Wie kann man für die nächste Generation Zukunft schaffen?

Sitzung des UN-Sicherheitsrates
[Der Aufstand 44/24, Seite 5]
 Sahra Müller

Wie kann man für die nächste Generation Zukunft schaffen?

So, ist ja hier länger ruhig geblieben als erwartet, weil mein Enkel zwei Wochen früher kam als geplant. Der Vorfall wird mich auch noch eine Weile beschäftigen – eine ganze Weile, denke ich. Wenn man nun so frisch gebackener Opa ist, auf ein ganz bezauberndes kleines Menschlein blickt, schleicht sich schon die Frage ein: wie kann man diesem kleinen Wunder Zukunft schaffen angesichts einer Welt, in der sich immer mehr Menschen – auch die von nebenan – im Kriegswahn befinden. Natürlich verteidigen alle nur: das ist das verbale Pflichtprogramm, dass jeder liefern muss: der eine verteidigt dies, der andere das – und alle morden für Freiheit und Frieden. Soweit ist mir das schon klar.

Mir wäre es lieber, die Leute wären offener, würden einfach sagen, dass sie gerne morden und vergewaltigen, einfach so aus purer Lust am Bösen – aber das mag irgendwie kaum einer sagen. Die Taten sind zwar die gleichen wie bei Gewohnheitskriminellen, aber immer schöner verpackt – mit Freiheit, Frieden und dem absolut Guten. Alles kleine Päpste, die da unterwegs sind: unfehlbar, völlig ahnungslos aber meinungsstark. Das reicht heutzutage.

Natürlich könnte man Zukunft schaffen: jeder kennt diese „Memes“, wo eine Riesenmenge an Menschen auf einer Seite einer Schaukel steht – und kleine dicke Geldmenschen auf der anderen. Je nach Mem soll uns das zeigen, wie stark wir sind als Gemeinschaft.

Darf ich dazu mal ein Gedankenexperiment wagen. Nehmen wir mal an, irgendjemand schreibt sich die Rettung der Welt vor dem gnadenlosen, brutalen Raubtierkapitalismus auf die Fahne und ruft zum Aufstand. Finden anfangs alle gut, denn jeder merkt: das System ist so stabil wie unsere Brücken.

Aber was passiert dann?

„Ist der auch geimpft?“ Je nach Antwort brechen da schon mal die einen oder anderen weg.

„Wie steht der zur Ukraine?“ Egal wie: es laufen wieder welche weg.

„Fährt der Auto? Elektro oder Diesel“. Wird gerade einsamer um den glorreichen Helden.

„Was sagt er zu Israel?“ Bald reicht eine kleine Turnhalle, um die Widerständler zu versammeln.

„Geht der überhaupt arbeiten?“

„Hat der gedient?“

„Vorstrafen?“

„Tempo 130 auf Autobahnen?“

„Raucher?“

„Gendert der auch?“

„Hat der einen Hund lieb?“

Am Ende der Distanzierungsrunde kann unser Weltretter die Interessierten in einem Auto nach Hause fahren – und ich hoffe für ihn, dass es die richtige Marke ist.

Auf der anderen Seite: eine perfekt organisierte Gruppe, die über Jahrzehnte hinweg plant – da ist das Leben von Enkeln schon perfekt eingerichtet, die noch gar nicht geboren sind. Privatschulen und Privatuniversitäten sorgen für die korrekte Formung des Nachwuchses. Nebenbei sorgt ein wahrer Urwald von Netzwerken dafür, dass die Masse wie eine Kuhherde mal hierhin und mal dorthin getrieben wird, bis jeder erschöpft und vereinzelt zu Boden sinkt.

Die Legionen Roms sind so nicht besiegt worden. 6000 Mann, hoch diszipliniert, perfekt ausgerüstet, fegen locker 50.000 wilde freie Kelten beiseite (von denen aber jeder für sich alles besser weiß), vor allem, wenn die alle alleine im Wald unterwegs sind.

Und das ist die strategische Situation der Gegenwart: man sollte zusehen, dass man alleine klar kommt, um dem Leben noch etwas Glück abtrotzen zu können, eine Oase schaffen, in denen die Werte der Menschenrechte noch Gültigkeit haben und man sich noch daran erinnert, warum man so was einst erfunden hat – für Frieden und Freiheit, wofür heute Bomben fliegen.

Oder sehe ich da was falsch? Würde meinen Enkel sehr interessieren – der braucht noch Zukunft. Und zwar viel davon.

Der Eifelphilosoph

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Von Redaktion

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