Die Jugend ist unglücklich

[Der Aufstand 42/24, Seite 14]

Die Jugend ist unglücklich

Sagt die Wissenschaft. Ein neuartiges Phänomen. Schuld sind – nun ja, die sozialen Medien. Und globale Krisen. Womöglich erfahren die jungen Menschen von den Krisen nur durch soziale Medien?

* Beziehungsweise sie erfahren die Widersprüche, die sie ungefragt hinnehmen sollen, während die erwachsenen „Super-Checker“, die noch nicht mal wahrnehmen?

* Widersprüche gibt es genug. Die russische Armee ist nahezu vernichtet, rückt aber unaufhaltsam immer weiter vor.

* Wir liefern Waffen ohne Ende in alle Krisengebiete – für den Frieden, da muss man erst mal drauf kommen.

* Corona wurde durch die Impfung beseitigt, aber rund um einen herum häuft sich die „Nies- und Hustenfraktion“, möglicherweise bei den Geimpften eher als bei den Bösen.

* Klimaschutz ist das aller Wichtigste für alle, sonst haben wir keine Zukunft mehr – es sei denn, es wird gerade Krieg angeordnet, denn es ist überlebenswichtig, welche Fahne gerade in der unbelebten Wüste steht.

* In Israel erleben sie, wie ihre gleichaltrigen Mitmenschen kritiklos abgeschlachtet werden dürfen, worüber Millionen Menschen jubeln, weil da mal Land geklaut wurde – aber wir dürfen nicht Polen überfallen, weil dort mal unser Land war – Regeln sind beliebig geworden.

* Festivalbesuche werden wegen Messerangriffen lebensgefährlich, aber man muss das im Namen von irgendwas hinnehmen.

* Elektroautos retten die Welt – jedenfalls, wenn man nicht genau hinschaut und die Explosion des Akkus überlebt.

Früher kam man in eine Welt, die von Erwachsenen vorgeordnet war. Man musste und sollte auch diese Ordnung nicht mögen, aber man konnte sich orientieren, sein eigenes Format gewinnen auch in der Gegnerschaft zu dem was war. Heute herrscht irrationaler Wahn und ein nie gekannter Wirrwarr.

Es lohnt sich auch nicht mehr, studieren zu gehen: was wahr ist, wird von „Fakten-Checkern“ vorgegeben – Menschen, die zwar genauso jung sind wie man selber, aber bezahlt werden, um dem „Wahn“ Schützenhilfe zu leisten. Wie soll man sich da auf eine Zukunft freuen, in der man sich selbst – im Rahmen der sozialen Verantwortung – verwirklichen kann?

Politik ist zum Kampf um Diäten verkommen, Inhalte zählen nur noch als plakative Dogmen und gelten nur bis zu Wahl, ab da heißt es: weiter so wie vorher. Gedankliche Abweichler werden mit sozialem Bann belegt – egal, wo oder wie sie abweichen. Besser, man macht gar nicht mehr den Mund auf – so ist sie halt, die real existierende Demokratie.

Und dann ist das Ende nah: man muss nur Tagesschau schauen und weiß: bald gehen 20 Millionen Babyboomer in Rente, das wird unser aller Ende sein, Verwerfungen aller Art drohen. Selbst muss man Lebensläufe gestalten, die nur von von der KI benotet werden, sieht sich gezwungen, diese auszutricksen – was aber keinen guten Eindruck macht. All die Kraft der Jugend, der Erneuerungswille, ihr Wille zum Leben wird erstickt, erdrückt und notfalls auch lächerlich gemacht – dabei ist die Jugend die einzige Zukunft die wir haben: nur sie werden das erben, was wir hinterlassen – die ganze Zukunft, in der sie jetzt schon keinen Platz mehr haben. Dafür macht ihnen das Gerede von Fachkräftemangel bei gleichzeitigem massivem Arbeitsplatzabbau auch nicht gerade Hoffnung darauf, dass die erwachsenen „Super-Checker“ auch nur irgendwas im Griff haben – außer Etiketten und Parolen zu entwerfen, dass wir jetzt gefälligst mit Kritik aufhören sollen, weil es per Definition der Obrigkeit das beste Deutschland aller Zeiten ist. Welche Zukunft werden die wohl ersinnen, wenn wir Anderen, altersschwach und machtlos geworden sind? Das beste Deutschland aller Zeiten erlebt, dass die Jugend die Hoffnung aufgegeben hat – dabei wird es Zukunft längerfristig nur von ihnen geben.

Wenn sie noch genauer hinschauen, die Jugendlichen, werden sie ihre Schuld erkennen: sie leben am Hofe des Königs in einem sauberen Land, dass aber nur sauber ist, weil unser giftiger Müll in Ghana landet und dort das Land verseucht. Und es heißt ja: es gibt kein Gutes im Bösen.

Selbst der „Club of Rome“ mahnt an, die Jugend müsse ihre Selbstwirksamkeit mehr erfahren – dabei sind sie endlosen Gängeleien ausgesetzt, einem kannibalistischen Kapitalismus noch lange bevor sie sich überhaupt einigermaßen orientieren können. Welche Zukunft wird uns also erwarten, wenn diese Jugend die Macht bekommt, sie zu gestalten – und das wird sie, da die anderen dann nur noch in den Gräbern ihre Gier pflegen können.

Aber wahrscheinlich ist das gute alte „weiter so“ die beste Philosophie, die wir da entgegenzusetzen haben, oder?

Der Eifelphilosoph

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Von Redaktion

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