Der deutsche Bauernaufstand von 1524 bis 1526 reihte sich in eine lange Reihe europäischer Bauernaufstände gegen den Adel ein, bis hin zur französischen Revolution
Die Schauplätze der Bauernaufstände waren vor allem das Oberrheingebiet, Württemberg, Oberschwaben, Franken, Thüringen, Rheinland, Tirol und Salzburg. Auch in zahlreichen Städten (Frankfurt am Main mit dem Frankfurter Zunftaufstand, Nürnberg, Mühlhausen, Würzburg) kam es zu Aufständen. Für die Ursachen der Aufstände waren meistens mehrere Gründe entscheidend: wirtschaftliche Not und soziales Elend, Schwierigkeiten gegenüber den Gerichtsherren Recht zu erhalten, da diese von Adel und Klerus eingesetzt waren.
Zitat aus:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg?wprov=sfla1
„Die Bauern trugen die Hauptlast zur Aufrechterhaltung der Feudalgesellschaft: Fürsten, Adel, Beamte, Patrizier und der Klerus lebten von deren Arbeitskraft, und da die Zahl der Nutznießer immer weiter anstieg, stiegen auch die Abgaben, die die Bauern zu leisten hatten. Neben dem Großzehnt und dem Kleinzehnt auf die meisten ihrer erwirtschafteten Einkünfte und Erträge zahlten sie Steuern, Zölle und Zinsen und waren häufig ihren Grundherren zu Fron- und Spanndiensten verpflichtet. Dazu kam, dass in Oberschwaben, Württemberg, Franken, Sachsen (Obersachsen) und Thüringen die Realteilung angewandt wurde, die bei gleich bleibender Gesamtproduktionsfläche zu immer kleineren Höfen führte. Viele dieser Kleinstbauernhöfe waren angesichts der hohen Belastungen nicht mehr wirtschaftlich zu führen.
Wirtschaftliche Probleme, häufige Missernten und der große Druck der Grundherren führten immer mehr Bauern in die Hörigkeit und weiter in die Leibeigenschaft, woraus wiederum zusätzliche Pachten und Dienstverpflichtungen resultieren.
Auch das „Alte Recht“, ein mündlich überliefertes Recht, wurde von den Grundherren zunehmend frei interpretiert oder vollkommen ignoriert. Seit Jahrhunderten bestehende Allmenden wurden enteignet und gemeinschaftliche Weide-, Holzschlag-, Fischerei- oder Jagdrechte beschnitten oder abgeschafft.
Viele der einfachen Bauern trauten sich aufgrund ihrer vielfachen Abhängigkeitsverhältnisse nicht, gegen ihre Herren aufzubegehren. Vor allem die dörfliche Oberschicht wollte aber Veränderungen. Schultheißen, Bauernrichter, Dorfhandwerker und Ackerbürger aus den Kleinstädten trugen den Aufstand und drängten vielerorts die armen Bauern zum Anschluss an die Bauernhaufen.
Die Bauern selbst wollten vor allem ihre altüberlieferten Rechte wiederherstellen und ein menschenwürdiges und im Übrigen gottesfürchtiges Leben führen. Ihre Forderungen nach Milderung der Lasten und Aufhebung der Leibeigenschaft aber rüttelten an den Grundfesten der bestehenden Gesellschaftsordnung.“
Ein lokaler Anführer der Aufstände war Thomas Müntzer
Im Gegensatz zu Luther stand er für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte sich als Agitator und Förderer der Aufstände in Mühlhausen, wo er Pfarrer war. Dort versuchte er seine Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaftsordnung umzusetzen, in der alle Privilegien aufgehoben waren, die Klöster aufgelöst wurden, Räume für Obdachlose geschaffen waren und eine Armenspeisung organisiert war. Er forderte die „Gemeinschaft aller Güter, die gleiche Verpflichtung aller zur Arbeit und die Abschaffung aller Obrigkeit“, was den Prinzipien einer unbewusst radikaldemokratischen Gesellschaft entspricht. Er scheiterte, weil seine Bestrebungen verschiedene Thüringer Bauernhaufen zu vereinen, nicht gelang. Vielen Bauernführern fehlte das Bewusstsein der Stärke durch pragmatische Bündnisse, was sie größten Teils mit Folter und Tod bezahlen mussten.
Die einzigen Dokumente auf die sich nach langen Verhandlungen Bauern einigen konnten, waren die „zwölf Artikel“ der schwäbischen Bauernschaft und deren „Bundesordnung“.
Eine der Originalurkunden der Zwölf Artikel wird im Stadtarchiv Memmingen verwahrt. Nachfolgend eine grobe Übertragung des Texts der Zwölf Artikel in heutiges Deutsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lf_Artikel
- Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen (abzusetzen), wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.
- Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine Zehnt soll abgetan (aufgegeben) werden, da er von Menschen erdichtet ist, denn Gott der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.[7]
- Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute (Leibeigene) gehalten hat, welches zu Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.
- Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.
- Haben sich die Herrschaften die Hölzer (Wälder) alleine angeeignet. Wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer, die nicht erkauft sind (gemeint sind ehemalige Gemeindewälder, die sich viele Herrscher angeeignet hatten), der Gemeinde wieder heimfallen (zurückgegeben werden), damit jeder seinen Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.
- Soll man der Dienste (Frondienste) wegen, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen, ein ziemliches Einsehen haben (sie ziemlich reduzieren), wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.
- Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte Maß hinaus erhöhen. (Eine Anhebung der Fron ohne Vereinbarung war durchaus üblich.)
- Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.
- Werden der großen Frevel (Gerichtsbußen) wegen stets neue Satzungen gemacht. Man straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben (Erhöhungen von Strafen und Willkür bei der Verurteilung waren üblich). Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener Strafe zu strafen, darnach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.
- Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören (Gemeindeland, das ursprünglich allen Mitgliedern zur Verfügung stand), angeeignet. Die wollen wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.
- Soll der Todfall (eine Art Erbschaftssteuer) ganz und gar abgetan werden, und nimmermehr sollen Witwen und Waisen also schändlich wider Gott und Ehre beraubt werden.
- Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des Nächsten wären.
Zitat aus „Die Bundesordnung der oberschwäbischen Bauernhaufen“ vom 7.März 1525:
http://www.bauernkriege.de/bundesordnung.html
Bundesordnung
Handlung und Artikel, so fürgenommen worden auf Aftermontag nach Invocavit von allen Rotten der Haufen, so sich zusammen verpflicht haben in dem Namen der Heiligen unzerteilten Dreieinigkeit.
Dem allmechtigen ewigen Gott zu Lob und Ehr und Anrufung des Heiligen Evangelii und göttlichs Worts, auch zu Beistand der Gerechtigkeit und Göttlichs Rechten ist der Christenlichen Vereinigung und Bündnüs angefangen, und niemands, er sei geistlich oder weltlich, zu Verdruß und Nachteil, so viel das Evangelium und Göttlich Recht inhalt und anzeigt, und insonderheit zu Mehrung brüderlicher Liebe.
Erstlich erbeut sich ein ehrsame Landschaft dieser Christenlichen Vereinigung, was man geistlicher oder weltlicher Oberkeit von Göttlichem Rechten zu tun schuldig, demselben in keinen Weg widerwertig sein, sonder gehorsamlich halten.
Item es ist einer ehrsamen Landschaft Will und Meinung, daß ein gemeiner Landfried gehalten und niemands dem andern wider Recht tue. Ob sich aber begeben würde, daß jemands mit dem andern zu Krieg und Aufruhr bewegt, so soll sich niemands rotten oder parteien in keinen Weg, und soll die nechst Person, in was Stands sie sei, Macht haben, Fried zu machen und zu bieten. Der soll von stundan bei dem ersten Friedbieten oder -rufen gehalten werden, und welcher solich Friedbieten nit halten würde, der soll nach seiner Verschuldung gestraft werden.
Item was bekanntlicher Schuld, oder darum man Brief und Siegel oder glaubwirdig Urbar hat, so verfallen seind, sollen bezahlt werden. Ob aber jemands ein Einred zu haben vermeint, soll ihm das Recht vorbehalten sein, doch jederman auf sein Kosten, und gemeiner Landschaft dieser Christenlicher Vereinung halben unbegriffen. Und angehnd Schulden als Zehent und ander Rent und Gült sollen stillstehn bis zu Austrag des Handels.
Item so Schlösser würden sein dieser Landart gelegen und nit in dieser Christenlicher Vereinigung verbunden, sollen dieselben Inhaber der Schlösser mit freundlicher Ermahnung ersucht werden, daß sie im Schloß nit weiter dann mit Profant zu ziemlicher Notdurft versehen und dieselben Schlösser weder mit Geschütz noch Personen, die nicht in diese Vereinung geton, besetzen. Ob sie aber weiter, dann bisher besehenen, besetzen, das sollen sie tun mit Leuten, dieser Vereinung verbunden und zugehörig, auf ihren Kosten und Schaden. Desgleichen die Klöster.
Item wo Dienstleut weren, die Fürsten und Herren dienen, die sollen ihren Eid aufgeben und -sagen, und so sie das tun, sollen sie in diese Vereinung angenommen werden. Welchers aber nit ton will, der soll Weib und Kind zu ihm nehmen und ein Landschaft unbetrübt lassen. Wo aber ein Herr ein Amtmann oder andern, so in dieser Verbündnis ist, erforderte, so soll derselb nit allein, sonder zween oder drei mit ihm nehmen und hören lassen, was mit ihm gehandelt werde.
