Links-Rechts-Verwirrung! Woher kommt diese Spaltung?

Links-Rechts-Verwirrung! Woher kommt diese Spaltung?

[Der Aufstand 21/23, Seite 5]

Alle Gesellschaften auf diesem Planeten, mit Ausnahme indigener Kleinstgesellschaften in abgelegenen Gebieten, sind gegenwärtig primär gespalten durch ihr Verhältnis zum Eigentum. Alle weiteren politischen Gegensätze und Aufspaltungen bis hin zur totalen Atomisierung der Gesellschaft, in der ein Jeder für sich und seine Privatinteressen und die Lohnabhängigen um ihr soziales und letztlich physisches Überleben kämpfen, und gegeneinander kämpfen, sind direkte oder indirekte Folge der vorbezeichneten Ursache:

EIGENTUM

Eigentum gilt umgangssprachlich als „das was mir gehört“ und bezeichnet rechtliche Herrschaft über Sachen. Es ist global in den Verfassungen aller Staaten verankert, als Eigentumsrecht. „Das was mir gehört“ ist aber nicht das gleiche wie „das was ich brauche oder verbrauche“. Ein Mieter hat z.B. eine Wohnung oder ein Haus in Gebrauch. Das regelt ein Mietvertrag. Er kann nicht mehrere Wohnungen oder Häuser gleichzeitig bewohnen, so wie man nur auf einem Stuhl sitzen kann und deshalb heißt das Wort für die tatsächliche Sachherrschaft über Dinge:

Besitz

Auch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung ist, solange es vom Eigentümer bewohnt wird, in Besitz des Eigentümers und damit Besitz (tatsächliche Sachherrschaft). Der Besitzer kann es nicht verkaufen, weil er es gebraucht, sonst wäre er obdachlos. Erst wenn er zwei Häuser hat und eines dann vermieten (oder verkaufen) kann, wird es zum Eigentum (rechtliche Sachherrschaft). Eigentum ist verkäuflich, Besitz ist unverkäuflich. Dieser Unterschied in der Art der Sachherrschaft über Dinge hat weitreichende Konsequenzen für die Gesellschaftsordnung, je nach Primat in der Verfassung.

Eigentum ist ausschließlich Handelsware und der Teil der Sachherrschaft über Dinge, die über den Eigenbedarf hinaus, für den Eigentümer entbehrlich und daher für den Handel vorgesehen sind. Bei Eigenbedarf nimmt ein Eigentümer „das was ihm gehört“ in Besitz (tatsächliche Sachherrschaft). Dann ist es sein Besitz. Die Basis des Verständnisses der Ökonomie der Eigentumsgesellschaft ist das Verständnis über den Unterschied zwischen Eigentum und Besitz. Marx nannte die Eigentumsgesellschaft, die er untersuchte, „Kapitalismus“. Was aber ist Kapital? Kapital ist Eigentum, ist Handelsware im Handel gegen die Ware Arbeitskraft. Denn arbeiten muss, wer über seinen Besitz an Hirn, Nerven und Muskeln nichts weiter hat mit dem er handeln kann, außer eben mit diesem, mit seiner Arbeitskraft, die er sodann an einen Eigentümer verkaufen muss, um das zu bekommen, was er zum leben braucht (in Besitz nehmen kann) um seine Arbeitskraft erhalten zu können. Somit wird er vom Eigentümer abhängig. Die Gesellschaft spaltet sich in

Lohnabhängige und Eigentümer

Der Mieter eines Hauses, muss für den Eigentümer arbeiten. Der Bezieher von Strom und Wasser, muss für die Eigentümer arbeiten. Lohnabhängige „Verbraucher“ müssen also für die Eigentümer gesellschaftlich produzierter Güter arbeiten. Und zwar arbeiten für seinen Lohnherren, einem Eigentümer.

In jedem Eigentumsrecht, auch in sogenannten „sozialistischen Staaten“ (Staatseigentum), spaltet sich daher die Gesellschaft ökonomisch und politisch in Lohnabhängige und Eigentümer. Dies zu verstehen ist Voraussetzung, um die Vorgänge im global herrschenden

Eigentumsrecht

und somit

das System der Lohnsklaverei

zu verstehen und die gesellschaftliche Alternative zu dieser Unfreiheit, die Alternative der Freiheit zu verstehen, die nur aus einem Rechtssystem hervorgehen kann, das „das was mir gehört“ auf Eigenbedarf und Eigenverbrauch begrenzt und daher

