
Auszug aus dem monatlichen Bericht über die allgemeine Situation im Jemen – Januar 2025
Vollständiger Bericht zu finden bei
www.ntfo.org.ye
POLITISCHE EINLEITUNG
1. Falls die Amerikaner und ihre Partner glauben, sie könnten Sanaa weiter unter Druck setzen und das jemenitische Volk würde aus Angst vor den USA, der zionistischen Entität und ihren Verbündeten schweigen, oder ihre Sanktionen hinnehmen – wie es das Regime von Saddam, Gaddafi und andere taten –, dann irren sie sich gewaltig. Die aggressive Politik der USA und ihrer regionalen Verbündeten mag bei den meisten Ländern der Welt funktionieren, aber nicht beim Jemen. Der Jemen muss eine vollständige Ausnahme von dieser Politik darstellen, denn hier gibt es keine Kapitulation.
2. Die dreifache Aggression der USA, Großbritanniens und Israels gegen den Jemen ist nach einem Jahr (vom 12. Januar 2024 bis Januar 2025) gescheitert – genauso wie die US-saudisch-emiratische Aggression, die über ein Jahrzehnt lang erfolglos blieb.
3. Die Wirtschaftsblockade gegen den Jemen dauert seit Beginn der Aggression im Jahr 2015 an. Sie wurde noch verschärft, nachdem die Regierung in Sanaa im Oktober 2023 ihre Unterstützung für Gaza erklärte. Die USA versuchen intensiv, humanitäre Hilfe für das jemenitische Volk zu unterbinden, indem sie Geberländer und Hilfsorganisationen bedrohen. Seit einem Jahrzehnt leidet der Jemen unter einer humanitären Krise, die von den Vereinten Nationen als die schlimmste der modernen Zeit bezeichnet wird – eine direkte Folge des Krieges und der von den USA, Saudi-Arabien und den VAE verhängten Blockade.
4. Um den Angriff und die Blockade gegen Gaza zu stoppen, nutzten die jemenitischen Streitkräfte in Sanaa die (strategische) Karte des Roten Meeres. Dies ist eine große Errungenschaft und Ehre für den Jemen, seine Führung und sein Volk, das die Konsequenzen trägt. Zehn Jahre lang hatte das jemenitische Volk nicht sein Recht auf Selbstverteidigung wahrgenommen, indem es Schiffe der Aggressorstaaten oder mit ihnen verbundene Handelsschiffe blockierte.
5. Es ist nicht das erste Mal, dass die USA die Ansar-Allah-Bewegung als Terrororganisation einstufen. Eine solche Entscheidung ist dumm, denn Ansar-Allah ist das jemenitische Volk – etwa 80 Prozent der Bevölkerung leben unter der Autorität des Obersten Politischen Rates und der Regierung in Sanaa.
6. Die Einschüchterungspolitik der neuen US-Regierung wird die jemenitische Haltung nur verhärten und ihre Präsenz in der Frage der internationalen Schifffahrt und der Straße von Bab al-Mandab stärken. Gleichzeitig wird die Region noch instabiler werden. Die USA und ihre Verbündeten sollten rational handeln – weder ihre Drohungen noch ihre Entscheidungen werden den Jemen davon abhalten, das palästinensische Volk zu unterstützen. All ihre Versuche, eine Aggression gegen den Jemen zu verüben und den Terror ihm und seinem Volk zuzuschreiben, werden den USA nur weitere Niederlagen, Machtverlust und den vollständigen Verlust ihres Einflusses in der Region einbringen.
7. Solange der Waffenstillstand in Gaza noch steht, wird es auch im Roten Meer eine Entspannung geben. Sanaa wird Gaza weiter unterstützen, und alles, was die palästinensische Widerstandsbewegung beschließt, wird vom Jemen unterstützt.
DIE WIRTSCHAFTLICHE LAGE
8. Der Jemen steht aufgrund des anhaltenden Krieges und der Blockade vor enormen wirtschaftlichen und humanitären Herausforderungen. Diese Krise erfordert grundlegende und nachhaltige Lösungen, die mit einer effektiven internationalen Zusammenarbeit beginnen müssen, um die wirtschaftlichen Probleme anzugehen und das Leiden des jemenitischen Volkes zu lindern.
Gehaltsakte
9. Das Jahr 2024 ist vorbei, doch das Leiden der jemenitischen Staatsangestellten dauert an. Mit Beginn des Jahres 2025 hofft man weiterhin auf eine grundlegende Lösung der seit Jahren andauernden Lohnkrise. Die von den USA und Saudi-Arabien angeführte Kriegskoalition weigert sich beharrlich, diese humanitäre Frage zu lösen, und knüpft eine Bearbeitung der Lohnzahlungen sogar an die Bedingung,
dass Sanaa seine Unterstützung für Gaza einstellt. Seit der Verlegung der Zentralbankverwaltung von Sanaa nach Aden im August 2016 erhalten etwa 1,2 Millionen Staatsbedienstete keine Gehälter mehr.
