sein? Aber was mich ganz besonders interessiert ist, welche Lösungen die jeweiligen Autoren für die Verbesserung und Veränderung unserer „westlichen“ Gesellschaften anzubieten haben. Also welche konkreten Vorschläge unterbreiten diese Autoren, damit sich die von Suzanne Collins überzeichnete Dystopie nicht erfüllt? Aber im besonderen gehe ich der Frage nach:

Haben diese Autoren überhaupt „Etwas“ für mein Verständnis von gesellschaftlichem Fortschritt anzubieten?

Bei 17 Autoren wird es sicher eine aufschlussreiche Reise durch die Philosophie des Hegemons der westlichen Hemisphäre und ihrer für am fortschrittlichsten geltenden Denker. Lassen wir das Spiel also beginnen und prüfen, ob von ihren vermuteten Lösungsansätzen etwas zu gebrauchen ist.

1. Kapitel »Der absolute Höhepunkt«: Mimesis und monströse Kunst in den Hungerspielen

Autor: Brian McDonald

Er ist außerordentlicher Literaturdozent an der Indiana University-Purdue (University in Indianapolis), mit Spezialisierung auf Online-Kurse. Er hat sich mit seinem Philosophie-Kollegen George Dunn (Mitherausgeber dieses Buches) zusammengetan, um philosophische und literarische Texte zu verknüpfen und diese ihren Studenten nahe zu bringen.

Die von Aristoteles entliehene „Mimesis“ in seiner Kapitelüberschrift betrifft aber bei Collins keineswegs die Nachahmung der Natur mit Hilfe von Kunst, sondern die Nachahmung einer dekadenten und sehr realen imperialen Welt, die sie ganz bewusst bis hin zu einer letztendlich möglichen Konsequenz überzeichnet. Zitat von Seite 6:

Die Trilogie enthält unter anderem auch eine Warnung vor den Schattenseiten der Unterhaltung. In einer Populärkultur , die schlagfertig propagiert, bis an die Grenzen zu gehen, geht Collins der Frage nach, was mit unseren Grenzen geschehen könnte, wenn wir sie ständig erweitern. Was wäre, wenn US-Reality-Fernsehserien wie Survivor und American Idol (ähnlich wie Deutschland sucht den Superstar) bis zum Äußersten getrieben würden? Was wäre, wenn unsere Besessenheit von Tätowierungen und ‹Extremsportarten› weiterhin zunimmt? Was wäre, wenn Unterhaltung zum alleinigen Lebenszweck würde und die Lust am Nervenkitzel die Grenzen verwischt, die von unserem mittlerweile angeschlagenen ethischen Empfindungsvermögen durchgesetzt wurden?“

Auch wenn der Autor in seinem Kapitel nicht das Wort benutzt um das es eigentlich geht, so liegt es doch beim lesen auf der Zunge: „Dekadenz“. Es geht um den moralischen Zustand der Mittelschicht in der ersten imperialen Welt der USA und seiner Vasallenstaaten, der sich durch die Überfeinerung der Lebensgewohnheiten und Ansprüche als unaufhaltsamer Verfall aller menschlichen Sitten bemerkbar macht und in der Kunst seinen Niederschlag findet.

Ich stimme dem Autor zu, dass die Übertreibung der Autorin in Form einer Dystopie dabei hilfreich sein kann, um unsere Kultur, sowohl die populäre Unterhaltung, als auch „die schönen Künste“ und deren Perspektiven philosophisch zu hinterfragen.

Die Kunst ist zweifellos schon seit der Antike ein wichtiges Mittel der sozialen und politischen Kontrolle, aber auch des Widerstandes dagegen und veranlasst uns über ihre Funktionen genauer nachzudenken. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass „wahre Kunst“ nicht nur unterhält, sondern die Menschen moralisch bessert. Aristoteles (384-322 v. Chr.) hielt Kunst, die einen solchen Anspruch nicht erfüllt, für dürftig, unwichtig und verzichtbar.

Da ich weiß, dass Aristoteles kein Freund der Volksherrschaft war und sich also geistig und praktisch im Dienste der reichen Herrschaften befand, bin ich mit einer Akzeptanz seiner Meinung als „Lehrmeinung“ immer sehr vorsichtig. Eine solche Vorsicht, oder Distanz gibt es bei Brian McDonald nicht und er empfiehlt Aristoteles bedenkenlos als Lehrer und setzt sich mit dessen Aussagen in keiner Weise kritisch auseinander. Das mag nicht zuletzt an einer ähnlichen sozialen Befangenheit liegen, wie bei Aristoteles. Die Ansichten eines Aristoteles hier genauer zu hinterfragen, würde den Rahmen des Artikels sprengen, aber bei Gelegenheit flechte ich gern meine kritische Meinung gegen Aristoteles künstlerischen Absolutismus ein.

Um 335 v. Chr. verfasste Aristoteles sein Buch „Poetik“, was zu deutsch, die schaffende und dichtende Kunst bedeuten soll. Dazu zählte er das Epos, die Tragödie, die Komödie, den Tanz und die Musik. Er verbindet künstlerische Fähigkeiten sehr eng mit politischen Fähigkeiten wie der Rhetorik, weil sie Sprache und Kommunikation beinhalten und Dichtkunst und Redekunst in der griechischen Polis (Politik) sehr von Nutzen sein konnten.

Auch heute werden in politischen Reden sehr gerne künstlerische Teile (Gleichnisse, Fabeln, usw.) eingeflochten, um die Plausibilität des Vortrages zu unterstreichen und seine Verständlichkeit zu verbessern.

Es geht dem Autor in seinem Kapitel scheinbar um die Verteidigung der Identität eines Menschen, aber ob das wirklich so ist, möchte ich bezweifeln.

Der Autor konzentriert sich anfänglich auf die Verteidigung der „natürlichen“ Identität der Hauptfigur „Katniss“, gegen Manipulationen durch die dekadente Kultur der Herrschenden. Zitat von Seite 10:

Der Ausdruck abgedreht scheint Katniss’ intuitives Gefühl widerzuspiegeln, dass etwas nicht stimmt mit der Neigung, etwas Naturgegebenes bis zur Unkenntlichkeit zu verändern. Sie begreift, »dass etwas Besonderes aus jemandem machen« bedeutet, zu verändern, wer man ist – ein Gedanke, der sie abstößt. Die eigene Identität sollte nicht immer wieder neu erfunden werden, nicht einmal auf der Ebene des äußeren Erscheinungsbildes. Für sie ist das Aussehen eines Menschen kein Rohmaterial für eine Neugestaltung und die Vernichtung des menschlichen Körpers in der Arena kein Rohmaterial für die Unterhaltung.“

Im weiteren möchte ich aufzeigen, wofür der Autor diese scheinbar „konservative“ Haltung der Titelheldin gegenüber der ihr angebotenen künstlichen Veränderung ihres Körpers benutzt und wo er potenzielle Aufständische hin führen möchte.

Wenn ich heute immer wider höre und lese, dass sich Künstler der Popkultur fortwährend „neu erfinden“, wird mir schmerzlich klar, dass ich nicht im geringsten etwas über diese Menschen und den Menschen der wirklich in ihnen steckt, weiß. Es ist vieles nur Fassade und Dekoration, die oft Hohlheit verbirgt, was wiederum Dekadenz enthüllt. Dieser Lug und Trug erzeugt immer öfters einen unbändigen Drang nach etwas Wahrhaftigkeit, nach etwas dem man trauen kann, weil es echt ist. Dahinter verbirgt sich die tiefe Hoffnung, dass die Helden der Bühne, im echten Leben keine Feiglinge sind.

Die Identität eines Menschen setzt sich aber aus der Gesamtheit seiner Eigentümlichkeiten zusammen die ihn kennzeichnen und von anderen unterscheiden. Dabei stehen psychologische und soziologische Merkmale, die als wesentlich erachtet werden im Vordergrund. Aber kein Mensch existiert für sich allein und ist also permanent in soziale und nicht statischen Verbindlichkeiten verwurzelt, ohne dessen Betrachtung seine Identität nicht wirklich erfasst werden kann. Eine menschliche Identität existiert also meistens in familiären, sozialen und politischen Zusammenhängen, von denen er nicht so ohne weiteres zu trennen ist und die seine Handlungen stark beeinflussen. Auch die Heldin der Trilogie ist wegen ihres Umfeldes in diese Situation geraten und ganz besonders, weil sie den Platz ihrer kleinen Schwester in einer tödlichen Arena eingenommen hat.

Der Wesenskern einer Identität entsteht also durch tiefe und dauerhafte Beziehungen zu anderen Menschen, die ihre Persönlichkeit prägen und weil sie Verantwortung für Andere übernehmen, Freundschaften pflegen und gemeinsame Erinnerungen teilen, was zu gemeinsames und verbindliches Handeln führen kann. Menschen ohne Identität sind offenbar keine sozialen Wesen und müssen bei deren Verlust sofort eine Neue aufbauen, um überleben zu können.

Aber, keine Identität ist von absoluter Dauer und ständig dabei sich zu verändern. Eine solche Veränderung kann vom sozialen Umfeld als positiv oder negativ empfunden werden. Sie kann mit dem Einverständnis des Betroffenen geschehen, oder gegen dessen Willen herbeigeführt werden. Katniss lehnt die fremd bestimmte Veränderung ab, aber nicht Veränderungen die sie wünscht und das ist nicht wirklich eine „konservative“ Grundhaltung.

Ich muss darauf aufmerksam machen, weil der Autor genau aus dieser Schlüsselszene eine Berechtigung für seine „sehr konservative Meinung“ zur gegenwärtigen Kultur dieser Gesellschaft ableitet.

Aber sicherlich ist der schleichende Verlust unserer selbst bestimmten Identitäten ein deutliches Merkmal der Dekadenz unserer Gesellschaft. Vereinzelung, Vereinsamung, vermehrtes Singledasein, ethnische und politische Spaltungen, Hass, Hetze, soziale Kälte, fehlende Empathie, Ellenbogengesellschaft, Egoismus, Nachbarschaftskriege, Denunziantentum usw. sind deutliche Erscheinungen der sozialen Dekadenz unseres „Gemeinwesens“. Es gibt aber auch viele Menschen, die Menschlichkeit pflegen und diese sollten wir gegen den Mainstream der heutigen Gesellschaftsform von Eigentümern verteidigen und fördern, weil sie der Grundstock für einen Ausweg aus dieser Dystopie, hin zu einem wirklichen Gemeinwesen sind.

