Kritik und Lob zur Vortragsreihe von Rainer Mausfeld über Krieg und Frieden

Vortrag Rainer Mausfeld über das Recht unter dem Titel „Warum Krieg?“, am 21.11.2024 in der Hugenottenhalle in Neu-Isenburg,
siehe: https://youtu.be/iVXOZ7PI52c?si=w_crDR-9-XnT4wy
[Der Aufstand 11/25, Seite 4]

Kritik und Lob zur Vortragsreihe von Rainer Mausfeld über Krieg und Frieden

Die Vortragsreihe vom 21.11.2024 ist in 2 Teile geteilt, unter folgenden Überschriften:

Teil 1: Das Recht als Schutzinstrument gegen Bürgerkrieg und Krieg (Westend Verlag)

Teil 2: Rechtsverachtung und Rechtsnihilismus des Stärkeren (Westend Verlag)

Kritik zu Teil 1, Lob zu Teil 2

Die anthropologische Verbrämung des Eigentumsrechts in Teil 1 kann nicht unkommentiert stehen gelassen werden, weil sie der philosophischen Entwicklung einer humanistischen Alternative entgegensteht. Trotzdem wirbt Rainer Mausfeld in Teil 2 für „radikale gesellschaftliche Selbstbestimmung“ als einzige Möglichkeit der Friedenssicherung. Dafür gebührt ihm Lob.

Obwohl er in Teil 1 über das Recht referiert, vergisst er dabei das wichtigste Recht, nämlich das Recht auf Herrschaft über den gesellschaftlich produzierten Reichtum. Dieses Recht heißt Eigentumsrecht. Radikale gesellschaftliche Selbstbestimmung kann im Rahmen des Eigentumsrechts niemals funktionieren, sondern ist nur nach Ablösung des Eigentumsrechts durch ein modernes Besitzrecht möglich.

Wenn man über die Notwendigkeit politischer Veränderungen referiert, aber die Notwendigkeit ökonomischer Veränderungen vergisst, unterschlägt man einfach den kausalen Zusammenhang, dass ein politischer Überbau sich stets über eine ökonomische Basis erhebt. So kommt man nur auf die Folgen, aber nicht auf die Ursache. Ein Arzt würde sagen, er behandelt nur die Symptome. Durch das Setzen einer falschen Ursache in einem Vortrag über das Recht, nämlich durch die Behauptung, die Ursache der Kriege liege angeblich in „einem unersättlichen mehr haben wollen“ des Menschen begründet, vor dem man sich durch Gesetze schützen müsse, haben wir es mit einer anthropologischen Verbrämung des Eigentumsrechts zu tun, welche die wahre Ursache der Kriege nicht wissen möchte.

Wir hatten die Vorträge von Rainer Mausfeld verfolgt und immer wieder festgestellt, dass er die Begriffe „Eigentum“ und „Besitz“ falsch verwendet. Er setzt das Wort „Besitz“ an die Stelle von „Eigentum“ und spricht von Besitzern anstatt von Eigentümern. Damit offenbart er ein Missverständnis zu den Begriffen „Besitz“ und „Eigentum“, zwischen denen ein Unterschied bestehen muss, sonst gäbe es für Sachherrschaft nur ein Wort und nicht zwei. Besitz bezeichnet die tatsächliche Sachherrschaft und Eigentum die rechtliche Sachherrschaft. In einem Vortrag über das Recht müsste Eigentumsrecht an erster Stelle stehen, weil es das grundlegende Recht auf Herrschaft über andere Menschen ist. Wenn Rainer Mausfeld in seinen Vorträgen von Besitzern spricht, und damit die reichen Eigentümer bezeichnen will, dann ist das schlichtweg falsch. Natürlich sind Eigentümer Auch-Besitzer, aber die Lohnsklaven sind Nur-Besitzer, weil sie außer ihrem Besitz, und ihr wichtigster Besitz ist ihre Arbeitskraft, nichts weiter haben mit dem sie handeln können, um ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen, als den Besitz ihrer Arbeitskraft. Wer also von Besitzern spricht, spricht von den Lohnsklaven.