10. Um die Not der Bevölkerung zu mildern, hat die Regierung in Sanaa eine vorübergehende Sonderregelung eingeführt, die staatlichen Angestellten in den von ihr kontrollierten Gebieten die Hälfte ihrer Gehälter auszahlt. Dies soll die psychische Stabilität der Beschäftigten verbessern; den Bildungssektor stärken; den Wert der nationalen Währung stabilisieren und die Wirtschaft ankurbeln.
Kassenlage der jemenitischen Währung:
11. Die jemenitische Währung in den von Saudi-Arabien und den Emiraten besetzten südlichen Gebieten erlebte einen kontinuierlichen Zusammenbruch. Der Wechselkurs des US-Dollars überstieg 2200 Jemen-Rial und der Wechselkurs des Saudi-Rial 580 Jemen-Rial. Im Gegensatz dazu stabilisierte sich der Dollarkurs in Sanaa bei 534 Jemen-Rial. Die anhaltende US-Wirtschaftskrieg und -blockade gegen den Jemen
12. Seit über zehn Jahren dauert die von den USA, Großbritannien, der zionistischen Entität und ihren saudisch-emiratischen Verbündeten geführte Wirtschaftsblockade an. Sie zielt darauf ab, die Infrastruktur, Produktionsstätten und Dienstleistungseinrichtungen des Jemen zu zerstören. Das hat zu einem beispiellosen wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Zusammenbruch geführt.
13. Während Israel mit diplomatischen, militärischen und finanziellen US-Unterstützung in Gaza wütet, bestraft die USA das jemenitische Volk, das Gaza gegen den von Israel begangenen Völkermord unterstützt, durch die Einstufung von Ansar-Allah als eine terroristische Bewegung. Damit wird faktisch das gesamte jemenitische Volk als „terroristisch“ gebrandmarkt. Dies ist eine skrupellose Machtdemonstration, bei der Washington sein internationales Gewicht ausspielt, um andere Staaten und Völker zu erpressen. Die Folgen für den Jemen sind verheerend – insbesondere für die Wirtschaft und das tägliche Überleben der Zivilbevölkerung:
• Unterbrechung internationaler Geldüberweisungen in den Jemen.
• Zusammenbruch des Bankensektors im Jemen.
• Abneigung globaler Finanzinstitutionen, aus Angst vor US-Sanktionen, mit dem Jemen zu handeln – selbst für humanitäre Zwecke.
• Rückgang lokaler Bankgeschäfte aufgrund von Stabilitätszweifeln.
• Erhöhte Transport- und Versicherungskosten für Importe aufgrund von Kriegsrisiken.
• Wertverlust des jemenitischen Rial.
Die (un) direkten wirtschaftliche Verluste von neun Jahren Krieg gegen den Jemen:
• Zusammenbruch produktiver Sektoren wie Landwirtschaft und Industrie durch fehlende Rohstoffe und hohe Kosten.
• Explodierende Preise für lokale und importierte Güter, besonders Lebensmittel und Treibstoff.
• Ruin kleiner Unternehmen aufgrund der Schwierigkeiten bei der Finanzierung oder dem Umgang mit den Banken.
• Reduzierung internationaler Hilfslieferungen, von denen ein Großteil der Bevölkerung abhängt.
• Blockade lebenswichtiger Importe wie Medikamente und Nahrungsmittel.
• Verschärfung der humanitären Katastrophe, die ohnehin schon durch zehn Jahre Krieg verursacht wurde.
DIE HUMANITÄRE LAGE
14. Die humanitäre Situation im Jemen verschlechtert sich weiter, da internationale UN-Organisationen ihre Hilfsleistungen reduzieren oder einstellen – trotz des dringenden Bedarfs von über 6,5 Millionen Binnenvertriebenen, die infolge des Krieges der von den USA, Großbritannien und ihren Verbündeten Saudi-Arabien und den VAE geführten Koalition fliehen mussten. Die UN und andere internationale Organisationen zeigen keine ernsthaften Bemühungen, die Lebensbedingungen von Millionen Jemeniten zu verbessern. Stattdessen führen ineffektive Programme sogar zu einer Zunahme der Hilfsbedürftigkeit und einer weiteren Verschlechterung der Lage.
15. Laut den Vereinten Nationen benötigen 19,5 Millionen Jemeniten lebenswichtige Unterstützung und Schutz, ein Anstieg um 1,3 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als 6,5 Millionen Vertriebene haben extreme Schwierigkeiten, ausreichend Nahrung und Unterkunft zu finden. Die meisten von ihnen können nicht in ihre Heimat zurückkehren, obwohl die militärischen Operationen der Kriegskoalition offiziell eingestellt wurden.