Im Laufe seines Kapitels enthüllt der Autor dann ganz langsam, aber sehr zielsicher, wofür er uns gewinnen möchte. Anfänglich viel mir nur seine religiös eingefärbte Sprache auf mit Worten wie „Läuterung“, dass er von Aristoteles seiner „Katharsis“ hergeleitet hat und die bei diesem Läuterung der Seele von Leidenschaften mittels eines Trauerspiels bedeutet. Im Weiteren holt er sich dann Anleihen bei anderen Denkern, um seine Weltsicht ganz harmlos anzudeuten. Nach dem er mit Aristoteles begann, führt er Ernest Becker (1925-1974) ein, welcher maßgeblich an der Entwicklung der „Terror-Managment-Theorie“ beteiligt war und stellt dessen Ansichten auf eine ähnliche Stufe wie die von Augustinus von Hippo (354-430), einem katholischen „Kirchenvater“ und Bischof der damaligen römischen Provinz Nord-Afrika. Nach dieser Theorie ist klar, dass man Menschen, die zum Beispiel an eine „unsterbliche Seele“ glauben und das sterbliche Leben geringer schätzen, leichter für Selbstmordanschläge und „Himmelfahrtskommandos“ gewinnen kann. Die Formulierungen des Autors, gegen alle Versuche der Menschen, über ihr Leben und ihren Körper selbst zu bestimmen und dies nicht einem „Gott-Vater“ zu überlassen, gehen für mich ganz offensichtlich in die Richtung einer Anklage wegen Blasphemie gegen alle „Nicht-Rechtgläubigen“ und so führt der Autor Augustinus von Hippo, ganz nach seinem Duktus, als herausragenden lateinischen Philosophen, Kirchenlehrer und scharfsinnigen psychologischen Beobachter ein. Er erwähnt mit keiner Silbe dessen herausragender Rolle bei der Formulierung dessen Grundsätze für die Inquisition der katholischen Kirche, dessen Dogmatismus und Zwangsbekehrungen, dessen Hetze gegen Juden, dessen Frauenfeindlichkeit, dessen Predigt für Religionskriege und für die Unterstützung der weltlichen Herrscher durch die Kirche, in der er die katholische Kirche als oberste moralische Instanz ansah und dessen Definitionshoheit über Gut und Böse durch niemanden angezweifelt werden darf, weil sie göttlichen Ursprungs ist. Auf seinem Mist ist die Erfindung des ewigen Fegefeuers gewachsen und die Erbsünde aller Menschen, die schon wegen der Verfehlungen ihrer Vorfahren mit Sünde beladen geboren werden und also alle Widrigkeiten, die sie auf Erden erleiden müssen, diesem Umstand ganz zu recht verdanken. Seine Idee war auch das Zölibat, nach dessen Einführung Sex automatisch als etwas Sündhaftes gilt und die Menschen bis heute sexuell nachhaltig traumatisiert. Berühmtheit erlangten seine Ideen nur dadurch, weil sie jeder weltlichen Herrschaft sehr nützlich waren und sind. All das ist offensichtlich für den Autor des 1. Kapitels Brian McDonald kein Problem?

Dem Duktus des Autors entsprechend, entwickelt er das 1. Kapitel weiter, in dem er einen erzkonservativen amerikanischen Kulturkritiker Philip Rieff (1922-2006) auf den Plan ruft und ihn postum gegen Andres Serrano (geboren 1950) und dessen kirchenkritische Kunst hetzt.

Philip Rieff gegen Ernest Becker

Weitere Untersuchungen meinerseits halte ich für überflüssig, da die Richtung in der dieser Autor seinen Widerstand entwickelt, mich irgendwie an die iranische Revolutionsgarde eines Ruhollah Comeini erinnert und auf einen „Gottesstaat“ als Lösung unserer Probleme verweisen. Das halte ich aber nicht für einen Fortschritt, sondern für einen gesellschaftlichen Rückschritt und das würde sicher genau so ausarten wie im Iran.

Ein paar Bemerkungen zur Autorin
des 2. Kapitels,

deren Spezialgebiet die Begabtenförderung an einer Universität in West Virginia, einem der ärmsten Staaten der USA ist und den sie selbst als den zukünftigen „Distrikt 12. des Kapitols“ nennt, womit sie etwas scherzhaft einen zukünftigen Aufstand gegen die Zentralregierung der USA andeutet. Dieser US-Staat ist in gewisser Weise das Meck.-Pom. der USA, dünn besiedelt, mehrheitlich weiß und prozentual stärkste Wahlunterstützer für Trump. 2016 stimmten 67,9 % (US-Höchstmarke) der Wähler für den Republikanischen Trump. Vor 2000 war dieser Staat immer eine feste Bank für die Demokraten. Der soziale Abstieg der USA hat diesen Bundesstaat vermutlich so hart getroffen, dass sich dessen Bewohner in einer nationalistischen Weise radikalisiert haben. Die Bevölkerung dieses Bundesstaates zählt traditionell zu den Ärmsten der USA und 2017 lag die Arbeitslosenrate bei 5,3% (Landesdurchschnitt ist 4,1%).

Auch im Bereich Bildung schneidet dieser Bundesstaat am schlechtesten ab und bildet mit nur 20% höheren Schulabschlüssen das Schlusslicht in den USA.

Jill Oltthouse arbeitet an der bedeutendsten Hochschule dieses Bundesstaates und ihr Scherz, diesen Bundesstaat mit dem „Distrikt 12“, einem von der Zentralregierung unterdrückten und ausgeplünderten Landesteil der „Tribute von Panem“ zu vergleichen, hat sicherlich sehr ernst zu nehmende Hintergründe.

Jill Olthouse/ West Virginia University-Academia.edu

Aus diesem Grund will ich nicht zu hart mit der Autorin verfahren und erkenne den guten Willen an, ohne das sie sich dabei zu weit als Aufständische aus dem Fenster gelehnt hätte. Von hier aus kann ich ihre Situation sehr schlecht einschätzen, um ihr Feigheit vorwerfen zu können. Darüber hinaus konnte ich nicht wirklich erkennen, wofür sie einen Aufstand anzetteln würde und ob sie dies überhaupt im Sinn hat und so betrachten wir nur einige ihrer allgemeinen Äußerungen etwas näher, zu denen sie sich durch die Trilogie hingerissen fühlte. Als positives Zeichen werte ich ihre Bereitschaft, dass sie die aufständischen Helden der Geschichte sofort als ihre Studenten akzeptieren und sogar begrüßen würde. Dazu hätte ich gerne mal ihre gegenwärtigen Studenten gehört.

Macht und Widerspruch der Metapher in der Panem-Trilogie

Bei einer Metapher wird ein Wort, oder eine Wortgruppe aus einem Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen und als ein charakteristisches Bild verwendet, dass eine ganz bestimmte Situation besser veranschaulichen möchte.

Jill Olthouse konzentriert sich auf die von der Autorin der Trilogie verwendete Metapher des „Spotttölpels“. Abgesehen von der Herleitung des Kunstwortes in der Trilogie, erzeugt dieses Wort für die Leser ohnehin schon eine sehr anschauliche Vorstellung von einem Scheintölpel, der seinen Spott der Mächtigen hinter seinen vorgetäuschten Unzulänglichkeiten/Ungeschicklichkeit verbirgt. Also ein Narr und Narren dürfen der Herrschaft bekanntlich alles sagen. Diese Methode scheint Jill O. zu gefallen und sie benutzte sie sogleich selbst bei ihrer Selbstvorstellung und die Witzelei über den Bundesstaat in dem sie in den USA lebt.

Was sich aber Jill O. nicht getraut ist, klarzustellen dass die Panem-Trilogie an sich schon eine Metapher auf die Verhältnisse in und um die USA sind, obwohl die Autorin der Trilogie selbst erwähnt, dass sie in dieser Geschichte auch die Kriegserlebnisse ihres Vaters aus der jüngsten Geschichte der USA mit verarbeitet und natürlich auch die gesamte bedenkliche Kultur ihres Landes darin reflektiert wird.

Jill O. scheint, wie die meisten Leser sicherlich auch, auf gewisse Weise mit den Helden der Geschichte zu sympathisieren und sich irgendwie mit deren Situation verbunden zu fühlen. Daraus schlussfolgere ich, dass viele Leser sich nicht als Bewohner des Kapitols, sondern eher als Bewohner eines unterdrückten Distrikts empfinden. Wer sich nicht so empfindet, oder wem brutalste Unterdrückung als völlig normal erscheint, der dürfte an dieser Geschichte eigentlich keinen Spaß haben, außer wenn er die Beispiele des Scheiterns von Aufständen zur Legitimation seiner eigenen Mit-Herrschaft benutzen möchte. Aber die Autorin hält den Ausgang der Geschichte in gewisser Weise offen und das letzte Wort über das Schicksal der Titelheldin ist nicht gesprochen worden. Weder in der Geschichte, noch im realen Leben.

Da sich der Vergleich zwischen West Virginia und Mecklenburg-Vorpommern angeboten hat, würde ich doch gern wissen, wie Fans der Panem-Trilogie aus Meck.-Pom. über das Verhalten von US-Oligarchen denken und ob sie eine Parallele zu den Herrschern des Kapitols ziehen, also eine Metapher erkennen?

Die US-Oligarchen betrachten den Einsatz ihre wirtschaftlichen Macht als legitimes Mittel zur Unterdrückung wirtschaftlich Schwächerer. Im Umkehrschluss kann man darauf nur mit dem legitimen Recht eines Unterdrückten antworten, dass natürliche Recht eines Unterdrückten, sich gegen Unterdrücker/Angreifer best möglich zur Wehr zu setzen. Über kurz oder lang ist ein Aufstand der unterdrückten Völker gegen das US-Imperium (das Kapitol) unausweichlich. Die eleganteste und beste Variante ist es, wenn sich alle West-Virginia-Unterdrückten der USA, mit den vom US-Imperialismus Unterdrückten der restlichen Welt auf Augenhöhe verbünden und sich weigern aufeinander zu schießen. Auch unsere wirtschaftlichen Probleme können wir gemeinsam viel besser lösen, als wenn wir das weiterhin den Oligarchen dieser Welt überlassen. An dieser Stelle muss ich natürlich an das Kredo unserer Zeitschrift erinnern, dass natürlich als Internationale Perspektive zu verstehen ist und sich in nationaler Isolierung nicht voll entfalten kann. In diesem Sinne sollten wir ganz neue Partnerschaften zwischen den Volksmassen in aller Welt, aber besonders mit denen in den USA aufbauen. Ist Jill O., oder ihre Studenten dazu bereit? Wir sollten versuchen, es herauszufinden und jeden Kontakt in die USA auf aufständische Tragfähigkeit überprüfen. Wer solche Kontakte herstellen kann, wende sich bitte an die Redaktion.

„Tribute und Soldaten verstehen gleichermaßen, dass der Kampf gegen das Kapitol mit mehr als Waffen und Sprengstoff ausgetragen wird.“ (Zitat Jill O.)

Ja so ist es, könnte man sagen, aber der Kampf wird vor allem nicht mit Waffen und Sprengstoff ausgetragen. Wer die militärische Vorherrschaft erringt, aber dann nicht weiß was er gesellschaftlich verändern muss, um nicht selbst zu einem Unterdrücker zu werden, der hat in gewisser Weise das Ziel verfehlt und genau das ist ja gerade die Tragik der Tribute von Panem, die Tragik der Autorin der Trilogie und die Tragik von Jill O., da sie alle samt nicht den kleinsten Ausblick auf eine progressive Alternative eröffnen.

Parallel zum physischen Widerstand findet ein ideologisches Gefecht auf der Ebene von Worten, Vorstellungsbildern und Assoziationen statt.“ (Zitat Jill O.)

Jaaah, aber wo sind die Ideologien, Vorstellungen, Assoziationen bei den beiden Autorinnen? Ich kann da nichts, außer moralische Überlegungen erkennen, aber keine Ideologie, oder annähernd einen gesellschaftlichen Alternativplan. Das frustriert am Ende auch die Leser.

Wenn sich die Autorin der Trilogie nicht ernsthaft um eine gesellschaftliche Alternative kümmert, wird sie auch weiterhin nicht liefern können. Aber wenn schon die Autorin der Trilogie an dieser Stelle eine Leerstelle offenbart, dann sollten doch wenigsten die Philosophen, die sich dieser Geschichte angenommen haben, dieses Loch füllen können. Wenn sie das nicht können, sollten sie sich besser vorbereiten, oder allgemein um Rat fragen. Ich frage Jill O.: Was ist eine gerechte Gesellschaft, die sie beiläufig als Ziel erwähnt? Wie sieht die genau aus?

Und damit kommen wir zur Hermeneutik.

In der Philosophie nennt man die Auslegung von Texten Hermeneutik und natürlich wird jeder Text von jedem Menschen ein wenig anders ausgelegt und gedeutet, wenn dieser es zulässt, womit dieser Vorgang unser Leben ständig begleitet.

Emanuel Kant verwies aber in seiner Schrift „Über den ewigen Frieden“ auf die Formulierung von Gesetzestexten, die so verfasst werden sollen, dass es sogar Teufeln unmöglich ist, diese Texte anders auszulegen, als es der Gesetzgeber vorgesehen hat. Das Ziel eines jeden Textes sollte also darin bestehen, so klar und deutlich zu sein, dass er nicht missgedeutet werden kann.