Im Eigentumsrecht ist die rechtliche Sachherrschaft über die Dinge eingeschlossen, die ein Eigentümer nicht tatsächlich besitzt, daher nicht nutzten will, nicht verbrauchen will, also für ihn überflüssig sind, die er aber für den Handel gegen Arbeitskraft beschlagnahmt, vermittels eines bloßen Papiers, der Eigentumsurkunde, primär für den Zweck sich auf Kosten anderer zu bereichern. Handel mit der Ware Arbeitskraft kann nur durch den künstlich erzeugten Mangel an Lebensmitteln durch Beschlagnahme vermittels Eigentumsrecht zustande kommen. Nur-Besitzer leiden solange Mangel an Lebensmitteln, bis sie den Eigentümern die ihnen die Lebensmittel entziehen, ihre Arbeitskraft für den Erwerb von Lebensmitteln anbieten und die gnädige Erlaubnis erhalten sich verkaufen zu dürfen. Genau das ist die Grundlage für Lohnarbeit und für die Aufrechterhaltung dieses Raubrechtes gibt es ein Machtinstrument, nämlich den Apparat der Polizei und des Militärs jedes Staates einer Klassengesellschaft, der den künstlichen Mangel mit Gewalt erzwingt. Das! Ist die Antwort auf die Frage: Warum Krieg? Die Antwort ist einfach, wenn man sie wissen will.

Das Eigentumsrecht erfüllt sehr wohl das Kriterium des Rechts, für alle gleich zu gelten, welches im Vortrag positiv der Rechtsverachtung und dem Rechtsnihilismus der Herrschenden entgegengestellt wird. Kant war sehr einverstanden mit dem Eigentumsrecht. Wer zweifelt schon am Eigentumsrecht? Alle Ideologien der Herrschenden verteidigen das Eigentumsrecht und in den korrumpierten Massenmedien, den privaten und den sogenannten öffentlich-rechtlichen, ist jeder geringste Zweifel an diesem Recht, ein absolutes Tabu. Kein Wunder also, wenn wir, wie Rainer Mausfeld uns dankenswerter Weise in Teil 2 auf ein Phänomen der Bewusstseinsspaltung aufmerksam macht, es wissen und gleichzeitig nicht wissen. Wir wissen es und wir wissen es nicht. Und deshalb begibt sich Teil 1 des Vortrages auf die Suche nach einer imaginären naturgegebenen Bösartigkeit in Form eines „unersättlichen mehr haben wollen“, das angeblich im Menschen stecke und befindet sich damit sogar im Einklang mit den Ideologen des Neoliberalismus. Das Eigentumsrecht besteht schon als Schutzinstrument. Aber als Schutzinstrument des Rechts für Räuber und Banditen, die dieses Recht keineswegs verachten und ihren Rechtsnihilismus des Völkerrechts eben gerade aus dem Schutz dieses Rechts begründen. Wenn man diese Kausalität unangetastet lassen will, bleibt die Frage von Krieg und Frieden natürlich unergründlich.

Folie zum Vortrag von Rainer Mausfeld

Die Frage von Krieg und Frieden begleitet die Menschheit seit ihren Anfängen und sie ist so Komplex und unergründlich wie der Mensch selbst. Es gibt in den verschiedenen Disziplinen eine Fülle von Belegen für Kriege im engeren Sinne, in der Archäologie, in der Anthropologie, der Evolutionsbiologie; es gibt keine Belege für Gesellschaften die länger als 300 Jahre ohne Krieg gelebt haben.“ (sagt Rainer Mausfeld zur Minute 4:20 in Teil 1]

Erstens beinhaltet der Vortrag sogar selbst die Staatlichkeit als Bedingungsfaktor für Krieg, aber die Menschheit lebte in ihren Anfängen, und dann zu über 99% ihres gesamten Daseins nicht in Staaten, sondern in klassenlosen Gesellschaften. Zweitens kommt die Differenzierung zwischen klassenlosen Gesellschaften und Klassengesellschaften nicht vor, was sich durch die Ignoranz des Eigentumsrechts als Bedingungsfaktor für Kriege natürlich erklären lässt, denn die Klassengesellschaften entstanden mit dem Eigentumsrecht. Durch das Ausblenden der klassenlosen Gesellschaften, blendet der Vortrag fast 2,6 Millionen Jahre aus, in denen die Behauptung, es gäbe „keine Belege für Gesellschaften die länger als 300 Jahre ohne Krieg gelebt haben“, nicht stimmen kann.

