Wieder mal großes Geschrei
Rekord bei Großinsolvenzen. Interessiert kaum einen, kaum einer liest weiter. Ist auch gut so, denn ganz vorne bei den Insolvenzen liegen: Krankenhäuser. Zwei Drittel der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Das überrascht, sind doch nur noch 28 Prozent aller Krankenhäuser in öffentlicher Hand. Werden jetzt mehr, denn: die Kommunen sind in einigen Fällen eingesprungen, um Insolvenzen zu verhindern. Der Versuch, mit Krankenhäusern groß abzuräumen, scheint gescheitert. Nicht alles ist kapitalisierbar – und bei Gesundheit sollte man sowieso Mammon und Ethik nicht vermischen, das wird nie gut. Das merken jetzt gerade viele Patienten an ihren fehlenden Organen, Brüsten und Gliedmaßen. Wieso? Nun: zur Finanzierung der Krankenhäuser wurden viele unnütze Operationen gemacht, seit Einführung der Fallpauschalen 2003 stieg die Zahl der jährlichen Operationen um 3 Millionen (mal ganz grob gerechnet). Das wären im schlimmsten Fall 60 Millionen Operationen.
Nun stehen wir vor einer Situation, in der viele Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden: wir opfern dem Gott Mammon Menschenleben. Mal wieder. Hört sich so gesehen völlig schräg an, ist aber so – im Prinzip. Der Gewinn weniger geht über das Leben vieler: das ist unser neues gesellschaftliches Grundprinzip, das wir nur in schönere Worte fassen und manchmal einfach nur „Wettbewerb“ nennen.
Krankenhäuser aber – sind elementar wichtig. Mal ehrlich: wem hat der Hausarzt schon mal das Leben gerettet – und wem das Krankenhaus? Hausärzte leben von der medizinisch ungebildeten Bevölkerung und kassieren dafür im Schnitt 7195 Euro im Monat. Das ist Chefarztniveau. 110 000 hatten wir davon 2022. Brauchen wir die wirklich – vor allem, da die in erster Linie an Privatpatienten verdienen? Immerhin geben wir als Gesellschaft inzwischen die irrsinnige Summe von 474 Milliarden aus – ein Spitzenwert in Europa. Dafür haben die anderen Länder eine höhere Lebenserwartung. Sieht da jemand den Zusammenhang mit den Operationen? Schade, das iatrogene – also vom Arzt verursachte – Todesfälle in Deutschland gar nicht gezählt werden: das Bild könnte klarer sein.
Wie wäre es, wir bilden mal alle Bundesbürger medizinisch weiter – nicht nur durch die Bunte und die Apothekerzeitung? So dass der Bürger selbst weiß, wann es eng wird und nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt muss. 90 Prozent aller Besuche beim Allgemeinmediziner wären so einzusparen: die haben nichts, wissen es nur nicht – erzählte mir mal ein Internist. Aber natürlich müssen Ärzte auch arbeitspolizeiliche Aufträge erfüllen: für den Arbeitgeber bestätigen, dass der Patient krank ist. Wäre dafür, dass der Arbeitgeber das auch selbst bezahlt – da kann man auch schon sparen.
Natürlich alles heikle Themen, aber was Gesundheit angeht, bezahlen wir einen Maserati und fahren einen alten Golf. Kriege ich dann mit, dass man inzwischen beim Kardiologen 8 Monate warten muss – trotz möglicherweise lebensbedrohlicher Ereignisse – dann wird mir klar: das System ist tot. Wir bräuchten mehr Krankenhäuser, viel mehr. Und den niedergelassenen Bereich womöglich gar nicht mehr. In der DDR kam man auch ohne ihn aus.
Nur zum Vergleich: 2000 waren es noch 214 Milliarden, die das System verschlungen hat. Jetzt: 474. Und trotzdem gibt es immer weniger Krankenhäuser (2000: 2240, 2022: 1893), wo die wirklich kranken Menschen Heilung finden. Oder unnötige Operationen. Dafür haben wir immer mehr niedergelassene Ärzte – die die ernsten Fälle sowieso ins Krankenhaus schicken.
Ja, ich weiß: Zahlen sind langweilig. Unterhaltsamer wird es, wenn man mal richtig krank ist und einen Arzt braucht, aber nur eine Überweisung bekommt. Oder mit frischem Herzinfarkt drei Stunden bis zum nächsten Krankenhaus braucht. Also: braucht man dann nicht mehr. Das hat sich dann unterwegs erledigt.
Und da darf man sich ruhig mal ein paar Zahlen zu Gemüte führen, denn: wir arbeiten bald nur noch für Arztgebühren. Aber … so krank sind wir gar nicht, dass sich das lohnen würde. Oder?
Der Eifelphilosoph