Leider leben wir in einer Welt des Kampfes zwischen sozialen Klassen und dieser Kampf erstreckt sich ganz besonders auch auf die Sprache und besonders auf die Umdeutung von Worten in ihr Gegenteil, um Sachverhalte zu verschleiern und besonders die Unterdrückten, die zahlenmäßig überlegen sind, in die Irre zu führen, um so die Herrschaft über diese zu verlängern.

Auf dem Schlachtfeld der Sprache wurde von der sozial herrschenden Klasse ein solches Durcheinander angerichtet, dass wir heute viele Texte erst in ihre politische Bedeutung übersetzen müssen, damit sie von allen verstanden werden können, die nicht das jeweilige Neusprech der herrschenden Propaganda verstehen können.

(Hermeneutik wird mit dem Götterboten „Hermes“ in Verbinung gebracht und von mir als „über Texte Orakeln“ gedeutet.)

Im Gegenzug bedarf es der schöpferischen Tätigkeit der Unterdrückten, eine eigene klare Sprache zu entwickeln und zu pflegen, die wir der feindlichen Verstellung entgegensetzen können und so führen wir den täglichen Kampf um die Deutungshoheit von Worten, die ganz praktische Bedeutungen haben, wie zum Beispiel „Radikaldemokratie“ und „Besitzrecht“. Noch sind die Missverständnisse darüber sehr groß, aber wir arbeiten daran.

das könnte auch interessant sein

Immer wieder hören und lesen wir gerade bei Intellektuellen von einer „Besitzerklasse“, aber sie meinen ganz offensichtlich die Klasse der Eigentümer, die die Maschinen aber noch nie selbst in Besitz genommen haben, weil das die Produzenten machen müssen. Jetzt könnte man denken, dass dies ja nicht so wichtig ist, aber was ist, wenn die Besitzer der Produktionsmittel, das Mehrprodukt der Produktion nicht mehr an die Eigentümer abführen und es einfach selbst verwalten. Dann wird der Irrtum plötzlich und ganz praktisch offenbar, denn eigentlich besitzen wir bereits in der Realität die Kontrolle über die Produktion und die Eigentümer haben eigentlich keine Ahnung davon und führen ein parasitäres Dasein, weit ab von der Produktion und ohne je eines ihrer Produktionsinstrumente selbst in Besitz, also in die Hand genommen zu haben. Sie können selbst damit gar nichts anfangen, dass können nur die Produzenten, die Besitzer, die nicht die Eigentümer sind und dies auch gar nicht werden sollten.

Wie wir sehen, hätte Jill O. sehr viel mehr in Bezug zur „Hermeneutik“ und dem Schlachtfeld Sprache erklären können und sollen, wenn sie denn einen Aufstand im Sinne hat. Doch das wissen wir ja nicht.

Die Metapher hinter dem Wort Tribute

Ein Tribut wird auf der Grundlage des gewaltsamen Eigentumsrechts von militärisch oder wirtschaftlich schwächeren Untertanen abverlangt und in Form von Abgaben von Steuern, Wertgegenständen, Nutzungsrechten und in der Antike auch Menschen als Geisel für die Garantie eines untertänigen Verhaltens abverlangt.

(Tribut – Apadana, Persepolis, Iran)

Der Tribut wurde aber vor allem dafür verwendet, um die Besatzungstruppen zu bezahlen, zu verpflegen und unter zu bringen, wodurch den Besetzten neben der Beute des Siegers, auch die Kosten der Besatzung auferlegt wurden.

Dabei fällt mir doch glatt ein, dass die deutschen Steuerzahler bis heute für die Kosten der Unterbringung der US-Amerikanischen Besatzungssoldaten aufkommen müssen, die natürlich nur zu unserem aller Schutz hier stationiert sind. Doch vor wen müssen diese US-Truppen uns denn schützen? Wer bedroht uns militärisch? Sind wir durch die aggressive Außenpolitik des Kapitols (der US-Oligarchen) nicht viel mehr in Gefahr gebracht und durch deren Provokationen an der russischen Grenze nicht ein potenzielles weiteres Schlachtfeld des US-Imperialismus?

Wie können wir von unseren Tributleistungen an die US-Imperialisten entbunden werden? Ja da sind wir wieder bei unseren üblichen drei Problemen „Radikaldemokratie, Besitzrecht und Menschheitsfamilie“.

Die Metapher mit den „Karrieros“ (Karrieristen), in Bezug auf die reale Welt

Diesen Abschnitt halte ich bei Jill O. für etwas „sehr“ zu kurz gehalten und sie vermeidet gerade die Verbindung zur realen Welt, die aber die Trilogie als Metapher für unsere Realität ja gerade sein soll. Ich werde an dieser Stelle den Verdacht nicht los, dass die Autorin um ihre eigne Karriere besorgt ist und lieber das Thema in der künstlichen Welt belassen möchte.

Nun, ich habe keine Karriere die ich riskieren könnte und deshalb kann ich hier auch etwas unbedenklicher darüber schreiben und so will ich mal einige Textstellen von Jill O. Mit der Realität in Beziehung bringen: Zitat zu den Karrieros:

Sie sind die >>Schoßhündchen<< des Kapitols. Schoßhunde gelten im Allgemeinen als verweichlicht und verzogen. Sie folgen blind den Befehlen ihres Herren und einige sind darauf abgerichtet, Eindringlinge zu töten. Diese Metapher beschreibt die Karrieros also als bestialisch, verweichlicht und bedingungslos gehorsam. Für die Karrieros ist das Töten nicht nur eine Frage des Überlebens, sondern Ehrensache. Ein Unterfangen, das sogar Vergnügen bereiten kann,…“

Laut gängiger Definition sind Karrieristen Menschen, die in rücksichtsloser Weise ihren sozialen Aufstieg erkämpfen und verteidigen. Leider zieht Jill O. die Linie nicht zu den uns umgebenden Karrieristen in den Medien, im Staatsapparat, in der Politik und in den Hierarchien der Unternehmen in denen wir zahlreich arbeiten. Gerade in Krisenzeiten, in denen gut bezahlte Jobs selten sind und immer seltener werden, tun sich Karrieristen mit äußerster Brutalität hervor und sind zu jeder Zeit auf dem Sprung ihre Mitmenschen zu denunzieren, zu verleumden, der Gewalt der jeweils Herrschenden zuzuführen, oder schon mal in vorauseilendem Gehorsam gleich selbst Hand anzulegen.

Eine Krise wie diese, um einen Virus, die wir gerade in nie gekanntem Ausmaß erleben, hat alle möglichen Karrieristen in den verschiedensten sozialen Klassen und Schichten auf den Plan gerufen und ihnen in nie gekanntem Ausmaß Gelegenheiten eröffnet, den Herrschenden ihre „totale“ Loyalität zu beweisen.

Unschöne Szenen in Einkaufszentren, bei denen Denunzianten auch gerne mal selbst handgreiflich werden, um die Befehle der Herrschenden durchzusetzen, sind an der Tagesordnung und terrorisieren die eingeschüchterten Mitbürger.

Doch das richtige Auslöschen sozialer Existenzen findet seinen Höhepunkt durch Karrieristen in den öffentlichen Medien. Das Fassungsvermögen dieser Zeitschrift reicht nicht aus, um die Namensliste der Personen zu veröffentlichen, deren soziale Existenz und berufliche Positionen im Laufe dieser Krise bereits aus politischen Motiven von Karrieros vernichtet wurde.

Zum Autor des 3. Kapitels,
Georg A. Dunn,

er ist der Herausgeber und Mitautor des Buches welches ich hier kommentiere. Außerdem ist er Mitautor der beiden folgenden Bücher:

Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich bei den Arbeiten des Autor Georg A. Dunn vor allen um ein Geschäftsmodell. Dieses Modell besteht wohl darin, populäre Bücher, die vor allem durch ihre Verfilmung schon geschäftlichen Erfolg bewiesen haben, zusammen mit anderen Mitautoren mit philosophischen Büchern kommentierend zu begleiten, oder besser gesagt, nach zu verfolgen.
Er lehrt zusätzlich und gleichzeitig Philosophie und Religionswissenschaft an der:

  • University of Indianapolis (USA) und am
  • Ningbo Institute of Technologiy (China, Provinz Zhejiang)

Die „University of Indianapolis“ ist eine private Einrichtung der vereinigten Methodisten Kirchen vom Bundesstaat Indiana der USA. Die Methodisten werden zur evangelischen Glaubensrichtung gerechnet, aber waren immer ein Teil der Abstinenzbewegung die zur radikalen Einschränkung von Bürgerrechten durch die Prohibition von 1920 bis 1933 in den USA geführt hatte.
Der Ursprung der Methodisten war eine englische Studentengruppe des 18.Jahrhunderts an der Uni in Oxford. Dieser „Heilige Club“ viel an der Uni durch seine disziplinierte und systematische Zeiteinteilung und Lebenseinstellung auf und wurde deshalb spöttisch als „Methodisten“ bezeichnet. Nach meiner Auffassung hat diese religiöse Richtung sektiererische Tendenzen und so erklärt sich auch der Umstand, dass diese religiösen Eiferer die Regeln ihrer Religion gerne mal über die Freiheit eines Menschen stellen.
Im 19.Jahrhundert wurden die Methodisten die größte Religionsgemeinschaft der USA und hatte auch zwei deutschsprachige Zweige.
Hier mal ein paar bekannte Mitglieder der Methodisten:

  • Nelson Mandela
  • George W.Bush
  • Hillary Rodham Clinton
  • James D.G.Dunn (Vermutlich ein entfernter Verwanter des Georg A. Dunn).

Bei der Lektüre des 3. Kapitels ist mir der Autor aber an keiner Stelle als religiöser Eiferer aufgefallen und so hoffe ich, dass die überwiegende Mehrheit der amerikanischen Methodisten heute genauso „harmlos“ gegenüber unserer persönlichen Freiheit sind, wie die hiesigen Protestanten.

Was kann man zum „Ningbo Institut of Technologiy“ wissen? Es liegt an der Küste zum chinesischen Meer, nicht all zu weit von Shanghai entfernt und fast gegenüber von Taiwan, also nicht so weit im Landesinneren von China. Wenn ich die chinesischen Interessen da richtig einschätze, versuchen sie über dieses Institut westliches „Know-How“ abzugreifen, in dem sie westliche Intellektuelle zu Lehrtätigkeiten einladen.

In umgekehrter Richtung versuchen die westlichen Staaten dort sicher für ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen ein Schlupfloch zu eröffnen. Also eine klassische Win-Win-Situation, bei der die eine Seite versucht die Andere zu übertrumpfen.

Ob Georg A Dunn in dem Spielchen mit den chinesischen Machthabern da eine echte Rolle hat, oder nur Garnierung ist, kann ich natürlich mit meinen gegenwärtigen Möglichkeiten nicht einschätzen, aber ich vermute Letzteres. Allerdings, seine methodistische Geschäftstüchtigkeit macht ihn vielleicht dazu geeignet, für beide Seiten „kleine Gefälligkeiten“ zu erbringen und so lässt er sich scherzhaft zu der Hoffnung hinreißen, dass er gerade in China sein könnte, wenn Nordamerika zusammenbricht und dort eine Diktatur errichtet wird. In diesem Fall möchte er dem Widerstand als Repräsentant auf der anderen Seite des Globus nützlich sein und dort in den Genuss anständiger Mahlzeiten kommen. Dieser Autor ist wirklich sehr praktisch veranlagt und an das Materielle orientiert.

Der Autor lebt im Bundesstaat Indiana der zur größten und ältesten Industrieregion der USA gehört und kulturell mit dem deutschen Ruhrgebiet vergleichbar ist. Die industriellen Schwerpunkte sind Stahl-, Auto- und Pharmaindustrie. Kriege bedeuteten für diese Region immer einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Diese Region ist durch Industriearbeiter geprägt, die seit Jahrzehnten darunter leiden, dass die Schwerindustrie in billiger produzierende Entwicklungsländer abwandert, was zum Zerfall der amerikanischen Industriestädte geführt hat.Städte wie Detroit verloren seit 1960 ungefähr 60 % ihrer Bevölkerung wegen hoher Arbeitslosigkeit, Kriminalität und urbanem Verfall.