Carl von Clausewitz, ein preußischer Militärtheoretiker, definiert Krieg in seinem berühmten Werk „Vom Kriege“ (1832) als „eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“

Krieg ist kein isoliertes Ereignis, sondern Instrument der Politik in Klassengesellschaften. Nicht jeder Revierkampf ist ein Krieg. Nicht jeder Ressourcenkampf, Territorialkampf oder Raubüberfall ist ein Krieg. Krieg setzt das Vorhandensein einer politischen Machtbasis, und daher einen Staat voraus.

Der älteste bekannte Stadtstaat ist Uruk, eine antike Stadt im heutigen Irak, die um 3000 v. Chr. ihre Blütezeit hatte. Uruk war die erste belegte Klassengesellschaft (König und Priester gegen Sklaven, Bauern, Handwerker und Arbeiter), die sich zu einem Stadtstaat entwickelte, mit einer eigenständigen Verwaltung und politischen Struktur und eine bedeutende Rolle in der frühen Zivilisation des alten Mesopotamiens spielte. Erst ab diesem Zeitalter können gewaltsame Konflikte, die von Stadtstaaten ausgingen, Kriege genannt werden. Der Begriff „Gesellschaft“ definiert sich nicht durch Krieg, sondern durch die Arbeit.

„Die gesellschaftliche Produktion des Lebens hängt also von der Arbeit ab, und die gesellschaftliche Arbeit ist die Quelle aller Reichtümer.“ (Karl Marx: „Ökonomisch-philosophische Manuskripte“ von 1844) Die Arbeit ist das einer Gesellschaft zugrundeliegende Element.

Es gibt keine Belege dafür, dass es jemals eine Zeit auf diesem Planeten gegeben hat, in welcher der Mensch nicht in Gesellschaften gelebt hat. Zu den sehr frühen bekannten Belegen zählen 2,6 Millionen Jahre alte Werkzeuge der Oldowan-Kultur. Die Populationen früher Hominiden waren klein, und es gibt keine genauen Zahlen. Aber durch belegbare Rückschlüsse wird die Anzahl der Individuen auf dem Planeten zu jener Zeit auf wenige Tausend oder maximal Zehntausend geschätzt. Die Menschheit war in kleinen verstreuten Gruppen organisiert, die in Afrika lebten. Kriege sind in dieser Zeit aufgrund fehlender Staatlichkeit völlig ausgeschlossen.

In den klassenlosen Gesellschaften herrschte noch ein archaisches Besitzrecht, das die Sachherrschaft auf den persönlichen oder gemeinschaftlichen Besitz begrenzte. Konflikte waren isolierte Ereignisse und keine Kriege. Belege von Kriegen aus dieser Zeit gibt es nicht. Stellt man das Zeitlinienverhältnis von klassenlosen Gesellschaften im Besitzrecht (gemessen an den Werkzeugfunden) dem der Klassengesellschaften im Eigentumsrecht gegenüber, ergibt sich grob dargestellt folgendes Bild:

Klassengesellschaften im Eigentumsrecht ca. 5.000 Jahre

Die Menschheit lebte demnach ca. 2.595.000 Jahre im Besitzrecht und ca. 5.000 Jahre im Eigentumsrecht, wobei die Anfänge des Eigentumsrechts entstehender Klassengesellschaften lange Zeit brauchten um sich, zuerst parallel zum Besitzrecht in Form vielfältiger Privatisierungen durch Diebstahl an Gemeinbesitz, bis heute auszubreiten. Der Autor des Artikels Zur philosophischen Entwicklung eines modernen Besitzrechts” ist auf diesen Prozess etwas detaillierter eingegangen. Auch heute noch gibt es Reste indigener Völker, die kein Eigentum, sondern nur Besitz kennen.

