Eine Kritik des modernen Faschismus.
– Die psychologische Seite und ihren Einfluss.
Wo es am meisten bei den Menschen drückt, ist unser eigenes Selbstwertgefühl. Kein Mensch ist davon frei, wahrscheinlich einige Tiere auch, und ohne dieses Selbstwertgefühl wäre der Mensch nicht das, was er ist.
Irgendwann muss es beim Sammler/Jäger angefangen haben; vielleicht noch früher, bei unseren Hominiden Vorfahren. Wenn wir etwas sorgfältig und vorsichtig das Verhalten der Tiere beobachten die mit uns leben, kann man feststellen dass sie das Bedürfnis zu gefallen in sich besitzen, und unter ihnen einen Disput führen, wobei die schwächeren sich nicht gern abgestoßen oder erniedrigt fühlen, wenn wir die Möglichkeit haben, es einfühlsam zu messen. Ob es bei ihnen eine Belohnung gibt und ob die daraus resultierende Freude nur mit der Befriedigung natürlicher Instinkte zu tun hat, und inwiefern wir selbst von solcher Art natürlicher Instinkte nicht betroffen sind, bezieht mehrere Aspekte der Analyse mit ein.
Erich Fromm analysierte zuerst unsere Reaktion gegenüber einem Frosch, den wir als hesslich empfinden und das für viele weniger sensiblen Menschen daraus resultierende befriedigende Gefühl, wenn wir ihn leiden lassen. Was bei einigen Menschen auftritt, ergibt sich aus der Überzeugung heraus, dass wir die schönen, besseren und überlegenen Wesen sind, und dass der Frosch das Hässliche vertritt. Wir fühlen uns vollkommener als das arme und wehrlose Tier, und wir können den Frosch wegen seiner Hässlichkeit steinigen. Aufgrund dieses Gefühls, durch das wir über das Leben oder über den Tod des Frosches bestimmen, können wir auch über das Leben eines anderen Menschen bestimmen, falls wir ihn als hässlich empfinden, wenn sie uns als solche verächtliche Menschen – wie der Frosch – vorgestellt werden. Ein entstandenes Überlegenheitsgefühl ist es, das uns dazu erlaubt, über das Leben des Frosches und über sein Leiden und Überleben zu bestimmen wie wir auch dazu in der Lage sind, unter gegebenen Umständen über das Leben anderer Menschen zu bestimmen, wenn sie uns als Minderwertig präsentiert werden. Ob diese Minderwertigkeit moralischer, rassischer oder religiöser Ursprung sei, spielt keine Rolle. Ob die andere Spezies ein Recht auf ihre Andersartigkeit hat, wie auch Menschen es auch besitzen, spielt im Falle einer dargestellten Drohung durch den anderen keine Rolle mehr. Das Gefühl der Gnade kann ein ähnliches Gefühl von Überlegenheit erwecken (Erich Fromm,”Die Kunst des Liebens”). Fromm geht davon aus, dass der Respekt gegenüber einer anderen Art nur möglich ist, wenn wir erkennen, dass der andere auch leidet und Schmerzen fühlt – wie wir auch Angst vor einer stärkeren Art besitzen und Schmerz fühlen. Dieses Gefühl teilen wir mit vielen anderen Tierarten der Welt der Säugetiere. Angst an sich entsteht durch das Gefühl von äußeren Bedrohungen. Wir Menschen haben zusätzliche Gefühle entwickelt, die mit der Entstehung der Kultur in Verbindung sind. Primaten scheinen auch Gefühle wie Stolz und Eitelkeit zu besitzen.
Ich bin kein Tier.
Wirklich nicht? Wir kennen mehrere Beispiele von großen Tieren, die Liebe zu Menschen entwickeln, die sie gerettet haben. Auch Löwen haben es gezeigt. Was bei uns festzustellen ist, bleibt die Ratio, die die Tiere nicht besitzen sollen, sofern wir in der Lage sind, es zu messen oder tiefer zu untersuchen. Eine Person, die meint, dass wir den Tieren vollkommen überlegen sind, ist sich nicht dessen bewusst, wie wir dazu in der Lage sind, unlogisch und widersprüchlich zu denken und zu handeln. Diese Person wird folglich anschließend dazu neigen, die Evolution zu verneinen und alle möglichen Einwände dagegen zu suchen, die ihr plausibel zu sein scheinen und eine Logik dazu erfinden, aber keine ist. Die beste davon ist Gott. Er hätte uns als etwas besseres auserkoren als alles andere in der Welt. Er braucht nur noch einen kleinen Sprung zum Gedanken, dass einige Menschen besser sind als andere unserer eigenen Spezies. Er denkt folglich: “Wir sind besser und gute Wesen und keine Tiere.“
Stolz und Eitelkeit.
Sie sind im Mensch mit Kultur verbunden und sie beziehen alle anderen Gefühle mit ein. Sie sind bei den uns biologisch nahestehenden Primaten zu finden, wie bei Orang-Utans, Schimpansen und Gorillas. Nach der Psychoanalyse, aus der sich viele andere Richtlinien ergaben, waren es die Untersuchung und das Verständnis der Tiefenpsychologie und in erster Linie die Gefühle, die wir mit anderen Arten teilen, die mit uns verwandt sind.
Nach Freud sind es die Gefühle, die trotz aller rationalen Erwägungen unsere Seele enthüllen, die die Tiefe unseres Daseins enthüllen. Einem Überlegenheitsgefühl kann ein Minderwertigkeitsgefühl zugrunde liegen, und umgekehrt.
Jeder Einzelne ist in Wirklichkeit ein Universum von Gefühlen, die sich nicht als stabil und beständig erweisen, wie wir uns selbst gerne vorstellen. Es sind gesellschaftliche Begebenheiten von kulturellem Einfluss , die zu unterschiedlichen Einstellungen führen. Der Verstand ist es, der den Menschen von Tieren unterscheidet. Der Verstand sollte von einem humanistischen Standpunkt sein, der die Menschen zur Verantwortung, zum Schutz der Schwächeren bewegt, und nicht das Gegenteil. Die Führung des Verstandes zum Gefühl der Überlegenheit durch bewusste eingesetzte Manipulation wird erfolgreich, wenn sie auf religiöse Gruppierungen, Rassen und Nationen zielt. Diese Führung wird durch das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Erschaffung von einer oder mehrerer Identitäten erreicht, die Stärke vermittelt.
Ein Faschist braucht unbedingt das Gefühl der Überlegenheit, weil er sich bestätigen muss. Auf dem Grund dieses Bedürfnisses steht die Angst, die er nicht anerkennt, die er durch die Schwäche des Einzelnen in der Gesellschaft empfindet. Daher ist der Faschist nicht nur ein schlichter Ignorant, sondern jemand, der einiges nicht weis, eil er nicht wissen will. Eine gewisse individuelle Schwäche in der Welt ist jedem Menschen seit seiner Geburt gegeben. Es interessiert den Faschisten ein tieferes Begreifen der Natur und ihrer Gesetze nicht, im Gegensatz zur Herausforderung, die uns als Wissende die Verantwortung auch über den anderen nahe legt. Er muss diese rationalen Argumente abschlagen und eine eigene Logik haben, die sich behaupten lässt und ihn in seiner Überzeugung von Überlegenheit vor den anderen ihm unterlegenen und schwächeren an erster Stelle stellt! Die zusätzliche Stärke findet er in der Menge, die ein ähnliches Gefühl mit ihm teilt. Gefühle müssen sich nicht auf rationalem, wissenschaftlich erforschten Boden gründen. Einmal gefühlt, und diese Gefühle kommen hoch. Wir sind besser! Der andere ist ein hässlicher Frosch, und ich bin überlegen.
Parallelen in unterschiedlichen Ländern und Völkern.
Wenn es klar ist, dass der Faschismus eine kulturelle Angelegenheit ist, die sich irrational zu einer unwiderlegbaren vorbestimmten Idee mit Gefühlen verbindet, muss es auch klar sein, dass er in vielen anderen Völkern Parallelen haben kann. Es wird dazu eine imaginative Idee notwendig, die das Gefühl der Überlegenheit vermittelt. In Bezug auf Religion kann es jegliche Religion treffen. Eine Tribus im Urwald kann es entwickeln, ihre Götter erfinden, Untermenschen an einer anderen Tribus sehen, die sie vernichten soll, um ihre eigene Existenz zu sichern.
Anderswo in der Welt, in einem anderen Kontinent und bei einem Volk das vielzählig und daher auch vielfältig ist, weil es eine Geschichte hat die nicht dieselbe ist wie die europäische, jedoch mit dem Kolonialismus zusammenhängt, geschah es, dass vor sechs Jahren eine Frau mit ihrem Fahrer erschossen wurde. In ihrem Auto wurden achtzehn Schüsse abgegeben und beide starben. Sie hieß Marielle Franco und war in den Stadtrat ihrer Stadt gewählt worden. Ihre Tätigkeit zuvor war es, sich um die Ermittlung von Morden an Minderjährigen straftätigen Kindern zu kümmern, die in ihrer Stadt verwahrlosten. Die Nachricht von ihrer Ermordung löste Empörung nur unter einem Teil der lokalen Gesellschaft aus. Ein anderer Teil, von dem man nicht weis ob er sogar größer war, hatte eine andere Haltung dazu: es war egal, gleichgültig, und als dieser Teil, der andere politische Richtlinien für das hier besprochene Land vertrat, wurden alle Ermittlungen über den Mord von Marielle blockiert, mehrere Polizeichefs von ihren Posten verlegt, wenn sie sich weiter mit ihrem Fall beschäftigen. Später wurden Politiker gewählt die Plakate mit der Aufforderung zerrissen, den Mord von Marielle zu klären – und unter ihnen ein Landes Gouverneur. Welche Gefühle es waren, die viele Menschen bewegten, die eine solche Haltung unterstützen, war innerhalb einiger Zeit klar.