Diese Region galt lange Zeit als sichere Wahlbank für die Demokratische Partei. Der Wahlsieg von Donald Trump 2016 war maßgeblich darauf zurückzuführen, dass es Hillary Clinton nicht mehr gelang die von der wirtschaftlichen Entwicklung enttäuschten Industriearbeiter mit glaubhaften Konzepten zur Verbesserung ihrer sozialen Lage zu gewinnen. Trump hingegen versprach die industrielle Produktion wider zurück in die USA zu holen und dadurch Arbeitsplätze zu schaffen.
Indiana ist also im Norden ein Industriestaat und im Süden, wo Indianapolis liegt, ein Agrarstaat des Getreidegürtels der USA der vor allem von konservativen, weißen und religiösen Republikanern dominiert wird. Dennoch gibt es unter den Republikanern dieses Bundesstaates eine eher moderate Strömung. Grorg A. Dunn würde ich zu irgend einer moderaten Strömung rechnen.
Interessant für unsere Leser ist vielleicht auch, dass in Indiana die Deutschstämmigen mit 24,0% die größte Bevölkerungsgruppe stellen, gefolgt von den Iren mit 11,9%, den Amerikanern mit 9,6% und den Engländern mit 8,4%.

Das war der interessantere Teil und nun zu seinem Beitrag im Buch:

3. Kapitel „Moralität und Zufall in der Panem-Trilogie“

Auf den ersten zehn Seiten halte ich seinen massenpsychologischen Punkt über die Wirksamkeit von allgemein bekannten Symbolen für interessant, obwohl er leicht ins mystische driftet, aber erst auf der Seite 10 seines Kapitels wird er endlich philosophisch (Zitat von Seite 44):

„.. die Frage nach der Schuld gescheiterter Revolutionäre an Tod und Zerstörung, die ihre Handlungen nach sich ziehen.“

Diese Fragestellung suggeriert, dass Revolutionen immer Tod und Zerstörung mit sich bringen müssen. Leider ist das ein weit verbreitetes Vorurteil gegen Revolutionen, weil den meisten Menschen dies eingeredet wird, um sie von einer Revolution ab zu halten. Was hilft dagegen? Aufklärung darüber, was eigentlich ein revolutionärer Akt ist!

Der Kern einer jeden Revolution besteht in der Schaffung eines radikal neuen Rechtsrahmens, der die Machtverhältnisse neu ordnet und besonders in Richtung Freiheit verändert.

das könnte auch interessant sein

Tut er dies nicht und werden humanistische Freiheiten wieder beseitigt, ist es eine Konterrevolution!

Der blutige und zerstörerische Teil in einer Revolution geht immer auf das Konto konterrevolutionärer Kräfte, selbst wenn sie behaupten revolutionäre Absichten zu haben.
Genau das zu erklären, bietet die Trilogie mit ihren Verrätern an der revolutionären Idee der Aufständischen eine hervorragende Gelegenheit, besonders weil Katniss Everden die neue Präsidentin wegen Verrats an der Revolution mit einem Pfeil tötet. Genau diese Präsidentin hat ungerechtfertigt Menschenopfer verursacht und will die Machtverhältnisse nur umdrehen, aber nicht in Richtung Freiheit verändern.

das könnte auch interessant sein

Genau an dieser Stelle versagt der Autor, aber auch die Autorin der Trilogie und beide wissen offensichtlich an dieser Stelle nicht mehr weiter. Aber nehmen wir eine weiteres Zitat, um einen weiteren Irrtum des Autors klar heraus zu stellen (Zitat von Seite 44):

„.. Das bedeutet nicht, das man darauf verzichten sollte, die Waffen gegen Tyrannen zu erheben. Doch diese Entscheidung ist stets ein moralisches Vabanquespiel, denn nur das Ergebnis bestimmt, ob der Revolutionär als neuer Gründervater (oder Mutter) gepriesen oder als falscher Prophet geschmäht wird, der seine Anhänger ins Verderben geführt hat.“

1. Es ist ein Unterschied, ob man zu den Waffen greift um sein Leben zu verteidigen, oder mit der Absicht zu töten! Wer behauptet, dass Revolutionäre töten und zerstören wollen? Sie wollen sich und die Seinen schützen, wenn es nötig ist, aber der revolutionäre Akt selbst ist ein Akt des Wortes und nicht der Waffen. Hierzu empfehle ich dem Autor und alle interessierten die Lektüre des Buches „Über die Revolution“ von Hanna Arendt.

2. Ich empfehle allen Revolutionären von „Vabanquspielen“, also riskanten und gefährlichen Unternehmungen die Finger zu lassen und sich viel mehr mit strategischen Überlegungen zu beschäftigen, die einen Sieg ohne jede Kampfhandlung herbeiführen. Dazu empfehle ich das Buch eines alten und sehr weisen Feldherren Mit dem Titel: „Die Kunst des Krieges“ von Sun Tsu. Untertitel: „Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft!“

3. Nein, es stimmt nicht, dass nur das Ergebnis zählt und darüber entscheidet, ob Revolutionäre moralisch sauber gehandelt haben. Dieses Denken entspricht dem Recht des Stärkeren, nachdem der Sieger die Geschichte schreibt. Dieses Denken ist gerade nicht humanistisch und eben nicht revolutionär.

4. Wenn eine Revolution und seine Revolutionäre massenhaft gemordet werden und ihr urbaner Raum zerstört wird, sind nicht die Revolutionäre schuld, sondern immer noch die Mörder, Räuber und Brandschatzer. Ich empfehle allen Revolutionären jedes Menschenleben uneingeschränkten Schutz zu gewähren und auch ihren Gegnern allumfassendes Generalpardon zu gewähren und sich nicht an deren inhumanen Handlungen zu orientieren. Dies wird den Kampfgeist der Konterrevolutionäre schwächen und viele Opfer in den eigenen Reihen ersparen. Auch deswegen, weil wir alle Menschen zum Aufbau einer humanistischen Gesellschaft brauchen können.

Ich gehe davon aus, dass der Autor den moralischen Sinn der Worte von Kant, die er selbst nicht ganz genau zitiert hat, noch nicht wirklich begriffen hat (Zitat von Seite 46):
„Es solle Gerechtigkeit geschehen, und gehe die Welt darüber zugrunde.“ Orginal bei Kant „Zum ewigen Frieden …“, Seite 133: „Es herrsche Gerechtigkeit, die Schelme dieser Welt mögen insgesamt daran zugrunde gehen.“

Zum Autor des 4. Kapitels,
Andrew Shaffer

Andrew war wirklich eine schwere Enttäuschung für mich und so fällt es mir schwer da noch ein paar positive Aspekte zu seiner Person zu erwähnen und so fang ich mal möglichst „harmlos“ an.

Seine Frau ist auch im schreibenden Gewerbe tätig und hat sogar eine Auszeichnung für die Art ihrer „Literatur“ bekommen:

Eine sehr zutreffende Rezension zum Buch:

Und weil der erste Klamauk über die beiden Politiker so gut bei der New York Times ankam, hat er noch einen drauf gesetzt:

Wenn man so nette Bücher über ganz bestimmte politische Eliten schreibt, wird man natürlich in die Gruppe der besten Freunde dieser Typen aufgenommen:

Irgendwie war das Teeshirt von Andrew dann aber doch zu albern und so ist es dann später verschwunden worden:

Wenn man als „bester“ Freund von Obama und Biden gilt, muss man natürlich dessen politische Gegner in den Dreck treten. Damit kann man schließlich auch ein paar Dollar verdienen:

Als ich das alles verdaut hatte, sprang mir ein Wort ins Bewusstsein, für das ich noch nie eine praktische Verwendung hatte, aber bei Andrew muss ich da leider eine Ausnahme machen (Zitat aus Wikipedia):

Es tut mir leid, dass ich zu so einem harten Urteil kommen musste, aber Andrew ließ mir gar keine andere Wahl. Aber schauen wir doch mal, was eine Person seines Schlages zum Thema „Tribute von Panem“ zu schreiben hatte.
Er konzentriert sich bei diesem Thema auf das Wort „Schadenfreude“ und klagt pauschal die Spezies Mensch an, was ich sehr misanthropisch empfinde, weil wir angeblich zur Freude am Schaden anderer Menschen neigen. Dazu bemüht er andere Philosophen aus der Geschichte, die zu seiner Klasse zählten und in ähnlicher Weise argumentierten. Natürlich darf da der Freund der Reichen und Mächtigen, Aristoteles nicht fehlen.
Ihm dämmert natürlich schon, dass Schadenfreude aus der vorherigen Verletzung des Gerechtigkeitsgefühls der Menschen resultiert und das es etwas mit sozialen Unterschieden zu tun hat, aber das tut er, wie fast alle Vertreter der oberen sozialen Klassen, als schnöden „Neid“ ab.
Damit folgt er genau dem Muster was er selbst anprangert, er entmenschlicht die „Neider“ und tritt sie noch weiter in den Dreck. Nur die Kinder sind unschuldig, aber alle Anderen sind moralische Schufte. Das ist ein all zu bekanntes Bild von Menschen, die zu nah bei den Reichen und Mächtigen ihren Lebensmittelpunkt verorten. Der Rest der Menschheit sind für sie all zu oft nur eine graue Masse von entbehrlichen Habenichtsen und Neidern, die sich freuen, wenn einer der ihren mal einen Misserfolg erleiden muss.
Wer sich mit dem Thema „Schadenfreude“ auf der philosophischen Ebene beschäftigt und die alte Literatur dazu durchforstet, der wird vielleicht auf die Verletzung der sozialen Gerechtigkeit als Kern des Problems aufmerksam und damit auf den Ursprung des Problems durch die soziale Teilung der Menschen in Klassen mit Hilfe der Gewalt des Staates der reichen Eigentümer-Klasse.

Natürlich landet man dann auch bei Rousseau, der als einer der wenigen Philosophen die Ursache des „Kampfes aller gegen alle“ in der Entstehung der Eigentumsgesellschaft vor ca. 5.000 Jahren erkannte, als die Urgesellschaft, die nur Besitzrechtsverhältnisse und keine sozialen Klassen kannte, durch die Entstehung von Kriegerkasten mit Königen an der Spitze, gewaltsam verdrängt wurde.
Rousseau vergaloppierte sich zwar in einen „Volkswillen“ (volonte Generale) den es nie unter souveränen Staatsbürgern geben kann, aber ihm war klar geworden, dass ein modernes Gemeinwohl nur auf der Grundlage des Besitzrechts und auf einer demokratischen Republik errichtet werden kann, die keine Vertretung ihrer Staatsbürgerrechte in Form von Repräsentanten aus Parteien in Parlamenten dulden darf. Das Repräsentationssystem hat nichts mit einer Demokratie zu tun, sondern ist die Grundlage der Herrschaft reicher Oligarchen.
Zur Natur einer Demokratie gehört natürlich die soziale Gerechtigkeit, also ein Zustand, in dem „kein Staatsbürger so reich sein darf, um sich einen anderen kaufen zu können, noch so arm, um sich verkaufen zu müssen.“ (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, Seite 59)


Um die oligarchische Eigentumsgesellschaft in eine Demokratie mit Besitzrecht zu verwandeln, muss die Klasse der „Habenichtse und Neider“, die in einer Gesellschaft mit sozialer Ungerechtigkeit leben und ständig wächst, systematisch auf die Herstellung demokratischer Verhältnisse hinwirken. Dies machen sie bereits und werden immer besser darin, aber sie können jede Hilfe aus den oberen Klassen gebrauchen, besonders von Seiten der Intellektuellen, die sich Philosophen nennen. Es kommt nur darauf an, für welche Ziele sie ihre philosophischen Kräfte verwenden. Andrew Shaffer ist jedenfalls noch nicht auf unserer Seite und hat die gesellschaftliche Problematik die von dem Buch „Die Tribute von Panim“ auch nur angekratzt wurde, noch gar nicht philosophisch erfasst.
Andrew Shaffer lebt in seinem privilegierten „Capitol“ und beweihräuchert sich damit, dass der durchschnittliche Mensch von Natur aus ja sowieso schlecht ist und er vermutlich noch zu den harmloseren Exemplaren gehört, der es schafft, seine Anflüge von Schadenfreude richtig einordnen zu können und sich Nietzsche,s Duktus zu bedienen, ein „Übermensch“ ist.