Was sind nun die Gründe für Krieg?“

fragt Rainer Mausfeld in Teil 1 zur Minute 5:13 und lässt Albert Einstein darauf antworten, siehe folgenden Ausschnitt aus seiner Folie:

Dazu sagt er, Zitat 5:37:

Das ist sicherlich eine wichtige psychologisch anthropologische Einsicht, aber bereits ein grober Blick auf die Ursachen des Krieges zeigt wie komplex diese tatsächlich sind. Die Bedingungs-Faktoren des Krieges sind vor allem anthropologische, der Beschaffenheit des Menschen, soziologische, der Funktionslogik von Macht, politologische, der Funktionslogik von Staatlichkeit, der Staat neigt dazu, sich zu einem Selbstzweck zu machen und ökonomische der Funktionslogiken von Wirtschaftsformen insbesondere des Kapitalismus. Von den anthropologischen Faktoren wurde eine schon sehr sehr früh identifiziert nämlich die Neigung des Menschen zu einem unersättlichen mehr haben wollen auf Kosten anderer. Das ist ein Thema was ich sehr ausführlich im Hybrisbuch behandelt habe. Es war eine der ersten Einsichten in der Antike, dass ein unersättliches parasitäres mehr haben wollen den Zusammenhalt einer Gesellschaft zerstört und die Ursache von Bürgerkrieg und Krieg ist. Das gilt insbesondere für gesellschaftliche Eliten. Das führt uns dann zu der soziologischen Komponente, denn Macht drängt nach mehr Macht und Reichtum drängt nach mehr Reichtum.“

Folie von Rainer Mausfeld zum Vortrag

Die in dieser Folie dargestellten Bedingungsfaktoren von Kriegen enthalten 4 gravierende Fehler.

1. Fehler – anthropologisch:

In der gegenseitigen Hilfe finden wir den positiven und unbestreitbaren Ursprung unserer ethischen Vorstellungen; und wir können behaupten, dass der Hauptfaktor der Evolution – sowohl im Tierreich als auch in der Menschheit – nicht der Kampf ums Dasein, sondern die Zusammenarbeit und Solidarität ist.“ aus dem Buch „Die gegenseitige Hilfe in der Tier und Menschenwelt“, von Pjotr Alexejewitsch Kropotkin

Kropotkin belegte an den Ergebnissen zahlreicher Beobachtungen, die beliebig wiederholt werden können, dass nicht Gewalt und Konkurrenz, sondern die gegenseitige Hilfe die treibende Kraft hinter der Entwicklung von Tieren und Menschen ist. Kooperation und Solidarität, sowohl innerhalb von Tiergemeinschaften als auch in menschlichen Gesellschaften, sind der wesentlichste evolutionäre Vorteil und Motor des sozialen Fortschritts.

Forschungen zur Empathie und Emotionswahrnehmung belegen, dass Menschen von Natur aus dazu veranlagt sind, Mitgefühl für andere zu empfinden. Studien haben gezeigt, dass selbst Kleinkinder mit nur wenigen Monaten alt, auf das Leid anderer reagieren und Hilfe anbieten. Die Neurowissenschaften haben gezeigt, dass Spiegelneuronen aktiv werden, wenn wir das Verhalten oder die Gefühle anderer beobachten, was als Grundlage für Empathie und Mitgefühl angesehen wird. Diverse Studien ergaben, dass Mitgefühl angeboren ist. Im Menschen lebt nicht ein Bedürfnis zu hassen und zu vernichten, sondern das Bedürfnis etwas dafür zu tun, dass es anderen Menschen gut gehen möge, auch wenn das keinen unmittelbaren Vorteil bedeutet. Wenn man überhaupt von einem anthropologischen Bedingungsfaktor reden kann, dann als Bedingungsfaktor für den Frieden und der Bedingungsfaktor für den Krieg ist erst dann gegeben, wenn das angeborene friedliche Wesen des Menschen durch die Einwirkung auf ihn, gebrochen wird. Genau in diesem Brechen des Menschen, besteht der Kern jeder militärischen Ausbildung.