– Sie war eine lesbische schwarze Frau und musste in etwas drinnen stecken, wo sie nicht sein sollte. Das ist unerträglich und wir halten es nicht mehr aus, war der Gedanke dahinter.
– Es wäre besser, wenn man diese Sache mit wirksamen Mitteln löst und die Armee in die ärmeren Stadtgebiete und in die Slums gehen sollte – was geschah – dann wäre das Problem bald gelöst.
– Sich mit Problemen von Menschen zu beschäftigen, die von unten kommen, es zu untersuchen, ist Sache von Kommunisten, und es stellt sich dann bald heraus , dass sie auch darin verwickelt sind, und es wird alles unter den Teppich kehren.
– Das alles hat mit unserem normalen Leben (!) nichts zu tun, und wir sollten es einfach lieber vergessen.
Marielle Franco war eine Person, die sich anderen Menschen widmete. Sie war lesbisch und Schwarz und hatte eine männliche Erscheinung. Für den Geschmack vieler Männer war sie sexuell nicht attraktiv. Sie war ein hässlicher Frosch.
Die Aufklärung des Mordes an Marielle Franco und ihren Fahrer boomt gegenwärtig in der Weltpresse. Die unabhängige Justiz, die von der Regierung Lula in Brasilien wiederhergestellt wurde, erklärte den Fall. Marielle wurde auf Befehl von zwei Politikern des rechten Sektors von Rio de Janeiro ermordet, die sie auf ihrem Weg sahen. Sie engagierte sich für die Ausgabe von Gebieten, die dem Bau von Sozialwohnungen übergeben werden sollten, während die zwei Politiker diese Gebiete an Wohnungsbau-Spekulanten verkaufen wollten, von denen sie ihren Anteil an Bestechung erhalten sollten. Der Polizeidirektor der Stadt Rio de Janeiro, der künftige Vize der erneuten Kandidatur von Jair Messias Bolsonaro, der einen Tag vor dem Mordfall eingesetzt wurde, General Braga Neto, blockierte fortan alle Ermittlungen, während alle diese Ermittlungen und gefundenen Beweise in seine Hände gingen. General Braga Neto wurde vom damaligen Präsident Bolsonaro Kommandeur einer militärischen Aktion in den Favelas von Rio de Janeiro um den Drogenhandel zu bekämpfen, an der eine noch ungeklärte Anzahl von Menschen starben, darunter Kinder, und einige davon nur Kinder die unterwegs zur Schule waren. Milizen herrschen in diesen Vierteln. Einige davon stehen den brasilianischen Faschisten Bolsonaro nah, und diese erklären sich jetzt als Opfer von kommunistischer Verfolgung! Die Justiz, die sie anderen zum Schutz eigener Interessen verweigerten, ist jetzt deren Henker!
Die Anwesenheit des Drogenhandels in den Favelas von Rio de Janeiro ist eine Wirklichkeit, die seit Jahrzehnten problematisch ist. Die dort lebenden Menschen sind Geisel des Drogenhandels und Opfer der Angriffe der Militärs, die oft keinen Unterschied sehen zwischen den Menschen, die ein normales Leben führen wollen – sofern unter diesen Zuständen ein normales Leben geführt werden kann – und den Menschen, die vom Drogenhandel durch Ausweglosigkeit eingenommen wurden. Dass vor fünfzig Jahren eine Militärdiktatur diese miserablen Zustände nicht wahrnahm, sogar verachtete und sie dadurch stets größer wurden, interessiert viele nicht. Die Jüngsten wissen nichts oder wenig davon. Die USA unterstützte die Diktatur und Westeuropa billigte sie. Südlich der Vereinigten Staaten von Amerika gab es nur Bananenrepubliken.
Fazit.
Zu den Zeiten der westlichen Bundesrepublik Deutschland war es gewöhnlich, Europäer auf Urlaubsreisen zu finden, die in Mittel- und Südamerika in Luxus-Hotels gastieren und von den lokalen Arbeitern von dieser Branche sich gerne königlich bedienen ließen. Sofern, das es ein Teil der Tourismusbranche ist, die von diesen Personen lebt, wie es in der ganzen Welt geschieht, ist dabei nichts einzuwenden. Es war jedoch nicht ungewöhnlich und auch nicht wenig bekannt dass einige dieser Touristen in den Städten des Südens auf Prostitutions-Tour stehen. Bis 2002, als Lula zum ersten Mal Präsident wurde, gab es keine Kampagne gegen die Prostitution von Minderjährigen, worauf viele dieser Sex Touristen standen. Dazu taugten die Bananenrepubliken wohl. Es gab dann keinen hässlichen Frosch und keine minderwertige Kultur mehr.
Noel Nascimento-Filho
Studierte Musik an der Hochschule der Künste Berlin und an der Westfälischen Hochschule für Musik der Universität Münster. Wirkte in Brasilien auch als Dozent und Kunst, Kultur und Literaturkritiker. Lebt zur Zeit in Curitiba Brasilien.