Nachbetrachtung zum Thema Dekadenz
Die Führungselite der USA vergleicht ihr Staatengebilde gerne mit dem antiken römischen Imperium und sie haben durchaus Parallelen zu diesem aufzuweisen. Tatsächlich sind sie im Verhältnis zu Rom seit einer kurzen Zeit zu einem Imperium aufgestiegen. Leider laufen heute gesellschaftliche Prozesse viel schneller ab wie in der Antike und so hat die USA offensichtlich schon die letzte Phase eines Imperiums erreicht, die Dekadenz.

Andrew Shaffer weiß, dass sich die Story von „Die Tribute von Panem“ an der Dekadenz des römischen Imperiums anlehnen und natürlich auf die Dekadenz in den USA verweist, doch dieses Thema streift er nur ganz ängstlich mit dem Verweis auf die Schadenfreude, die er natürlich auch in den USA beobachtet und sehr oberflächlich kritisiert. Er hat seinen Raum in dem Buch nicht genutzt, um die Dekadenz der USA und deren Ursachen tiefer zu hinterfragen. Er hat sich in dieser Sache eben nicht als Philosoph erwiesen und seine philosophische Pflicht nicht erfüllt. Eine vertane Chance für ihn, wirklich ein Philosoph zu sein und Antworten auf die brennenden Fragen seiner Zeit zu liefern.
Der Begriff Dekadenz kann nicht ohne eine gesellschaftliche Orientierung an eine bessere gesellschaftliche Gesamtsituation verwendet werden und so stellt sich die Frage, ob die USA schon bessere Zeiten erlebt hat?

Eine Orientierung zurück zu den besseren Zeiten der USA ist ebenfalls subjektiv und als Lösung genauso fraglich, darum orientiere ich mich persönlich an einer anderen gesellschaftlichen Perspektive, jenseits des gerade zusammenbrechenden Gesellschaftssystems reicher Oligarchen. In dieser Zeitschrift habe ich meine Perspektive bereits hinreichend entwickelt und will an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen und es bei den Begriffen „Radikaldemokratie und Besitzrecht“ belassen.
Der Begriff Dekadenz zielt aber meistens auf eine bessere Vergangenheit und misst daran den zu kritisierenden Verfallsprozess. Diesen Bezug kann ich mit meiner Perspektive natürlich auch herstellen und muss dann bis zur Urgesellschaft zurück gehen die nur Besitzrecht und keine sozialen Spaltungen kannte, aus der die Menschen vor ca. 5.000 Jahren allmählich mit Gewalt herausgerissen wurden.

Natürlich möchte die Mehrheit der „modernen“ Menschen nicht in die Urgesellschaft der Klans zurück und so ist eine Orientierung nach Rückwärts in der Geschichte nur dialektisch möglich und damit verweise ich auf Hegel,s Theorie von „These, Gegenthese und Synthese“. Wir benötigen zur Überwindung der inhumanen Eigentumsgesellschaft eine Synthese aus dem Besitzrechtssystem der Urgesellschaft und der so genannten „modernen Zivilisation“ in der das gegenseitige Abschlachten aus niederen Beweggründen immer noch nicht aufgehört hat.
Unter den vielen Philosophen, die sich über Dekadenz Gedanken gemacht haben, möchte ich mich vor allem von Rousseau distanzieren, der Hegel,s dialektische Methode noch nicht kannte und deswegen in eine Position verfallen ist, die ich als „Zurück zur Natur“ kennzeichnen würde und die eine fatale Zerstörung der gesellschaftlichen Errungenschaften der letzten 5.000 Jahre zur Folge hätte. Leider begegnet man dieser „atursehnsucht“ auch heute bei vielen Aussteigergruppen die auf vielfältigen Wegen zur menschlichen Ursprünglichkeit zurückkehren wollen. Rousseau,s Position fasst sich wie folgt zusammen:
„Nehmt uns unsere unheilvollen Fortschritte, nehmt uns unsere Irrtümer und Laster, nehmt uns das Menschenwerk, und alles ist gut.“ (aus Wilhelm Weischedel „Die philosophische Hintertreppe, Rousseau oder der unglückliche Gefühlsdenker“)

Kommen wir aber wieder zur Gegenwart und versuchen die Erscheinungen der Dekadenz ganz nüchtern und sachlich zu betrachten. Die geheimen Schreiber der „Wikipedia Deutschland“ verweisen dabei auch auf die Dekadenz-Kritik eines erzkonservativen Ex-Nazis Arnold Gehlen (1904 Leipzig bis 1976 Hamburg, Cousin des ersten Chefs des BND und ebenfalls Ex-Nazis Reinhard Gehlen). Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich hier mit eigenen kritischen Betrachtungen mit dessen Kritik an den Dekadenzerscheinungen der großbürgerlichen Oligarchie auseinandersetzen.
Der Ausgangspunkt für die Kritik von A. Gehlen ist eine Gesellschaft von gezüchteten Übermenschen, die nie die Gelegenheit haben dürfen, diktatorische Institutionen in Frage zu stellen. Darin ähnelt seine Ideologie auffallend der Marxistischen, die immer einen „Menschen neuen Typus“ formen wollen und der ebenfalls nie ihre diktatorischen Institutionen in Frage stellen darf. Beide Ideologien setzen auf die Diktatur einer kleinbürgerlichen Kaste und während die Faschisten immer nur die politische Macht der Oligarchen übernehmen wollen, gehen die Marxisten einen Schritt weiter und verwandeln deren Eigentum in staatliches Eigentum, ohne das Eigentumsrecht und die daraus resultierende Lohnsklaverei zu beenden. Wenn die Oligarchen in einer Krisensituation noch die Wahl haben, werden sie natürlich immer die Faschisten unterstützen, um wenigstens ihre Eigentumsansprüche zu sichern, woraus sie später neue politische Macht generieren können.
Wenn A.Gehlen in seinem Spätwerk „Moral und Hypermoral“ die Übersteigerung bestimmter gesellschaftlicher Verhaltensweisen zu Ungunsten anderer kritisiert, dann fällt mir sofort der Begriff „Cancel Culture“ ein, bei dem Höflinge der großbürgerlichen Oligarchen regelmäßig hypermoralische Hexenjagden auf Abweichler veranstalten, denen sie kulturelle Ketzerei vorwerfen. Diese Erscheinung der Dekadenz als „Gesinnungsmoral“ und damit als Gesinnungskontrolle, zersetzt den politischen Diskurs bis zur Unmöglichkeit, was am Ende auf individuelle und auch auf staatliche Gewalt hinausläuft.

Natürlich kann man seit geraumer Zeit in der großbürgerlichen Oligarchie einen beschleunigten Verfall der schon immer politisch beschnittenen Streitkultur beobachten und eine sich immer mehr verengende Redefreiheit, deren Existenz in Deutschland von Rechtswegen sowieso ausgeschlossen ist und gesetzlich beschränkte Meinungsfreiheit genannt wird. Diesem betreuten Denken springen Moralwächter aus fremdfinanzierten NGO,s eifrig bei und helfen gerne nach, wo der großbürgerliche Staat nicht hinlangen kann. Wo führt das letztendlich aber hin?
Der großbürgerliche Staat, also der Staat reicher Oligarchen, wird immer offensichtlicher als Staat zur Durchsetzung der Interessen reicher „Wirtschaftsführer“ erkannt und verliert seine Maske als Sicherheitsgarant für „alle“ Bürger. Viele NGO,s werden durch die Oligarchen finanziert, oder durch diese oder ihren Staat gleich selbst gegründet und fungieren neben dem bürgerlichen Staat als die Kettenhunde für,s Grobe.
Auch wenn A.Gehlen die Herrschaft der Oligarchen vom Standpunkt des Philosophen einer kleinbürgerlichen Diktatur kritisiert, so ist er durchaus dazu in der Lage gewesen, Erscheinungen von Dekadenz in der gegenwärtigen Herrschaft zu erkennen und so hat er einen echten Vorgriff auf die von ihm erahnte Zukunft formuliert, die wir heute erleben:

„Wenn die Gaukler, Dilettanten, die leichtfüßigen Intellektuellen sich vordrängen, wenn der Wind allgemeiner Hanswursterei sich erhebet, dann lockern sich auch die uralten Institutionen und strengen professionellen Körperschaften: das Recht wird elastisch, die Kunst nervös, die Religion sentimental. Dann erblickt unter dem Schaum das erfahrene Auge schon das Medusenhaupt, der Mensch wird natürlich und alles wird möglich.“ (Der Mensch im Lichte der Modernen Anthropologie. In: ders: Philosophische Anthropologie und Handlungslehre. Gesamtausgabe Band 4, hgg. Von Karl-Siegbert Rehberg, S.133. Für den Freyer-Schüler Gehlen, Freyer war auch ein Nazi, bedeutet „natürlich“ einen Rückbezug auf Rousseau, und damit darauf, dass Rousseauisten »die Jakobiner« wie Robespierre welche die Guillotine bedenkenlos gebrauchen.)

Wenn sich Andrew Shaffer dieses Zitat selbstkritisch durchlesen würde, könnte er sich vielleicht an mehreren Stellen selbst darin entdecken. Ich gehe nicht davon aus, dass dies geschehen wird, aber vielleicht lesen seine Artverwandten.
Zum Abschluss möchte ich noch ein Zitat anführen, dass sogar auf einen Kolumnisten der New-York-Times verweist, von der A.Shaffer ja als Bestseller gekürt wurde

(Zitat aus Wikipedia Deutschland zum Begriff Dekadenz)

Zur Autorin des 5. Kapitels:
Jennifer Culver

Jennifer Culver (Doktor der Philosophie) unterrichtet an einer öffentlichen Oberschule, vorher an einer Mittelschule und schrieb nebenbei an der Universität of Texas in Dallas ihre Doktorarbeit.
Wie immer versuche ich die gesellschaftlichen Lebensumstände der Autoren dieses Buches immer etwas näher zu beleuchten, um ihre Motivation für das was sie Meinen und warum sie es meinen, besser verstehen und einordnen zu können. Auch bei dieser Autorin bin ich da auf sehr interessante Aspekte gestoßen und würde, wenn sie mir begegnen sollte, sofort eine für mich sehr wichtige Frage stellen:

Was halten sie von der Erlaubnis im Bundesstaat Texas Schüler mit einer Art Paddel (Paddle) körperlich zu züchtigen? Haben sie das schon mal selbst gemacht, oder sind in irgend einer Form damit in Berührung gekommen?

Dazu ein Zitat aus dem Wikipedia-Eintrag von Texas:

Die amerikanischen Zustände in dessen Schulsystem, die gerade in dem Eintrag zu Texas Erwähnung finden, wo Deutsche und sogar die deutsche Minderheit der Sorben aus der Lausitz, also da wo ich aufgewachsen bin, die Kultur des Landes Texas stark mit geprägt haben, hat mich doch etwas schockiert.

Ja auch in Ostdeutschland war die körperliche Gewalt von Eltern und auch von Lehrern gegen Kinder und Jugendliche in den 1960-70 Jahren immer noch ein weit verbreitetes Problem, aber doch nicht mehr durch Gesetze gedeckt und deswegen eine Straftat.