Die generalisierende Aussage Albert Einsteins, allen Menschen ein Bedürfnis nach Hass und Vernichtung zu unterstellen, entsprang wohl eher seinen Emotionen unter dem Eindruck des aufkommenden Faschismus in Europa. Aber Emotionen sollte man nicht zum Ausgangspunkt von Betrachtungen nehmen, um zu einer philosophischen Entwicklung einer humanistischen Gesellschaft zu gelangen. Einstein seine Verdienste liegen auf anderen Gebieten der Wissenschaft, als auf dem Gebiet der politischen Ökonomie. Wer die Wissenschaft auf diesem Gebiet zu Wort kommen lassen möchte, kommt wohl kaum an den Forschungen von Marx und Kropotkin vorbei. Sonst wird man oberflächlich.

Das „unersättliche mehrhabenwollen“, wie im Vortrag bezeichnet, ist ein oberflächlicher Eindruck, der aus dem antagonistischen Widerspruch zwischen dem natürlichen Bedürfnis nach sozialer Sicherheit und dem Schuldensystem des Eigentumsrechts entsteht. Denn das Schuldensystem dieses Raubrechts macht die soziale Sicherheit, die das Ziel menschlicher Gesellschaft ist, unmöglich. Wir wissen es und wir wissen es nicht. Wir haben fast alle Schulden, aber wollen nichts davon wissen.

Kapitalisten sind bei Strafe der Pleite dazu gezwungen, bei sinkender Profitrate mehr Profit machen zu müssen, um die sinkenden Preise ihrer Waren auszugleichen und Re-Investitionen gegen die Konkurrenz sicherzustellen. Das ist aber ein ökonomischer Antrieb des kapitalistischen Wirtschaftssystems, welches auf Ausbeutungsrecht durch Eigentumsrecht basiert. Es ist die Ausbeutung von Lohnarbeit, die den Prozess der Akkumulation von immer mehr Eigentum bei den Eigentümern antreibt, also ein ökonomischer Faktor als Folge eines Rechtssystems, und nicht eine genetische Veranlagung des Menschen. Menschen werden in dieses Rechtssystem hineingeboren, und dieses erst bricht ihren angeborenen Altruismus und nicht umgekehrt.

2. Fehler – soziologisch, Funktionslogik von Macht:

Macht bedeutet nur die Fähigkeit des Menschen, sich gemeinsam für einvernehmliches Handeln zu verabreden. Dieser Begriff ist für sich allein neutral und hat nichts mit Gewalt zu tun. Man kann sich auch einvernehmlich verabreden, ein gemeinsames Wohnungsbauprogramm aufzulegen. Nicht die Macht ist ein Bedingungsfaktor der Kriege, sondern die Frage: wer übt sie wofür aus? Wie anders ließe sich sonst eine Gesellschaft realisieren, in der „radikale Selbstbestimmung“ verwirklicht ist, wenn nicht durch die Macht der Staatsbürger? Krieg ist also nicht Folge von Macht an sich, sondern die Folge von Macht der Vertreter der Klasse der Eigentümer auf Basis des Eigentumsrechts und das ist ein Raubrecht.

3. Fehler – politologisch, der Funktionslogik von Staatlichkeit (dem Staat wohnt wesenhaft eine totalitäre Neigung inne)

Der Staat ist nur ein Machtinstrument der Gesetzgeber. Die entscheidende Frage ist nicht die nach einem Instrument, sondern: wessen Staat ist der Staat? Wer ist der Gesetzgeber? Die Vertreter einer herrschenden Klasse? Oder die Staatsbürger für radikale Selbstbestimmung, in einer klassenlosen Gesellschaft? Nicht der Staat ist ein Bedingungsfaktor der Kriege sondern das Interesse der Klasse der Eigentümer, am Beutemachen. Ihr Staat ist ein Räuberstaat.