16. Zwei Wochen nach Beginn des neuen Jahres haben die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen noch immer keinen humanitären Hilfeplan für den Jemen vorgelegt. Stattdessen beschränkten sie sich auf die Durchführung von Konsultationsworkshops über die geplante Strategie mit Regierungsstellen, Provinzführungen, UN-Agenturen, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft. In diesen Workshops wurden den Bedarf in folgenden Bereichen bewertet: Bildung, Gesundheit, Landwirtschaft, Fischerei, Wasser und Sanitärversorgung, Hygiene, Ernährungssicherheit, Unterkünfte, Anzahl der Bedürftigen und die am stärksten betroffene Regionen. Die Workshops beinhalteten technische Konsultationen auf Sektorebene und innerhalb humanitärer Arbeitsgruppen. UN-Vertreter nahmen dabei die Anmerkungen und Stellungnahmen der Regierungssektoren zu den Prioritäten für die humanitäre Hilfe im laufenden Jahr entgegen. Zudem wurden die wesentlichen Punkte des Entwurfs für den Bedarfs- und
Hilfeplan diskutiert, der vom Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten erstellt wird.
17. Humanitäre Experten sehen dringenden Reformbedarf in der Hilfsarbeit im Jemen. Sie betonen die Notwendigkeit, die Methoden und Ansätze der Nothilfe grundlegend zu überarbeiten, um die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung tatsächlich zu decken. Die Fachkräfte weisen auf ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Zahlen und den UN-Daten hin. Diese offenbaren das enorme Ausmaß des humanitären Bedarfs. Die bereitgestellten Finanzmittel entsprechen aber nicht annähernd dem tatsächlichen Bedarf für die Grundlegende Nothilfe, Ernährungssicherheit und Gesundheitsversorgung. Hinzu kommt die Ineffektivität der Verteilung und Bereitstellung dieser Hilfe für diejenigen, die sie verdienen
18. Das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) warnte Ende 2024 vor einer zusätzlichen Verschlechterung der Lage, solange die Kriegskoalition ihre Blockade und militärischen Operationen fortsetzt.
19. Der Jemen belegt weltweit den zweiten Platz bei der Anzahl von Kindern mit Mangelernährung, den zweiten Platz bei der Zahl der Menschen ohne Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und den dritten Platz bei der Anzahl von Personen mit Ernährungsunsicherheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet zudem, dass der Jemen 35 Prozent der weltweiten Cholera-Fälle und 18 Prozent der global gemeldeten Todesfälle durch diese Krankheit verzeichnet.
20. In Sanaa ging der Anteil der Haushalte mit unzureichender Ernährung von 46,9 Prozent (November) auf 43 Prozent (Dezember 2024) zurück. In den von der Koalition kontrollierten Südgebieten bleibt die Lage verheerend: 52 Prozent der Haushalte haben nicht genug zu essen – jede zweite Familie ist in diesen Gebieten von Ernährungsunsicherheit betroffen.
21. Laut UN-Daten könnten viele Familien die explodierenden Lebensmittelpreise nicht mehr bewältigen. In den von den Ländern der Kriegskoalition besetzten Gebieten nannten 25 Prozent der Haushalte die Preisanstiege als größte Belastung. Das bestätigt die kontinuierliche Steigerung der Grundnahrungsmittelpreise in diesen Gebieten.
22. Seit Anfang 2024 mussten 531.000 Menschen fliehen: 93 Prozent (492.877 Personen) aufgrund von Dürren und Überschwemmungen. 7 Prozent (38.129 Personen) aufgrund von Luftangriffen der US-britisch-zionistischen Koalition.
VERSTÖSSE UND VERBRECHEN
23. Im Januar 2025 griffen die USA, Großbritannien und die zionistische Entität lebenswichtige zivile Einrichtungen an, darunter Stromversorgungsanlagen in Sanaa und Hudaida, und zerstörten sämtliche Geräte, die die Bevölkerung mit Elektrizität versorgen. Zudem bombardierten sie die Häfen von Hudaida (Salif, Hudaida, Ras-Issa), wobei mehrere Hafenarbeiter getötet und weitere verletzt wurden.
24. Die saudischen Grenzschützer führen weiterhin Angriffe auf Wohngebiete und zivile Versammlungsorte in den Grenzdörfern der Provinz Sa‘da durch. Dabei wurden mehrere Zivilisten und Migranten getötet oder verletzt. Kinder und Frauen wurden durch Streubomben-Explosionen getötet, während sie auf ihren Feldern arbeiteten oder ihr Vieh hüteten.
25. Die offiziellen Statistiken der Regierung des besetzten Palästinas zeigen die Folge des von der israelischen Besatzung im Gazastreifen während der 470 Tage andauernden Aggression verübten Völkermords. Die Besatzungsarmee verübte vom 7. Oktober 2023 bis 18. Januar 2025 mehr als 10.100 Massaker. Mehr als 46.960 Märtyrer fielen, darunter 17.861 Kinder und 12.316 Frauen. Mehr als 14.222 wurden vermisst und 110.725 Verletzte, darunter 70 Prozent Kinder und Frauen.
Eingereicht von: Ayesh أبو محمد السندي