In den USA finden sich auch heute noch viele Befürworter dieser Strafmaßnahmen und insbesondere die evangelikalen Christen propagieren und praktizieren diese, was von vielen als Widerspruch zu deren Religion gesehen wird. Körperliche Züchtigungen bereits bei sehr jungen Kindern und bei Jugendlichen bis ins hohe Teenager-Alter, sind in 20 amerikanischen Bundesstaaten offensichtlich immer noch auf der Tagesordnung. Dabei werden Männliche-farbige Jugendliche überproportional häufig mit dem Paddle gezüchtigt, sowohl individuell als auch kollektiv. Auf die Gewalt gegen Kinder und Jugendlich in den Schulen, Heimen und Vereinen, die ja moralisch und gesetzlich gedeckt ist, kommt dann noch die häusliche Gewalt meist mit Kochlöffeln, Haarbürsten, Gürteln und Riemen oben drauf.

Laut Schätzung sind 1% bis 10% der Schüler in diesen 20 Bundesstaaten jährlich mindestens einmal von „Paddling“ betroffen. Damit muss also jeder Lehrer der in einem solchen Schulsystem arbeitet wie Jennifer Culver, dazu eine Meinung parat haben. Leider scheint das Thema der amerikanischen Gesellschaft, der „besten Gesellschaft der Welt“ etwas peinlich zu sein, da es kaum thematisiert wird, obwohl es ja irgendwo täglich stattfindet.

In „Die Tribute von Panem“ gibt es allerdings eine öffentliche Auspeitschung eines Jugendlichen (Gale Hawthorne) auf dem Marktplatz und was für das europäische Publikum vielleicht etwas surreal, also unwirklich erscheint, aber für einen gewissen Teil des amerikanischen Publikums leider einen ganz realistischen Bezug hat wenn in der Schule vor ihren Augen Mitschüler, oder gar sie selbst öffentlich gezüchtigt wurden. Mit dem von mir hier eingeflochtenen Hintergrundwissen, bekommt der europäische Betrachter für diese Szene vielleicht einen ganz anderen Blickwinkel und bemerkt dadurch die verdeckte Anklage gegen die amerikanischen Verhältnisse in einigen Bundesstaaten.

Aber auch das durchgängige Symbol des nur zum Teil erfundenen „Spottölpels“, verweist auf den Bundesstaat Texas, weil die „Spottdrossel“ als eine Art Wappentier für Texas betrachtet wird und Texas mit dem im Buch unterdrückten Distrikt 13 verglichen werden kann. Bis heute hält sich das Gerücht, dass Texas der einzige US-Bundesstaat ist, der das Recht hätte, nach Belieben aus den Vereinigten Staaten wieder auszutreten, da er durch den Abschluss eines Vertrages in die Union aufgenommen wurde. Das entspricht natürlich nicht der Sachlage, weil die Südstaaten mit Gewalt in die Union zurück annektiert wurden.

Der Aufstand der Südstaaten, gegen die wirtschaftlich überlegenen Nordstaaten, wo das „Kapitol“ steht, wurde niedergeschlagen. Die Geschichte des amerikanischen Bürgerkrieges um die Loslösung der Südstaaten von den Nordstaaten und dessen Niederlage strahlt bis in die heutige Politik der USA und ist eine latente Rebellion gegen den Zentralismus der amerikanischen Oligarchie. Es ging in diesem Krieg nur nebensächlich um die Abschaffung der Sklaverei, die in den Nordstaaten keineswegs durchgesetzt und vollzogen war. Es ging vor allem um die Abschaffung des Föderalismus in der Union und die Errichtung einer fast unumschränkten Zentralmacht der Unionsregierung, wodurch die Industrie-Oligarchen des Nordens ihre All-Macht auf den ländlich geprägten Süden der Union ausweiten konnten. Die Abschaffung der Sklaverei war anfänglich mehr ein propagandistisches Mittel, während die Sklaven haltenden Nordstaaten vorerst ausgeklammert wurden. Letztendlich war es aber dann auch das entscheidende Mittel, um die Südstaatlern zu destabilisieren und ihnen ihren letzten wirtschaftlichen Vorteil, die Sklaven als billigste Arbeitskräfte zu nehmen.

Der humanistische Aspekt der Unterdrückung der Südstaaten, erweist sich bei genauerer Betrachtung als vorgeschobene Legende und Mittel zum Zweck der Errichtung einer Zentralgewalt, die den Interessen der Oligarchen der Industrie im Norden auf den Leib geschneidert wurde. Das wenigstens die Sklaven dadurch befreit wurden, lag in der Natur des Kapitalismus, der auf die Freizügigkeit von Lohnsklaven angewiesen war, weil damals noch Mangel an wandernden Lohnsklaven herrschte.

Natürlich bearbeitet Jennifer Culver all diese Themen nicht und konzentrierte sie auf ein anderes und viel unverfänglicheres Thema indem sie auf die Verpflichtung von Menschen durch Geschenke abhebt und dabei so tut, als ob Geschenke eine Art Fessel wären, dessen Annahme lieber vermieden werden sollte. Dabei bringt sie einen Alten französischen Wissenschaftler (Marcel Mauss) aus einer jüdischen Familie stammend ins Spiel, der zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts den Austausch in den Uhrgesellschaften, die bekanntlich nur das Besitzrechtssystem kannten erforschte. Er schrieb dazu ein Essai, das 1923/24 unter dem Titel „Die Gabe“ auf deutsch erschien.

Darin stellt er auch die Besitzrechts-Gesellschaft vor, die gleichzeitig ökonomische, juristische, moralische, ästhetische, religiöse, mythologische und soziomorphologische Dimensionen umfasst und weit über das Menschenbild des rationalen Homo oeconomicus und damit über die Wirtschaft der kapitalistischen Eigentumsgesellschaft hinaus geht.

Marcel Mauss (10.05.1872 bis 10.02.1950 Paris) war Soziologe, Ethnologe und Religionswissenschaftler.

Nach meiner Einschätzung ging Mauss mit einem sehr totalitären Verständnis an die „Gabe“, also eine Schenkung heran und war der Meinung, das jede Gabe durch eine Entsprechung erwidert werden „muss“. Das stimmt allerdings nicht mit den Gegebenheiten in den Uhrgesellschaften überein und wurde von anderen Forschern nicht in dieser Absolutheit bestätigt. Diese Absolutheit einspricht aber Haargenau dem Mechanismus der in der Eigentumsgesellschaft als Gesetz gilt und eine konkrete und berechenbare Schuld erhebt.

Leider erweist sich Jennifer Culver als eine Verfechterin seines Irrtums und kann sich ebenfalls nicht vom Narrativ der Bedeutung eines Geschenks in der Eigentumsgesellschaft lösen und so geht es der Autorin in „Die Tribute von Panem“ Suzanne Collins ganz genauso mit ihrer Heldin Katniss Everdeen.

Mauss hat zwar geschichtliche Vergleiche im Umgang mit Geschenken angestellt, erkannte aber die Grenze zwischen der Besitzrechtsgesellschaft und der Eigentumsgesellschaft dabei nicht. Marcel Mauss prägte zwar den Begriff „Schenkökonomie“, aber verstand dessen Grundlage offensichtlich nicht als Geschenk, wenn er eine totalitäre, wenn auch nicht unmittelbare Schuld durch das Geschenk postulierte. Wie heißt es so schön im Volksmund: „Geschenkt ist Geschenk!“ Wenn aber ein Geschenk eine Schuld nach sich zieht, dann ist es gar kein Geschenk, sondern eine Verbindlichkeit, also eine Schuld. Mit seiner Kreation des Begriffs „Schenkökonomie“ hat er nur bewiesen, das er die Funktion einer Besitzrechtsökonomie, in der jeder seinen Überschuss in das jeweilige Gemeinwesen einbringt und dafür von diesem all umfänglich abgesichert wird, nicht erkannt hat. Eine gesellschaftliche Gegenleistung ist kein Geschenk, auch wenn diese nicht aufgerechnet wird.

6. Kapitel
»Wettbewerb und Altruismus«:
Die Darwinsche Welt der Hungerspiele
Zur Autorin Abigail Mann:

Hier bitte ich um Mithilfe der Leser, weil ich diese Frau im „WWW“ nicht ausfindig machen konnte. Wer da weiter helfen kann, sende bitte Informationen an die Redaktion, damit wir diese Informationen in dieser Serie nachreichen können.

Sie war nach Aussage der Herausgeber des Buches mindestens zum Zeitpunkt des Erscheinens außerordentliche Professorin im Fachbereich Englisch an der University of Indianapolis.

Ihr Forschungsschwerpunkt ist der Feminismus im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert und der Darwinismus. Die Bemerkung zu ihrer Dissertation ist von ihr recht bissig formuliert und wünscht die Theoretiker ihres Fachbereichs gerne in die Arena, damit sie ihre Grabenkämpfe dort austragen können.

Leider ist Abigail Mann nicht im Verzeichnis des Fachbereichs dieser Universität zu finden und da ihr Name in den USA recht häufig zu sein scheint, konnte ich sie bis jetzt nicht entdecken und ihren Hintergrund nicht näher beurteilen. Dies ist um so fataler, weil ich sie bis jetzt für die fähigste Autorin halte, die ich im Rahmen dieser Serie beurteilt habe und ich sie gerne kontaktieren würde, um sie als Autorin für unsere Zeitschrift zu gewinnen.

Diese Universität ist eine private Einrichtung und damit offensichtlich nur für zahlungskräftige Studenten aus aller Welt zugänglich. Eigentlich gibt es neben dieser Universität nur weitere private, oder staatliche Einrichtungen die in private eingegliedert wurden. Damit steht eigentlich nur sozial privilegierten Jugendlichen ein höherer Bildungsweg offen.

Indianapolis ist die Hauptstadt vom Bundesstaat Indiana des mittleren Westens der USA. Laut der Zählung von 2010 hat Indianapolis 58,6 % weiße Bevölkerung, 27,5 % Afroamerikaner, 9,4 % Hispanics und 2,1 % Asiaten, aber insgesamt leben 21,3 % der Einwohner unter der Armutsgrenze, also schätzen wir heute mal, mindesten ein Viertel. Trotzdem ist die Arbeitslosenrate mit 3,0 % unter dem Durchschnitt des Landes von 3,8 % und das Einkommensniveau darüber. Das sagt viel über den wirtschaftlich desolaten Zustand der USA aus, wenn ca. ein Viertel der Menschen unterhalb der Armutsgrenze lebt und das nicht als dramatisch empfunden wird.

Zum Beitrag von Abigail Mann in diesem Buch:

Vielleicht bin ich etwas aus der Übung, aber mir ist wirklich nichts aufgefallen, worüber ich meckern könnte. Wer da was findet, der kann sich hier gerne zur Diskussion melden.

Sie hat sogar Darwins Auffassung von seiner Evolutionstheorie ins rechte Licht gerückt und auf des übliche Missverständnis hingewiesen. Zitat von Seite 72:

Fakt ist, dass Bündnisse und uneigennützige Handlungen wie diese in der Darwinschen Evolutionstheorie und natürlichen Selektion eine entscheidende Rolle spielen, die trotz ständiger Diskussionen oft missverstanden wird. Die Evolution hängt nach Darwins Auffassung in gleichem Maß von Kooperations- und Aufopferungsbereitschaft wie von Wettbewerb und Kampf ab.“

Aber auf den folgenden Seiten reflektiert sie sogleich auf die Armut, auf die ich in meiner Einleitung zu Indianapolis und den USA insgesamt hingewiesen habe, Zitat Seite 73:

Heutzutage heißt es manchmal, dass die Eingriffe des Menschen der natürlichen Selektion ‹ins Handwerk pfuschen›. Beispielweise richten sich viele Hasstiraden gegen die Armen, die nach Ansicht einiger Leute ‹unangepasst› sind und dem Untergang geweiht wären, wenn die Regierungen sie nicht schützen und ihnen – den Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Auslese zum Trotz – ein Überleben am Rande des Existenzminimums ermöglichen würden. Doch aus dem Blickwinkel der Wissenschaft verfolgt die Evolution kein bestimmtes Ziel, sodass es auch keinen ‹Misserfolg› der Selektion geben kann.[5]

Anmerkung von Abigail Mann:

(5) Der Sozialdarwinismus wurde stets als Konzept vom ‹Überleben der bestangepassten Individuen’ benutzt, um die Vernachlässigung und schlechte Behandlung der Armen zu rechtfertigen und Angst vor ihrer unnatürlichen ‹Vermehrung› zu schüren. Die Doktrin des Sozialdarwinismus besagt, dass die Armen ignoriert werden sollten, damit sie so schnell wie möglich aussterben. Darwin selber betonte, dass Überleben ausschließlich dem Zufall geschuldet sei, doch in Die Abstammung des Menschen brachte auch er die Besorgnis zum Ausdruck, dass schwache Mitglieder zivilisierter Gesellschaften dank verstärkter Sozialfürsorge ihresgleichen fördern. The Descent, S. 168. (Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl).