4. Fehler – ökonomische, der Funktionslogik von Wirtschaftsformen (insbesondere des Kapitalismus)

Hier besteht der Fehler nur darin, diesen Punkt nicht als Ursache genannt zu haben und das Eigentumsrecht als Ursache hinter „Wirtschaftsformen“ und „Kapitalismus“ zu verstecken. Kapital ist Eigentum! Erst wenn das klar ist, ergibt sich folgende logische Kausalkette zu den Bedingungsfaktoren der Kriege:

1. ökonomische: durch das Eigentumsrecht mit Funktionslogik des entsprechenden politischen Überbaus,

2. politologische: durch das Repräsentationssystem oder Diktatur als politischer Überbau des Eigentumsrechts,

3. soziologische: durch die strukturelle Gewalt der Exekutive und Judikative des Staates der reichsten Eigentümer.

Was die Anthropologie betrifft: wirklich belegt sind anthropologische Bedingungsfaktoren für das friedliche Wesen des Menschen, die durch die soziologischen Folgen des Eigentumsrechts gebrochen werden und erst danach Menschen überhaupt kriegstauglich werden lassen. Ein weiterer Beleg dafür ist die Diagnose einer Krankheit, die Soldaten aus den Kriegen mit bringen. Ihr Name ist: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Weil der Vortrag von einem negativen Menschenbild als Ursache für Kriege ausgeht, erscheint die folgende Folie unlogisch.

Wir sehen hier, dass die Protagonisten dieser Folie von den Herrschenden sprachen und nicht von allen Menschen. Wenn man aber mit einer negativen Haltung gegenüber allen Menschen die Frage beantworten will „Warum Krieg?“, und dafür die Anthropologie bemühen möchte, läuft man automatisch mit den Ideologen des Neoliberalismus konform. Eine bedeutende Vertreterin dieser Ideologie war die US-Amerikanerin Ayn Rand.

Das moralische Ziel des Lebens ist die eigene Glückseligkeit. (aus „Die Tugend des Egoismus“, Originaltitel „The Virtue of Selfishness“, von Ayn Rand

Ihre Kernaussage war, dass nicht Altruismus sondern Egoismus in der Natur des Menschen dominiere. Also solle man doch dem Menschen ein Rechtssystem geben, das seiner Natur entspricht.

Der Vortrag stimmt ihr eigentlich zu und meint aber: Wir müssen gegen die Natur des Menschen das Recht als Schutzinstrument einsetzen. Das ist ein sehr schwaches Argument gegen den „Neoliberalismus“.

Ich schlage ein besseres Argument vor: nicht Egoismus sondern Altruismus dominiert in der Natur des Menschen. Also solle man doch dem Menschen ein Rechtssystem geben, das seiner Natur entspricht, mit einem modernen Besitzrechtssystem, weil die Menschheit durch Funde belegt, über 99% der Zeit ihres gesamten Daseins auf diesem Planeten im Besitzrecht einer klassenlosen Gesellschaft lebte weil die klassenlose Gesellschaft der Natur des Menschen entspricht. Ein negatives Menschenbild ist belegbar falsch.

Der Wunsch, zu einer radikalen Selbstbestimmung zu kommen, ohne das Eigentumsrecht abzuschaffen und durch ein modernes Besitzrecht zu ersetzen, wird leider ein Wunsch bleiben, weil die Akkumulation von Eigentum stets dazu führt, politische Entscheidungen kaufen zu können. So erkannte schon Jean-Jacques Rousseau in seiner Schrift Vom Gesellschaftsvertrag…“ (Originaltitel: „Du Contrat Social…“, 1762) fest, Zitat:

Kein Bürger soll so reich sein, dass er einen anderen kaufen kann, und keiner so arm,
dass er gezwungen ist, sich selbst zu verkaufen.“
Rousseau in „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechts“ (französisch: Du contrat social)

Der Vortrag präsentiert uns Zitate, vergisst aber den wichtigsten Vertreter einer radikalen Selbstbestimmung zu erwähnen, der durch sein Hauptwerk bekannt wurde „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechts“. Was soll man nun davon halten?

Wir möchten einen realistischen Plan für radikale Selbstbestimmung präsentieren, in Form einer radikaldemokratischen Staatstheorie und fragen uns, ob Rainer Mausfeld mit „seiner“ radikalen Selbstbestimmung etwas ganz anderes gemeint hat.

https://radicaldemocrat.news/2025/03/06/eine-radikaldemokratische-staatstheorie-stand-01-03-2025/

Holger Thurow-N.

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