Ukraine. Man kann es schon nicht mehr hören. Forderungen, Forderungen, Forderungen.
Man könnte fast den Eindruck bekommen, man hätte es mit einem Diktator zu tun – alle anderen bitten nämlich, wenn sie was umsonst haben möchten. Bin ich der einzige, der so ein Sozialverhalten entwürdigend findet? Darf man überhaupt noch daran erinnern, dass die Menschenrechtssituation in der Ukraine durch die 80 (!) Freiwilligenbattalione mehr als bedenklich war?
Aus dem Jahre 2018 finden wir hierzu eine Dokumentation der Bundeszentrale für politische Bildung, die die Verletzungen aufführen: „darunter Entführungen, rechtswidrige Festnahmen, Misshandlungen, Diebstähle, Erpressungen und möglicherweise Hinrichtungen“. Hinrichtungen? Ein weiterer Artikel dazu erwähnt ein paar: „Der Mordversuch an dem Abgeordneten Ihor Mosijtschuk sowie die tödlichen Attentate auf die tschetschenische Aktivistin Amina Okujewa, den belarussisch-russischen Journalisten Pawel Scheremet, den georgisch-tschetschenischen Kremlkritiker Timur Makhauri, den ehemaligen russischen Abgeordneten Denis Woronenkow und den ukrainischen Geheimdienstoffizier Maxim Schapowal sind nur die prominentesten Fälle, in die Mitglieder der Freiwilligenbataillone nachweislich oder mutmaßlich involviert waren.“
Und dann waren da auch die brutalen Überfälle auf die Romasiedlungen im Westen des Landes. Aber da reden wir besser gar nicht drüber, denn: aktuell ist die Ukraine heilig. Das haben auch gerade einige Deutsche gemerkt, die einen Friedensappell initiiert hatten: sie sollen sich mit ihren „senilen Ideen zum Teufel scheren“ – so der Vizeaußenminister der Ukraine (der mit dem Nazi-Opa): spricht man so mit Menschen, von deren Land man dauernd mehr Geld, mehr Waffen, mehr Unterstützung fordert? Warum meinen diese Leute, sich aufführen zu können wie Herrenmenschen?
Warum meinen sie, das Leben hunderttausender Ukrainer einfach so wegwerfen zu können? Ganz baff war ich von dem 12-Punkte-Plan für die Befreiung der Krim – bzw. von den angekündigten Säuberungen. Wer dort mit den Russen zusammengearbeitet hat, wird strafrechtlich verfolgt, Russen, die dort privat Grundstücke gekauft haben, enteignet und verjagt, besonders Staatsanwälte, Richter und Mitglieder der Sicherheitsorgane haben sie im Visier: Ukrainer, die gerne mit Russen zusammenarbeiten. Das es sowas gibt? Ich dachte immer: die Russen bringen alle um? Aber wenn die Krim zurückerobert worden ist, dann …. nun ja: kommen ja vielleicht die Verhältnisse, die man jetzt den Russen andichtet. Wann merkt man im Westen, dass der lebendige Rassismus in der Ukraine ein nicht geringes Problem darstellt?
Man kann ja nochmal nach Odessa schauen, was da so los war. 42 tote Ukrainer – die nicht dem verordneten Antirussismus folgten, zum Teil bei lebendigem Leibe verbrannt. Eine strafrechtliche Aufarbeitung erfolgte nie (siehe LTO vom 2.5.2020). Und das soll jetzt Standard in der Krim werden – mit Unterstützung der deutschen Waffen, während man öffentlich deutsche Bürger mit Verachtung überzieht, weil sie dem Kriegswahn Vernunft entgegensetzen? Lieber wäre mir, wir würden einsehen, dass man sich bei der Einmischung in die Territorialkonflikte der ehemaligen Sowjetunion nur die Hände schmutzig macht, international immer unglaubwürdiger wird und der eigenen Bevölkerung eine wirtschaftliche Last aufbürdet, die diese nicht tragen kann.
Und einen Automatismus, dass jeder, der die Stimme der Vernunft erhebt, sofort als Putinfreund an die Wand gestellt wird, kann und darf es nicht geben: wo käme man hin, wenn man sich seine Meinung von ausländischen Oligarchenpuppen diktieren ließe?
In Zeiten diesen Wahns war der Friedensappell wichtig und richtig: noch gelten die allgemeinen Menschenrechte (außer für Homosexuelle, Roma, Regimekritiker und russischsprachige Menschen in der Ukraine, die weiter ihre Muttersprache sprechen wollen), noch gilt respektvoller Umgang miteinander international als Standard – außer für die Oligarchenzöglinge in der ukrainischen Regierung – die man mal fein von der Bevölkerung der Ukraine unterscheiden darf.
Und diese Bevölkerung … hat Frieden verdient. Über den Rest kann man verhandeln, wenn die Waffen schweigen und der irrationale Hass befriedet wurde – auch über den Abzug der russischen Truppen und Reparationszahlungen. Aber zuvorderst sollte doch gelten: jedes Leben zählt. War doch der Riesenspruch während der Pandemie – der sollte dann doch auch jetzt gelten, oder?
Der Eifelphilosoph
[Der Aufstand 14/23, Seite 17]