Natürlich fallen mir bei der Erwähnung des Sozialdarwinismus immer sofort die Eugeniker ein und die hätte sie hier natürlich erwähnen können, weil diese in der amerikanischen „Elite“ vorkommen. Bemühen wir doch mal Wikipedia zum Thema Eugenik und schauen wir mal was wir da sofort finden:

Wohl gemerkt, das findet man beim Eintrag „Eugenik“, der „Theorie und Praxis der genetischen Wertung der menschlichen Bevölkerung“, in Deutschland gleichbedeutend mit „Rassenhygiene“.

Wie bereits erwähnt, will ich nicht meckern, weil Abigail Mann alles korrekt dargestellt hat und das Thema sonst vielleicht ausgeufert wäre.

Einen weiteren wichtigen Punkte machte sie im ach so religiösen Amerika mit folgender Aussage auf Seite 74, Zitat:

Die Annahme, die Evolution sei teleologisch, das heißt zweckbezogen, ist eine weitverbreitete Fehlauffassung. Doch die natürliche Selektion hängt ausschließlich vom Zufall und den jeweiligen Umständen ab. Nichts ist vorherbestimmt und die unzähligen Mittel und Wege des Ausleseprozesses entziehen sich jedem Werturteil.“

Auf der selben Seite kommt sie dann zu einer wirklich altruistischen Betrachtung und nähert sich dem gesellschaftlichen Konflikt in dem wir uns als Altruisten befinden, da wir noch immer mit den inhumanen Gegebenheiten der Eigentumsgesellschaft konfrontiert sind, Zitat:

Gleichzeitig erkannte er jedoch, dass der brutale Wettbewerb nicht alles sein kann, wenn diese Theorie als Fundament für die Entwicklung des Menschen mit seiner sozialen Natur, seiner tief verwurzelten Empathie und seinem moralischen Empfinden dienen soll, das bei vielen als unsere krönende Eigenschaft gilt. Schließlich sind wir Menschen nicht »rot an Zahn und Klaue«, wie der Dichter Alfred Lord Tennyson (1809–1892) schrieb. Zumindest nicht immer und nicht in jeder Hinsicht. Wir sind soziale Wesen, die oft die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen stellen.“

Ja, genau in dieser fatalen Situation befinden wir uns, da wir bis jetzt nur einen Schritt aus dem Tierreich geschafft haben und der zweite, eine humane Gesellschaft zu errichten, noch aussteht.

Ich finde es bemerkenswert, wie die Autorin das Thema der Evolution unserer Psyche, die sich ebenfalls aus niederen Lebensformen entwickelt hat, so elegant in das Thema eingeflochten hat, dass es nicht total vom ursprünglichen Thema weg führt. Ich will mich aber mit der Auswahl der folgenden Zitate auf den wissenschaftlichen Diskus konzentrieren und die Verbindung zu den Tributen weg lassen, Zitat:

Was Darwin auf den letzten Seiten seines umfangreichen Werks Über die Entstehung der Arten nur flüchtig erwähnte (dass Licht sowohl auf den physischen Ursprung als auch auf die psychologische Befindlichkeit des Menschen fallen wird), formulierte er klarer und kühner in seinem nächsten Werk Die Abstammung des Menschen: Er erklärte, dass sich unsere sittliche Natur ebenfalls aus niedrigeren Lebensformen entwickelt habe.[8] Damit reagierte er auf die Einwände seiner Kritiker, die das Konzept der menschlichen Evolution ablehnten, weil sie nicht verstanden, wie Anteilnahme und altruistisches Handeln durch die natürliche Selektion gefördert werden könnten. Ein Teil seiner Abhandlung diente dazu, vor Augen zu führen, dass Kooperation und Anteilnahme auch im Tierreich weitverbreitete Merkmale darstellen, im Gegensatz zur Auffassung vieler Menschen, denen Darwins Erfahrungen aus erster Hand bei der Beobachtung der Lebensweise verschiedener Tierarten fehlten.[9] Darwin zeigte auf, dass Tiere, die in sozialen Gruppen leben, soziale Instinkte besitzen, die bewirken, dass sie die Gesellschaft von ihresgleichen suchen, ein gewisses Maß an Mitgefühl empfinden und verschiedene Dienste für sie ausführen.[10]“

Er musste jedoch auch erklären, wie sich diese charakteristischen Eigenschaften entwickelt haben könnten. Altruismus ist aus der evolutionären Perspektive rätselhaft, weil es den Anschein hat, als würde man die Anpassungsfähigkeit eines Artgenossen auf Kosten der eigenen Anpassungsfähigkeit verbessern. Als Thresh Katniss verschont, erhöht er die Wahrscheinlichkeit, dass nicht er, sondern sie als Siegerin aus den Spielen hervorgeht; somit verringert er die eigenen Chancen auf eine Heimkehr. Wenn es bei der Evolution vor allem darum geht, die eigenen Überlebenschancen zu verbessern, stellt sich die Frage, wie sich faires und uneigennütziges Verhalten entwickeln konnte.

Darwins Antwortlautete, es sei unnötig, jede erfolgreiche Anpassung im Hinblick auf ihren Beitrag zum individuellenSelbstinteressezu erklären, da nicht nur zwischen Einzelpersonen, sondern auch zwischen Gruppen Wettbewerb herrschen kann. »Zweifellos wäre ein Stamm mit vielen Angehörigen, die … stets bereit waren, einander zu helfen und sich für das Gemeinwohl zu opfern, anderen Stämmen überlegen«; daraus schlosser: »Das wäre natürliche Selektion«.[11]

Anmerkung von Abigail Mann:

(8) Ebenda, S.488.
(9
) Aktuelle Forschungen über Altruismus und Kooperationen im Tierreich siehe Mark Bekoff und Jessica Pierce, Wild Justice: The Moral Lives of Animals, University of Chicago Press, Chicago 2010, (Dt. Vom Mitgefühl der Tiere).
(10) Charles Darwin, The Descent of Man (1871; Repr. Lawrence, KS: Digireads 2009, S.85(Dt. Die Abstammung des Menschen).
(11) Ebenda, S.110.

Im fortlaufenden Text geht sie immer näher und auf das Thema des bewussten, uneigennützigen und rein sittlich motivierten Altruismus bei Menschen ein und genau in diesem Bereich sehe ich noch Steigerungsmöglichkeiten nach oben, worüber ich gerne mal mit der Autorin produktiv streiten würde und unseren Blickwinkel vergleichen möchte.

Die „Philosophen“, die uns allen im tiefsten Innern Selbstsüchtigkeit unterstellen möchten, welchen Zweck verfolgen die? Welche Philosophie vertreten die? Wessen Philosophen sind das?

Der „Philosphenclub der Lohnabhängigen“ bezieht sich ganz bewusst mit seiner Philosophie auf den Blickwinkel der Lohnsklaven auf diese Gesellschaft und nicht auf den Blickwinkel der reichsten Eigentümer dieser Gesellschaft, wie Aristoteles es tat.

Wer glaubt, dass alle Menschen aus tiefstem Innern selbstsüchtig handeln, scheint nicht in einer humanistischen Umgebung zu verkehren, oder hat zu Menschen kaum echten menschlichen Kontakt. Natürlich ist es für die reichsten und privilegiertesten Menschen schwer einen anderen Kontakt zu Menschen aufzubauen, als einen vom eigenen kommerziellen Vorteil getriebenen, weil ihm ihr eigener Reichtum dabei im Wege steht und dieser auch das Verhalten der anderen Menschen ihnen gegenüber beeinflusst. Das ist der „Fluch des goldenen Käfigs“ in dem sie selbst Gefangene sind.

Und so haben sie natürlich mit Hilfe sozialer Privilegien eine Gruppe von Hof-“Philosophen“ erzeugt, die ihnen die passende Philosophie für ihre Sicht auf diese Welt liefern, um ihre sittlichen Bedenken zu zerstreuen.

Was ist aber noch tierisch am Altruismus der Menschen und wo sind wir bereits ganz Menschen? Dazu ein Zitat Seite 77:

Darwin glaubte jedoch, dass die Trennlinie zwischen Menschen und anderen Lebewesen wesentlich verschwommener sei als einige zugeben würden. »Was Absichten und den Sieg über gegensätzliche Beweggründe betrifft, können Tiere sichtlich zwischen widerstreitenden Instinkten schwanken, wenn es beispielsweise gilt, ihre Nachkommen oder Gefährten vor einer Gefahr zu bewahren.«[16] Tiere müssen vielleicht gegen widerstreitende Neigungen ankämpfen, um altruistisch zu handeln, doch der Mensch ist bekanntlich in der Lage, sich ohne die geringsten inneren Kämpfe edelmütig zu verhalten.“

Anmerkung von Abigail Mann:

(16) Darwin, The Descent of Man, S.94

Die Autorin verweist darauf und schließt sich Darwins Meinung an, dass das sittliche Empfinden des Menschen ein Bewusstsein voraussetzt, in dem er dazu in der Lage ist, vergangene und künftige Handlungen oder Beweggründe zu vergleichen und sittlich zu bewerten. Die Quelle unseres moralischen Bewusstseins liegt also in der Fähigkeit, über unsere Motive nachzudenken und diese zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung geraten unsere egoistischen und altruistischen Beweggründe in einen dialektischen Wettstreit und ganz nach dem wie wir anschließend handeln, werden wir wiederum von anderen Menschen bewertet und erfahren Ablehnung, oder Zuneigung.

Doch die reine Orientierung auf Zuneigung, ist keine Garantie für eine richtige Entscheidung in einer konkreten Situation, da am Ende auch das Ergebnis einer jeden Entscheidung betrachtet wird und wohin weitere Entscheidungen der selben Art führen könnten. Es bedarf also immer der Betrachtung der Gesamtsituation in dessen Rahmen wir Entscheidungen Treffen müssen und welche weiteren Folgen sich daraus ergeben. Führt eine sittlich erscheinende Entscheidung nicht zum Überleben unserer Spezies, wird eine Debatte darüber erst interessant und rückt die einzelnen Motive der Argumente vielleicht in ein ganz neues Licht.

Dazu möchte ich ein kleines Beispiel liefern und an die nicht enden wollende Debatte zur „Überbevölkerung“ auf unserem Planeten, im Verhältnis zu Altruismus erinnern. Wer also kein selbstsüchtiger Egoist ist und fest davon überzeugt ist, dass wir ein ernsthaftes Problem mit „Überbevölkerung“ haben und sich im gleichem Atemzug ein Philanthrop nennt, der müsse uns also aus innerster Überbeugung sofort von seiner Anwesenheit befreien und Suizid begehen. Doch das machen diese „Menschenfreunde“ die uns eindringlich vor den Menschen warnen die zu viel sind ja nun bekanntlich nicht.

Was wollen denn nun die Anhänger und Menschenfreunde der Theorie der Überbevölkerung von uns?

Das wir uns selbst umbringen?

Das wir ihren Plänen zur Bevölkerungsreduktion durch sterilisierende Impfungen zustimmen und diese für gut und richtig heißen?

In diesem Zusammenhang rechne ich es der Autorin sehr hoch an, dass sie den Urheber der Theorie vom „egoistischen Gen“ Richard Dawkins (bis 2008 Prof. an der University of Oxford) in seine egoistischen und leicht zu durchschauenden Schranken verweist.

