Gedanken zum Buch von Hannah Arendt: „Über die Revolution“ – Die Unfähigkeit des jetzigen Systems, mit der Kriegsfrage fertig zu werden (Teil 5)

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[Der Aufstand 17/25, Seite 4]

Gedanken zum Buch von Hannah Arendt: „Über die Revolution“ (Teil 5)

Einleitung – Krieg und Revolution (Seite 4-18)

Die Autorin führt am Anfang ein Zitat von Lenin an, das Kriege und Revolutionen das Gesicht des zwanzigsten Jahrhunderts bestimmen würden. Krieg und Revolutionen stünden immer noch im Zentrum politischen Geschehens. Weiter stellt sie die Frage, ob es sein könnte, das unsere gegenwärtige Unfähigkeit, mit der Kriegsfrage fertig zu werden nur besagt, dass wir auf Grund unserer Überlieferung noch einfach außerstande sind, außenpolitisch auch nur zu denken, ohne das Hilfsmittel einer „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ als die ultima ratio allen Handelns in Betracht zu ziehen. Dafür ließen sich immerhin einige Anzeichen erkennen.

Da ist erstens die Tatsache, das die totale Kriegsführung praktisch mit dem Ersten Weltkrieg begann, insofern damals bereits die Unterscheidung von Militär und Zivilbevölkerung nicht mehr respektiert wurde und zwar nur aus technischen, nicht aus ideologischen Gründen. Nun ist dieser Unterschied selbst relativ modern, und seine Aufhebung besagt nicht mehr, aber auch nicht weniger, als das wir nun glücklich wieder da angelangt sind, wo Rom Karthago dem Erdboden gleichmachte. Aber unter modernen Verhältnissen kommt diese Wiederkehr des totalen Krieges, wie wir ihn aus dem Altertum kennen, doch eine erhebliche politische Bedeutung zu. Sie steht nämlich in offenbarem Widerspruch zu der Grundannahme, auf der in allen modernen Staaten das Verhältnis von Armee und zivilem Staatsapparat beruht: das es nämlich die Aufgabe der Armee sei, die Zivilbevölkerung zu schützen und zu verteidigen.

Innenpolitisch gesehen, könnte man durchaus die Geschichte des Krieges in unserem Jahrhundert, als die immer deutlicher in Erscheinung tretende Unfähigkeit der Armee darstellen, diese ihr ursprünglich zukommende Funktion zu erfüllen. Jedermann weiß, das in einem künftigem Kriege die Armee vermutlich weniger Verluste erleiden wird als die Bevölkerung und die Strategie der Abschreckung setzt ganz offen voraus, dass das Militär nicht so sehr die Aufgabe hat, das Land gegen den Feind zu schützen, als sich an ihm für die bereits stattgefundene Vernichtung zu rächen.

Meiner Meinung nach können wir die fehlende Respektierung des Unterschiedes zwischen Militär und Zivilbevölkerung besonders gut ab dem Zweiten Weltkrieg sehen: Hamburg, Berlin, Dresden als Beispiele umfassender Bombardierung und Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Vietnam, Irak und in unseren Tagen: Gaza, Westjordanland, der Libanon, Jemen, Syrien. Immer waren und sind unsere heutigen „Bündnispartner“ aus Washington und London für Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung bereit.Passend dazu ein paar Zitate aus dem Buch von Hanna Arendt (Seite 14 bis 15):

Eng verwandt mit dieser Perversion im Verhältnis von Zivil und Militär ist zweitens die kaum beachtete, aber sehr bemerkenswerte Tatsache, dass wir es eigentlich bereits seit Ende des ersten Weltkrieges für selbstverständlich halten, dass keine Regierung und keine Staatsform stark genug sind, eine Niederlage im Krieg zu überleben. Man könnte diese Entwicklung bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückverfolgen, bis zu dem Augenblick jedenfalls, als der Deutsch-Französische Krieg in Frankreich die Transformation des Zweiten Kaiserreiches in die Dritte Republik erzwang; und die Russische Revolution von 1905, die unmittelbar auf die Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg folgte, war sicher nicht geeignet, die Staaten in der Zuversicht in die eigene Lebensfähigkeit im Falle einer Niederlage zu stärken. Jedenfalls dürfte heute feststehen, dass revolutionäre Umwälzungen, sei es von innen wie nach dem Ersten Weltkrieg, sei es von außen wie nach dem Zweiten Weltkrieg, nebst Forderungen nach bedingungsloser Kapitulation und der Errichtung von Kriegsgerichten durch den Sieger die sicherste Konsequenz jeder militärischen Niederlage sind, die nicht mit völliger Zerstörung geendet hat. Dabei dürfen wir hier die Frage außer Betracht lassen, ob dieser unheimliche Tatbestand einer so entscheidenden Schwächung des Staates dem allgemeinen Autoritätsverlust der Neuzeit zuzuschreiben ist oder ob es eben keinen Staat und keine Regierung geben kann, und seien sie noch so fest verankert in dem Vertrauen der Bürger, die dem furchtbaren Gewaltstrom einer modernen Kriegsführung standzuhalten vermögen. Auf jeden Fall lohnt sich festzuhalten, dass es in Kriegen politisch bereits um die nackte Existenz ging, als noch niemand etwas von den neuen entsetzlichen Entwicklungen des Atomkrieges ahnte, die auch das biologische Leben in Frage stellen. Dies aber heißt, dass der Krieg überhaupt die Existenz aller Staaten und aller Regierungen in Frage stellt.“

Im deutschen Volk wird die Illusion geschürt, dass mit umfassender Aufrüstung und „Kriegstüchtigkeit“, die Zivilbevölkerung einem totalen Krieg entgehen könnte. Vorher aber wird der “Feind“, der “Teufel“, schwerstens provoziert, am Bart gezupft, umzingelt und eventuell auch mal mit Marschflugkörpern Namens „Taurus“ angegriffen.

Die beste Friedensmaßnahme und Abrüstung ist es, die amtierenden Kriegstreiber aus allen Ämtern zu entfernen. Wer wie Kanzlerkandidat Merz, Russland mit Raketen angreifen und beschießen will (die „Taurus“ von der Bundeswehr mit entsprechenden Zielkoordinaten versehen und jeweils speziell programmiert, formal von der „unabhängigen“ ukrainischen Armee abgefeuert), darf in Deutschland kein einziges politisches Amt innehaben.

Hans-Peter Beneke


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Von Redaktion

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