Item wo Pfarrer oder Vicari sein, sollen sie freundlich ersucht und gebeten werden, das Heilig Evangelium zu verkünden und zu predigen. Und welche das tun wollen, den soll dieselb Pfarr ein gebührliche Unterhaltung geben. Welche aber solichs nicht tun wollen, die sollen geurlaubt werden und die Pfarr mit einem andern versehen werden.
Item ob sich jemands mit seiner Oberkeit in ein Vertrag einlassen wellt, so soll er ohn Vorwissen und Verwilligung gemeiner Landschaft diese Vereinung nit beschließen. Und ob mit Verwilligung bemeldter Landschaft des beschlossen wurde, nichts dester weniger sollen dieselben in ewiger Verbündnüs und Christlicher Vereinung sich verwilligen und darin beleiben.
Item es sollen von jedem Haufen dieser Vereinung ein Obersten und vier Rät geordent und gesandt werden; die sollen Gewalt haben, mitsamt andern Obersten und Räten zu handlen, wie sich gebührt, damit die Gemeind nicht allwegen zusammen müsse.
Item es sollen kein raubige Güter, so diesen Mitverwandten entwert, unterhalten und passiert werden.
Item welche Handwerksleut ihrer Arbeit nach aus dem Land ziehen wöllten, der soll seinem Pfarrhauptmann anloben, sich wider diese Christliche Vereinung nit bestellen lassen, sonder wo er hörte und vernehm, daß dieser Landschaft Widerwertigs zustehen wöllte, solichs dieser Vereinung zu wissen tun, und, so es vonnöten würde, von stundan seinem Vaterland zuziehen und helfen zu retten. Desgleichen sollen die Kriegsleut auch verbunden sein.
Es sollen Gericht und Recht, wie vor besehenen, Furgang haben.
Item unziemliche Spiel, Gottslestern und Zutrinken ist verboten. Wer das nit helt, soll nach seiner Verschuldung gestraft werden.
Hernach sein bestimmt die doctores, so anzeigt sein zu Aussprechung des Göttlichen Rechten.
Doctor Martinus Luther
Philipus Melancthon
Doctor Jacob Strauß zu Eisleben
Osyander zu Nürnberg
Biblicanus zu Nördlingen
Matheus Zeller und seine Gesellen zu Straßburg
Conradus Predicant zu Ulm
Predicant zu Hall
Predicant bei den Barfüssern zu Augsburg
Predicant zu Riedlingen
Predicant zu Lindau im Kloster
Ulrich Zwinglin und seine Gesellen zu Zürich
Predicant zu Reutlingen
Quelle:
DOKUMENTE AUS DEM DEUTSCHEN BAUERNKRIEG
Beschwerden Programme Theoretische Schriften
Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1974
Printed in German Democratic Republic (DDR) 1974 S. 99 – 101
Zum Vergleich hier ein zeitgleich geschriebener Text der Gegenseite, zitiert aus dem Brief vom Bundesrat Kanzler Eck an seinen Herzog Wilhelm von Bayern :
7. März 1525:
„Nur still jetzt und geheim! …aus dem Begehren der Bauernschaft ersieht man, was lutherische Lehre bewirkt. Wildbret und Fische frei und niemand nichts zu geben! Dieser Teufel ist nicht zu bannen ohne den Henker.“
Am 9.März 1525:
„Wir werden gegen die Bauern bald solchen Ernst gebrauchen, dass ihr höllisch Evangelium in kurzen Tagen erlöschen wird. … Der Bauern brüderliche Liebe ist mir ganz zuwider. Ich habe mit meinen Geschwistern nicht gerne geteilt; geschweige; das ich das mit Fremden und mit Bauern täte.“
Fazit:
Die Bauern waren nicht darin geübt aufzubegehren, Waffen zu tragen und lange Texte zu verfassen. Sie konnten sich auch Anfangs nicht auf gemeinsame politische Ziele und ein gemeinsames Regelwerk einigen. Anfangs waren den Delegierten der Bauern alle Entwürfe zu vorsichtig und nicht radikal genug. Sie standen damals ihren ehemaligen Herren mit 300.000 bewaffneten Bauern gegenüber und fühlten sich bereits als mächtige Sieger, doch Masse allein reichte für ihren Sieg nicht aus. Es war ihnen nicht bewusst, dass sie sich nicht auf ihre anfänglichen Erfolge ausruhen konnten und verloren Zeit und Gelegenheit, ihre Macht nachhaltig zu befestigen. Derweil sammelten ihre schon in Flucht geübten Feinde, wieder Truppen aus allen Adelsnestern.
J.M.Hackbarth