Besitzrecht

heißt und somit verbietet, dass Einzelne den Bedarf Anderer gewaltsam beschlagnahmen (aneignen) können um von diesen Anderen Arbeit für sich abzupressen. Im Besitzrecht ist Eigentum Diebstahl. Denn die Aneignung Einzelner aus dem gesellschaftlich Produzierten ist Diebstahl. Das ist eine Frage der Änderung der Verfassung, in der dafür anstatt Eigentum das Wort Besitz Einzug halten muss und eine Verfassung ist nur dann eine solche, wenn sie vom gesamten Staatsvolk in freier Entscheidung beschlossen worden ist. Ein Besitzrechtssystem setzt Radikaldemokratie voraus, um gesellschaftlich produzierte Güter und Naturschätze gleichberechtigt in Besitz nehmen zu können. Linke Politik kümmert sich also genau um diese Verfassungsänderung oder ist keine linke Politik. Die Verfassung zu ändern ist ein friedlicher Akt und in Deutschland z.B. ausdrücklich in Artikel 146 des Grundgesetzes nicht nur erlaubt, sondern sogar vorgesehen.

Die Positionen politisch Links und politisch Rechts sortieren sich wie Eisenpartikel in einem elektrischen Feld ganz automatisch, sobald die spannende Frage nach dem politischen Verhältnis zum EIGENTUM angelegt wird. Diese Frage klärt sofort die Fronten, weil sich damit auch das Verhältnis zur Lohnsklaverei klärt: Dafür oder Dagegen? Es gibt nichts dazwischen!

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Wer hat welche Position: entweder zur Abschaffung der Lohnsklaverei für eine Gesellschaft der Gleichen (Links) oder Verteidigung der Lohnsklaverei (Rechts) für eine Gesellschaft der Ungleichheit, für Besitzrecht (Links) oder für Eigentumsrecht (Rechts)? Wer darauf nicht antworten will, oder alle möglichen Ausreden auftischt, nur um diese wichtigste aller wichtigen Fragen nicht beantworten zu wollen, weil er/sie vielleicht von den herrschenden Machthabern gemocht werden möchte, hat seine wohlüberlegten politisch rechten Gründe dafür und ist politisch Rechts einzuordnen.
Die politischen Begriffe „Links“ und „Rechts“ gehen auf eine Etymologie zurück, dass links im Parlament das Kleinbürgertum saß und immernoch sitzt und rechts der Adel (heute das Großbürgertum). Natürlich sind die Lohnsklaven und ihre Organisationen fast nie in Parlamenten vertreten und würde man unter „Links“ die Abschaffung des Eigentumsrechts und der Lohnsklaverei verstehen, dann gäbe es in keinen der existierenden Parlamente auf diesem Planeten ein „Links“ mit linker Politik. Deshalb hinken die Begriffe „Links“ und „Rechts“. In Wahrheit sind also alle Parlamente Rechts und in einem radikaldemokratischen Rätesystem gäbe es gar kein Links oder Rechts. Denn es gäbe keine Paralmente, kein Eigentum, sondern nur Besitz und Besitzrecht und radikale Demokratie.

Gut sein möchten alle Menschen, auch im politisch rechten Lager. Und deshalb, weil alle „Linken“ für sich in Anspruch nehmen möchten gut zu sein, vor allem die „Linken“, die ihre Position zum Eigentum umschiffen oder verschweigen wie z.B. Sahra Wagenknecht, genau deshalb nehmen die „guten Rechten“ den „guten Linken“ übel, das „Gutsein“ für sich allein in Anspruch zu nehmen. Deshalb sondert das rechte Lager desöfteren den abfälligen Begriff „Gutmenschentum“ ab. Das Bedürfnis nach Anerkennung ist uns Menschen in die Wiege gelegt, weil es in unseren Genen verankert ist, weil wir gesellige Wesen sind. Die Reaktion aus dem rechten Lager auf orientierungslose Linke, die nur gut sein wollen und sonst nichts weiter, ist also erklärbar, und: verständlich. Ein guter Mensch sein zu wollen und auch so wahrgenommen werden zu wollen entspricht der genetisch verankerten Natur des Menschen, was zahlreiche Experimente mit Kleinkindern belegen, wie zum Beispiel Zitat:

Wir spenden Geld, zahlen Steuern und helfen Menschen, die wir nicht persönlich kennen. Diese Studie zeigt, dass selbst Kleinkinder ohne besondere Erziehung zu spontanem altruistischem Verhalten willens und fähig sind.“ (Max-Planck-Gesellschaft: „Altruistisches Verhalten bei Kleinkindern und Schimpansen“)

Jeder Mensch wird als guter Mensch geboren. Was macht ihn böse? Hannah Ahrendt traf dazu eine bemerkenswert klare Aussage, in Auswertung historischer Erfahrungen eines Endstadium-Zyklus der Eigentumsgesellschaft, nämlich der Nazi-Diktatur, Zitat:

Die eigentliche Perversion des Handelns ist das Funktionieren.“ (Hannah Arendt 1964 im Gespräch mit Joachim Fest zum Thema „Die Banalität des Bösen“)

Damit stellt sie, ob gewollt oder ungewollt, jedem Parteien-System ein ziemlich böses Zeugnis aus, denn in jedem Parteiensystem, das politische Macht zentralisiert, herrscht ein strukturelles System von Parteifunktionären. Die Konsequenz dieses Urteils von Hannah Ahrendt, die sogar von den Repräsentanten des Parteiensystems hofiert und verehrt wird, geht so weit, dass sie sich auf jede Undemokratie erstreckt und die sogenannte „Repräsentative Demokratie“ einschließt. Denn jedes Vertreter-System, ist ein Entmündigungssystem, in dem Vertreter über eine Heerschaar funktionierender Funktionnäre und Beamter politische Macht zentralisieren und durch ihre Entscheidungen funktionierende Machtapparate gegen das Volk in Anschlag bringen, mit Hilfe von Apparaten, in denen jeder einzelne Mensch nur ein funktionierender Mensch sein kann, weil er nur durch unterdrücktes Selbstdenken funktionieren kann. Um darüber hinweg zu täuschen und ihr System als das der Guten darstellen zu können, errichten Undemokraten sogar Hannah-Ahrendt-Gedenkstädten, benennen Straßennahmen und Gymnasien nach ihr, ohne sich überhaupt darüber im klaren zu sein, dass sie damit der Forderung nach Selbstdenken gedenken, um sich mit „radikaldemokratischen“ Federn zu schmücken ohne zu merken, dass sie damit sich selbst (das Repräsentativsystem) abschaffen, weil sie das Selbstdenken eben auch nicht besonders gut können.

Die Banalität des Guten liegt also im Selbstdenken und geht so: Selbstgesetzgebung der Gesetzes-unterworfenen! Das ist eine Formulierung der Radikaldemokratin Ingeborg Maus (emeritierte Professorin für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main) für Volksherrschaft (Demokratie).

Radikaldemokratie ist eine Wortschöpfung, um den euphemistischen Diebstahl des Begriffes „Demokratie“ (Volksherrschaft) für autoritäre und autokratische Herrschaftssysteme von ihrem Label „repräsentative „Demokratie““ abzugrenzen und geht schon auf Rousseau zurück.

Im Eigentumsrecht kann Volksherrschaft (Demokratie) niemals funktionieren, denn Eigentum bedeutet rechtliche Sachherrschaft eines Einzelnen und in dem Maß der Akkumulation (Anhäufung) von Eigentum, wie im gegenwärtig wieder erreichtem Endstadium des Zyklus der Eigentumsgesellschaft haben wir es mit Oligarchen zu tun, die sich soviel Eigentum an Naturschätzen und Gütern angeeignet haben, dass sie damit Millionen Menschen beherrschen und sich die Repräsentanten in der „Repräsentativen Demokratie“ auf vielfältige Art und Weise durch Lobbyismus einfach kaufen könnten. Diese Form der soften Diktatur nennt man „Oligarchie“. Eigentumsrecht führt immer zu einer Spirale der Akkumulation (Anhäufung) von Eigentum, die in einer Oligarchie endet, somit kann wie in der Mathematik die Formel aufgestellt werden:

Repräsentanten+Eigentumsrecht=Oligarchie

Im Gegensatz dazu wird nun die Lösung des Problems deutlich:

Volksherrschaft+Besitzrecht=Freiheit

Wäre Volksherrschaft (Radikaldemokratie) Realität, so wären unsere Beherrscher (Oligarchen) sofort entmachtet und ganz gewöhnliche-, vermutlich sogar ganz nette Leute, mit denen man zusammen ein Bier trinken und lachen könnte. Aber solange sie die Masse der Lohnsklaven, Gewerkschaften, Betriebsräte, linke und liberale Organisationen, mit ihrem Herrschaftstrick betrügen können und mit ihrer Spaltungs-Strategie gegeneinander aufhetzen können, und Lohnsklaven gegeneinander aufhetzen können, solange lachen sie über uns, finanzieren ungestört ihre Dekadenz mit dem Blut und dem Schweiß der lohnabhängigen Massen auf Basis ihres Systems der Unfreiheit, das sie „repräsentative „Demokratie““ nennen.

Es geht also um Abschaffung des Eigentumsrechts, folglich der Lohnsklaverei und Ersetzung durch Besitzrecht, weil Besitz an allen für ein menschenwürdiges Leben nötigen Güter Menschenrecht ist und im Besitzrecht nicht enteignet werden kann. Es geht um Abschaffung der Entmündigung durch Vertreter und Ersetzung durch Volksherrschaft (Radikaldemokratie) und damit letztlich um Freiheit – festgeschrieben in einer Verfassung. Wer das nicht im Portfolio seiner politischen Agenda hat, ist nicht Links!

Holger Thurow-N.

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Von Redaktion

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