Die Pyramiden
Die Pyramiden. Manchen zufolge ein Symbol für die einzige wahrhaftige Gesellschaftsordnung: oben eine golden Spitze – und darunter der Rest, mit verschiedenen Funktionen, die die Spitze tragen dürfen. Darum – so andere – ist die Pyramide auch auf dem Dollarschein, um den Restbürgern zu zeigen, wie der Hase laufen soll. Den Pharaonen dürfte das Symbol gefallen haben: Tag für Tag sehen ihre Sklaven, was Sache ist – ewig und für alle Zeiten.
Mir scheint aber die Galeere ein sinnigeres Symbol zu sein. Unten die Ruderer, ohne die sich nichts bewegen würde. Dann die Peitschenschwinger, die für gute Laune sorgen. Die Trommler, die für Struktur sorgen. Die Wachen, die dafür Sorgen, dass die Gedanken auf Spur bleiben. Oben der Kapitän samt Steuermann und seine Laufburschen, Köche, der Arzt, Tänzerinnen. Und hinten am Schiff: der Typ, der Wasserski fahren möchte. Unter den Ruderern gibt es nun spezielle Typen – die Feigen zum Beispiel. Ganz nach dem Motto: „Wir sind Ruderer, unsere Väter waren schon Ruderer, unsere Großväter waren Ruderer und unsere Kinder und Enkel werden auch Ruderer sein“. Jede Kritik am Galeerensytem wird von ihnen gleich als Jammerei abgetan, als unmännlich: toxische Männlichkeit kann man. Niemand mag sich die Frage stellen, warum denn Trommler und Einpeitscher nicht auch mal rudern möchten, wenn das doch so toll ist. Klar gibt es auch die Sprüche, dass ja nur der Kapitän weiß, wo es langgeht – und wehe, man merkt mal an, dass es ohne Kapitän gar nirgendwo hingehen müsste. Und von dem Wasserskityp merkt man ja gar nichts – außer am Takt der Trommel. Und selbst wenn, so hieße es: ja, der hat ja alles finanziert! Und der Kapitän hat die Galeere gebaut! Und ohne Galeere hätten wir keinen Arbeitsplatz, keine Wassersuppe, keine Struktur im Alltag, würden womöglich Depressionen kriegen. Außerdem regnet es nicht rein – und wir sind sicher vor Piraten. Dass es die gar nicht geben würde, würde man nicht auf dem Meer herumschippern – wer wagt noch so zu denken? Und wenn dem Typen auf den Wasserskiern mal langweilig wird und er es richtig krachen lassen möchte: ja, dann rammt er mal ein anderes Schiff. Rammgeschwindigkeit reicht auch für Wasserski. Schon mal daran gedacht, warum der Rammsporn von Galeeren so ziemlich weit unten ist? Der trifft nur die Ruderer. Die sind auch angekettet – geht also was schief, sind die weg.
Natürlich trägt das Beispiel nicht ganz für eine große Gesellschaft, wir müssen uns eine Generationengaleere denken, wo die Alten nicht einfach über Bord geschmissen werden – so wie die Neugeborenen. Unsere Galeere ist auch riesig – es gibt viele Nischen für Künstler, die Trommler, Einpeitscher und den Kapitän unterhalten. Und Bürgergeld, dass die kritischen Ruderer still halten soll. Immerhin geht es vorwärts und es gibt noch Wassersuppe und man hat trocken im lichtlosen Loch.
Was daran zu ändern, scheint fast unmöglich, weil die Köpfe der meisten Ruderer die Pyramide anbeten. Da kommen religiöse Gefühle ins Spiel, erst recht, wenn die Pyramide noch einen Namen bekommt: Deutschland zum Beispiel. Oder USA. Oder Ukraine. Da rudert man aus Begeisterung für Deutschland gleich nochmal extra heftig, weil es ja „unsere“ Galeere ist.
Und es gibt ja auch keine Alternative für die Pyramide, das wussten schon die Ägypter. Nur die Faulen träumen noch von sanften Nächten am Strand, von Liebe, Musik und Tanz … also dem Alltag des Oberdecks … wiewohl man da wohl keinerlei Liebe finden dürfte, liegt aber am Arbeitsplatz. Wir sind halt Untermenschen und stolz darauf, schauen täglich neidisch bewundernd auf die goldene Spitze der Pyramide, die auf den Bertelsmannpartys frech abtanzt und deren blaues Blut sie zu etwas ganz besonderem macht – und treten uns selber in den Dreck, weil wir da halt hingehören .. oder?
Und wer nun wissen will, warum die alle immer wählen wie sie wählen, kann wohl mit der Galeere was anfangen. Aber das ist halt das beste Deutschland aller Zeiten – wir können den Kapitän wählen, der bestimmt den Steuermann, den Trommler und die Einpeitscher. Früher wurde der Kapitänsposten bequemer Weise einfach vererbt, weil völlig egal ist, wer die Spitze verwaltet.
Mit Merz wird das dann wohl etwas heftiger: die Schlupflöcher werden geschlossen, es fallen wieder Minderleister Nachts von Bord – leise, still und heimlich – und es wird wieder gerudert, bis die Leute tot umfallen. Kein weichlicher links-grün-versiffter Schutz von Alten mehr, wir sind knallhart, echte Kerle halt. Zwar alle auf der Galeere, fern vom Strand – aber sicher vor anderen Galeeren. Bis halt der Eigner mal wieder Lust hat, es richtig krachen zu lassen. Oder?
Scheint übrigens bald richtig heftig zu krachen: Warren Buffet hortet Geld wie nie zuvor – und investiert nicht mehr. Das deutet auf einen ganz großen Knall hin. Also – so was wie die Superebbe. Galeere liegt auf Grund. Ich denke aber, unsere besten Knalltüten werden dann auch noch rudern, was das Zeug hält. Es gilt halt: Hauptsache Arbeit! Oder?
Der Eifelphilosoph