J.M.Hackbarth

das könnte auch interessant sein

7. Kapitel

»Es gibt keine guten Mutationen« – oder doch?: Die Erschaffung artenübergreifender Schimären

Zum Autor Jason T. Eberl:

Er ist außerordentlicher Professor der Philosophie an der Indiana University-Prudue Univeristiy in Indianapolis . Dort lehrt und forscht er in den Fächern Bioethik, mittelalterliche Philosophie und Metaphysik.

Nebenbei betätigt er sich als Mitherausgeber ganz ähnlicher Publikationen wie der hier von mir behandelten über die „Tribute von Panem“ zu den Themen:

– „Star Wars and Philosophy“

– „Star Trek and Philosophy“

ähnliche Werke über Stanley Kubrick,

– Harry Potter,

– Metallica,

– „The Terminator“

– „The Big Lebowsky“ und

– „Avatar“.

(Foto: en.battlestarwikiclone.org)

Man könnte annehmen, ein außerordentlicher Professor wie Jason T. Eberl benötigt in den USA noch Nebenjobs, um über die Runden zu kommen.

Sein wissenschaftlicher Betätigungsschwerpunkt liegt eindeutig auf dem Gebiet der Bioethik und insbesondere bei der Beobachtung der Personifizierung von Tieren, die entweder bereits durch natürliche Veranlagung, oder durch die eine Injektion menschlicher DNA, menschliche Eigenschaften entwickeln könnten. Dabei geht er Sinn gemäß der ethischen und juristischen Frage nach: Ab wann solchen Wesen von den menschlichen Gesellschaften nicht nur Tierrechte, sondern auch Menschenrechte zustehen sollten?

Diese Frage wirkt in einer Welt, in der die übergroße Mehrheit der Menschheit heute noch mit den jeweiligen Machthabern um ihre eigenen Menschenrechte ringen müssen, doch sehr abgehoben. Diese Überlegungen sind zwar ein nützlicher Vorgriff auf eine humanistische Zukunft der Menschheit, aber fern ab von der gesellschaftlichen Realität in der die meisten Menschen um ihre Akzeptanz als souveräne Person ringen und mit ihren Mitmenschen in eine Konkurrenzkampf gezwungen werden, in dem sie um ihre soziale Existenz kämpfen sollen. Wo rührt und empört sich da „die Ethik“?

Genau dieser Aspekt der Frage (Ob Tiere in der menschlichen Gesellschaft als souveräne Person eingegliedert werden sollten?) also ob Tiere ein eigenständiges rechtsfähiges Subjekt in Form einer Person sein könnten, erschien im Angesicht eine noch nicht vorhandenen humanistischen Gesellschaft, die eben noch nicht den letzten Schritt aus dem Tierreich gemacht hat und sich immer noch aus niederen Beweggründen, wegen einer vom Eigentumssystem künstlich erzeugten sozialen Not gegenseitig bekämpft und sogar abschlachtet, als ein reines Luxusproblem der gemeinsam herrschenden Klassen Klein- und Großbürgertum.

Das führt zu Erscheinungen der krassesten Dekadenz, bei der reiche Eigentümer ohne Erben, heute ihr Vermögen nicht mehr humanistischen Zwecken zu Gute kommen lassen, sondern dies lieber ihren Haustieren, oder an die Tiere allgemein (Tierheime usw.) vererben. Im Angesicht des menschlichen Elends auf diesem Planeten, sehe ich darin ein unethisches Verhalten der Herrschenden gegenüber ihren in Elend lebenden Mitmenschen, dass immer weiter um sich greift und durch deren Philosophen für hoffähig erklärt wird.

(Foto: read.amazon.com)

„Die Person“ – was sind die aktuellen und brennenden Probleme damit?

Die Personenstandsgesetze, in dessen Zuständigkeiten die Menschen heute zufällig hineingeboren werden, vereinnahmen diese sofort mit einer Geburtsurkunde und ohne zu fragen, ob diese das überhaupt möchten, als Humankapital der Herrschenden Klassen, welche diese Gesetze erdacht haben, von ihren Repräsentanten beschlossen wurden und die von ihrem Staat mit Gewalt durchgesetzt werden. Sich dieser Registrierung zu entziehen, gestatten sie natürlich nicht und so erhalten wir im Weiteren einen Personalausweis, werden von ihnen als dessen Personal bezeichnen und müssen, wann immer sie es verlangen, der Staatsmacht und uns allen sozial Überlegenen von denen wir abhängig sind, unsere Personalien zur Kenntnis geben.

Unsere Personalien verwalten sie in einem Melderegister und machen uns damit unfreiwillig zu Mitgliedern einer Rechtsordnung, auf dessen Gesetze wir als Nicht-Angehörige der herrschenden Klassen, gar keinen Einfluss haben, was Soziologen durch Untersuchungen der Rechtslage immer wieder festgestellt haben. Die direkte Teilnahme an der Gesetzgebung wird uns verweigert und statt dessen dürfen wir aus einer Liste die uns vorgelegt wird, regelmäßig unsere Vormünder auswählen, die von unserem Willen völlig entbunden sind.

Wenn man sich gegen diese Zustände auflehnt und andeutet, dass man diese Verhältnisse gern ändern würde, kommt die Geheimpolizei ins Spiel, oder irgend ein Sozialkreditsystem, welches zu den Personalien noch weitere Informationen über dich sammelt, um die gegenwärtigen Machthaber vor Verlust ihrer Macht zu schützen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass dieses Melderegister in Österreich und Ungarn anfänglich „Matriken“ oder „Matrik“ genannt wurde, was mich sofort an die Filmserie „Matrix“ erinnert hat:

(Foto: Kino.de)

Versuchen wir doch mal diese Erklärung:

1. Die alte Macht erklärt gegenüber der neuen Macht, dass die Menschen die Matrix lieben, gar nicht raus möchten und sie deshalb scheitern werden.

2. Die neue Macht erklärt, dass sie die Matrix gar nicht abschaffen will, sie werden nur wesentliche Teile zu Gunsten und mit den Menschen so verändern, dass diese nicht mehr zur Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen benutzt werden kann.

Um diese Erklärung zu überprüfen, empfehle ich die Schlusszehe des vierten Teils von „Matrix“ anzusehen. Die Kunst wirft die Schatten der Zukunft voraus.

Die „Matrix“ (Das Personenregister) mit der wir es in der Eigentums-Gesellschaft des kapitalistischen Klein- und Groß-Bürgertums zu tun haben, wurde erstmals von der Nationalversammlung in der französischen Revolution 20.09.1792 mit dem „Gesetz zur Registrierung aller Bürger“ gestartet, als die radikaldemokratischen Bestrebungen der Kommunen von Paris bereits blutig niedergeschlagen waren.

1803 hielten die Franzosen die Pflicht zur Registrierung aller Menschen im „Code civile“ (französisches Zivilrecht) fest, der 1814 erstmals auch in Deutschland eingeführt wurde.

Beachtenswert ist, dass die Registrierung aller Bürger in der Schweiz erst 2005 zur Pflicht erhoben wurde und so eine Registrierungspflicht in den USA offiziell gar nicht existiert.

Wenn man von der altgriechischen Bedeutung des Wortes Person (Maske) ausgeht, dass was man von einem Menschen sehen kann, dann sind Menschen die in keiner Rechtsordnung registriert sind, für diese gar nicht existent. In einem System das die Registrierung per staatlicher Gewalt verfolgt, sind dem zur Folge alle nicht registrierten Menschen „illegal“. Sie existieren also außerhalb und nicht legal im Hoheitsgebiet eines Gewaltsystems.

Wenn es in den USA keine Pflicht zur Registrierung der Menschen gibt, warum werden Menschen die dies nicht tun, als „illegal“ bezeichnet?

Sind in der Eigentumsgesellschaft alle Personen gleich?
Dazu ein Zitat aus der Bibel, 5.Buch Mose 16, über Richter:

Den Schreibern der Bibel war das Probleme mit der Ungleichbehandlung der Personen in einer Klassengesellschaft also schon bestens bekannt und sind mahnend darauf eingegangen. Doch hat ihr „Mahnen“ das Problem der ungleichen Personen in einer Klassengesellschaft beseitigen können?

Natürlich kann man die soziale Spaltung der Menschen in Klassen nicht durch Ermahnungen beseitigen. Dazu muss an die Ursache dieser Spaltung gegangen werden und diese liegt im Eigentumsrecht begründet. Dem Recht auf Ausbeutung der „nur“ besitzenden Menschen (Lohnsklaven Besitzen nur ihre Arbeitskraft), mittels Eigentum.

Sklaven waren nie eine Person, weil sie gar nicht als rechtsfähig akzeptiert wurden, sondern als Eigentum einer „Person“, also als Eigentum eines freien Bürgers galten.

Lohnsklaven erhalten nur soviel Freiheit, wie sie sich kaufen können. In der Eigentumsgesellschaft sind Vermögende Menschen eindeutig im Vorteil und genau so funktioniert deren Rechtssystem. Wer sein Recht erstreiten möchte, benötigt vor allem erst einmal Geld, um Rechtsanwälte bezahlen zu können.

Wer sich aber nicht registrieren lässt, weil er es nicht möchte oder kann, der existiert auch nicht als Person und der kann auch nicht so einfach für sein Recht streiten. Diese „illegalen“ Menschen existieren oft unter Bedingungen, die als Sklaverei bezeichnet werden. Nur Menschen, denen in der Eigentumsgesellschaft gewisse bürgerliche Rechte und gewisse bürgerliche Freiheiten zugestanden werden, gelten in dieser als Person.

Das selbe gilt für juristische Personen, also Personalvereinigungen die gemeinschaftlich ihr Rechte in Anspruch nehmen, oder gar erweitern wollen. Die Herrscher der Eigentumsgesellschaft behalten sich selbst das Recht vor, diese zu genehmigen, oder zu verbieten.

Eigentümer handeln hingegen immer in ihrem privaten Interesse, oder gemeinschaftlich im Interesse ihrer sozialen Klasse, aber niemals im Interesse der gesamten Gesellschaft, die ja alle Klassen umfasst. In einer Klassengesellschaft wird der Wille der herrschenden Klasse und das derer, die ebenfalls davon profitieren, umgesetzt.

Für eine radikaldemokratische Sicht auf uns Personen, möchte ich Kant heranziehen und dafür auf einen Beitrag von Jean-Christopher Merle verweisen: „Eine Kantische Alternative zu Generalprävention und Wiedervergeltung. In: Kant und die Berliner Aufklärung: Akten des IX. Internationalen Kant-Kongresses. Band 4. Verlag Walter de Gruyter, 2001, ISBN 3-11-016979-7, S.200:

Person ist dasjenige Subjekt, dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind.“ Eine Person ist „keinen anderen Gesetzen, als denen, die sie (entweder allein oder wenigstens zugleich mit anderen) sich selbst gibt, unterworfen …“

Der Mensch wird also erst dann zu einer freien Person, wenn er in einer freien Gemeinschaft mit anderen Menschen zusammen leben kann und in deren Gesellschaft eine gleichberechtigte Rolle spielt.

J.M.Hackbarth

Avatar-Foto

Von Redaktion

Die Redaktion wird gestellt vom Ortsverein „Gesellschaft der Gleichen“ des UMEHR e.V. mit der Zielstellung, die öffentliche Debatte durch radikaldemokratische Prinzipien zu fördern. Sie erstellt die Publikationen auf PDF und stellt die Beiträge hier online. Die Redaktion ist nicht Autor der Beiträge. Die Autoren sind unter ihren Beiträgen auf den Beitragsseiten zu finden. Eingereichte Beiträge geben nicht die politische Position der Redaktion wieder. Eingereichte Beiträge von Parteien bedeuten nicht, dass die Redaktion Mitglied dieser Partei ist oder Positionen dieser Partei vertritt. Jeder Autor ist für seinen Beitrag selbst verantwortlich.

10 Kommentare

  1. Pingback: Über Spartacus -

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert