Kommentare zu: “Ayn Rand – die amerikanische Ideologie ohne Maske”-Teil 3
Teil 3: (1.Teil Ausgabe 27/23 und 2. Teil in 29/23)
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Ayn Rand – die amerikanische Ideologie ohne Maske
von: Wu Bu
Der »Objektivismus« – Ayn Rands Ideologie
Man kann die objektivistische Philosophie folgendermaßen vereinfacht herunterbrechen: Die kurzen und bündigen stimmigen Aussagen sind seit Jahrtausenden bekannte Allgemeinplätze; die in die Länge gezogenen, langatmigen Ausführungen sind in sich inkonsistent. Peikoff schreibt: »Wenn ein Papagei darauf trainiert ist, ›2+2=4‹ zu krähen, macht ihn das nicht zum Mathematiker.« (61) In ähnlicher Manier könnte man das polemisch ummünzen gegen Ayn Rand selbst: Einem Menschen beizubringen, dass »A=A« ist, macht diese Person nicht zum Philosophen. Belassen wir nun den philosophischen Teil des Objektivismus.
Ayn Rands Philosophie im Verhältnis zu ihrer Politik ist nicht dasselbe wie das des dialektischen Materialismus zur sozialistischen Politik im Marxismus. Sie scheint, gewissermaßen als das genaue Gegenteil, den Marxismus versucht haben zu spiegeln, wofür sie sich genötigt sah, einen »philosophischen Kern« für ihre Ideologie zu schaffen. Dieser passt aber, um Ayn Rands Lieblingswort zu gebrauchen, absolut nicht zu ihren politischen Anschauungen. Beide schweben zusammenhanglos nebeneinander im Raum. Kommen wir aber dennoch nun zu den politischen Anschauungen des Objektivismus. Die dort vertretenen Meinungen sind der eigentliche Kern dieser Ideologie.
Ayn Rands Anspruch, philosophisch in Aristoteles’ Tradition zu stehen, lässt sich nicht wirklich bestätigen, außer, man betreibt eine massive Klitterung von dessen Philosophie oder stimmt den Allgemeinplätzen dieser zu, die selbst Ayn Rand selbst einigermaßen korrekt wiedergeben konnte – ohne damit einen wesentlichen Punkt zu landen. Eine Ausnahme dazu mag es jedoch geben: Aristoteles Behaup tung, dass Sklavenhalter und Sklaven »von Natur aus« in ihrer jeweiligen Klassenlage seien. (62) Diese Behauptung mag sie nicht offen unterstützen, aber ihre Sicht, die die Kapitalisten sozusagen »von Natur aus« als »Giganten« ansieht, während das werktätige Volk bei ihr nur als eine Art »undankbaresAnhängsel« gilt, kann man ihr dennoch unterstellen, diesen Gedanken im Hinterkopf zu haben. Ansonsten wären ihre politischen Sichtweisen nicht erklärbar, oder, wie sie sagen würde: »irrational«.
Ayn Rand war pro Israel. Dazu direkte Quellen zu finden, ist schwierig. Dass dies aber die offizielle Sichtweise des Objektivismus als Ideologie ist, beweist Leonard Peikoff. Er unterstützt die israelischen Faschisten gegen die »despotischen Araber«.(63)Offensichtlicherweise vertreten die Ayn-Rand-Anhänger die US Außenpolitik im Bezug zu Israel, aber mit einem stark rassistischen Ton gegen die Palästinenser. Diese konkrete politische Sichtweise war aber das geringste Problem im ideologischen Denken von Ayn Rand.
Peikoff beschreibt Ayn Rands Sicht auf die Regierung wie folgt:
Die Regierung ist von Natur aus schlecht. Die Macht des Zwangs ist die Macht der Zerstörung, nicht der Erschaffung, und muss angemessen benutzt werden, zum Beispiel nur um Zerstörung zu zerstören. Für eine Gesellschaft ist es ein tödlicher Widerspruch, diese Macht in irgendein kreatives Reich, spirituell oder materiell, einzuführen: es ist der Versuch, den Tod zu benutzen, um das Leben zu erhalten.(64)
Ayn Rand war keine Anarchistin, aber diese Sichtweisen ihrer Schule haben schon beinahe anarchokapitalistische Züge. Es wird gar nicht über die Vorteile von steuerfinanzierten Projekten gesprochen, die der Allgemeinheit zugute kommen und, weil jeder ein wenig einbezahlt, günstiger sind, als sie pri-vat zu betreiben und entsprechend die Nutzungskosten für beispielsweise Schulen auf den Einzelnen abzuwälzen. Vor allem die Infrastruktur, wie etwa Straßennetze, sind gar nicht anders zu bewältigen als von staatlicher Seite. Und das soll »zerstörerisch« sein?
Ganz im Sinne von Ayn Rands Atlas Shrugged führt Peikoff weiter aus:
Aus dem selben Grund darf der Staat sich nicht in andere Aspekte des intellektuellen Lebens des Menschen einmischen: das Reich von Produktion und Handel. Der Staat darf nicht unternehmen, Menschen mit wirtschaftlichen Standards oder Nutzen auszustatten, seies bei Gütern, Dienstleistungen oder den Bedingungen des Handels. Eine angemessene Regierung bietet Freiheit von Zwang (inklusive Betrug), nicht von der Verantwortlichkeit des Selbsterhalts. Sie schützt Menschen vor Dieben, Schwindlern und Mördern, nicht vor der Realität oder der Notwendigkeit, die eigenen Werte durch eigenen Geist und eigene Arbeit zu erschaffen. Politiker dürfen deshalb nichts mit Produktion oder Verteilung zu tun haben; sie sollen keine Schulen, Krankenhäuser, Elektrizitätswerke, Straßen, Parks, Postbüros, Eisenbahnstrecken, Stahlmühlen, Banken und derartiges bauen, leiten oder regulieren, noch sollen sie Subventionen, Franchise, Schutzzölle, Sozialversicherungen, Mindestlebensstandards, Mindestlohngesetze für Arbeiter, Paritätsgesetze für den Bauern, Insider-Handels-Gesetze für Investoren, faire Preisgesetze für Konsumenten und so weiter ausgeben. (65)
Peikoff überlegt gar nicht, dass Schulen, Krankenhäuser und sonstige öffentliche Einrichtungen selbst unter kapitalistischen Bedingungen einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Katalysatoreffekt besitzen, der die Qualifikation und die Überlebensfähigkeit der Arbeitskraft (in diesem ökonomistischen Logikgedankenspiel spreche ich bewusst nicht von Menschen) fördert. Die anderen erwähnten sozialen Errungenschaften müssen sich erkämpft werden von den Werktätigen. Die Kapitalisten geben sie ihnen nicht freiwillig, wie man in den USA ersehen kann, wo es nie eine starke Arbeiterbewegung gab. Dort erzielten dennoch soziale Proteste, wie etwa Occupy Wallstreet im Jahre 2011, höhere Mindestlöhne. Man kann sagen, dass auf Amerika natürlich nicht alle, aber die meisten der Randischen Punkte zutreffen.
Deutschland ist (noch?) kein Land, das nach Ayn Rands Grundsätzen geführt wird. Es genügt aber bereits »normale« neoliberale Politik, um Problemfolgen hervorzurufen, die Ayn Rands Ideologie tausendfach schlimmer hervorrufen würde. So zum Beispiel, dass einem nur in strafrechtlichen Fällen ein Pflichtverteidiger gestellt wird, sodass man in »einfachen« Fällen, wenn man nicht das nötige Kleingeld besitzt, auf sich allein gestellt ist vor Gericht. (66) Somit ist eine faire Justiz sehr vom Geldbeutel des Angeklagten abhängig. Die mangelnde Nachqualifikation von Arbeitslosen ist noch immer ein Problem, das die Arbeitsämter jahrzehntelang ausgesessen haben, indem sie die Arbeitslosen in sinnlose Maßnahmen gesteckt haben, um sie aus der Statistik herauszurechnen. (67) Nachschulungen hätten sicherlich mehr Investition von staatlicher Seite benötigt, hätte aber auch nützliche Fachkräfte erschaffen. Natürlich ist die Handhabung nicht genauso wie bei Ayn Rand – dafür kümmert sich der bürgerliche Staat in Deutschland noch zu viel um öffentliche Angelegenheiten, als dass er auf dieses Niveau herabsinken würde – aber sie unterliegen der selben Tendenz: Die Betroffenen in Not auf sich allein gestellt lassen.
Peikoff attackiert die »Alte Linke« und die »Neue Linke« folgendermaßen:
Die Alte Linke hat eine Ideologie, ein System, eine Langzeitantwort (wenn auch falsch) verteidigt im Bezug zu sozialen Fragen; die Neue Linke stellt eine Antiideologie zur Schau, ist konkret gebunden, verehrt das Jetzt, ist auf Wahrnehmungsniveau. Die Alte Linke strebte eine Regierung des Gesetzes an (wie gegen eine Regierung von sogenannten ›Wirtschaftsroyalisten‹); die Neue Linke betrachtet Gesetze als Ausbeutung und ruft zu einer Regierung nicht des Gesetzes, sondern der gleichgemachten Interessengruppen aus. Die Alte Linke vertritt den Wert der Gerechtigkeit, gesetzliche ›Gleichheit der Chancen‹ (zum Beispiel den Sozialstaat); die Neue Linke lässt jeden Bezug zur Gerechtigkeit fallen, will ›Gleichheit der Ergebnisse‹ (zum Beispiel Gleichmacherei). Die Alte Linke beförderte einen gewissen breiten Blick (sie sprach von ›einer Welt‹ oder dem vereinigten Proletariat); die Neue Linke, nicht in der Lage überhaupt in solcher Weise zu tagträumen, will einen Nachbarschaftssozialismus; sie will das Stammestum der lokalen Gangkriegsführung, mit einer Gang, die den Bedford-Stuyvesant-Distrikt in Brooklyn betreibt und eine andere, die die Columbia-Universität betreibt und so weiter. Das ist der politische Boden, den Amerikas einstmalige ›Idealisten‹ und ›Progressive‹ letztendlich erreicht haben. (68)
Man sieht, dass Peikoff die »Alte Linke« (also die Arbeiterbewegung) ablehnt, aber ihr zumindest klare Ziele zugesteht, während er die »Neuen Linken« (die bürgerlich geprägten Linksliberalen) sehr scharf kritisiert. Diese Sichtweise ist nicht vollkommen richtig, aber enthält wichtige richtige Punkte. Ob diese von Peikoff oder tatsächlich die von Ayn Rand ist oder bloß »nach der Art von Ayn Rand«, ist schwer zu sagen. Letzteres halte ich für wahrscheinlicher, da Ayn Rand bereits im hohen Alter war, als die »Neue Linke« auf den Plan trat. Was Peikoff aufzeigt, ist, dass ein Rechtslibertärer offenbar viel objektiver erkennt, dass von Linksliberalen im Sinne des Kampfes um den Sozialismus nichts zu holen gibt, als ein großer Teil von unseren Genossen, die von »Linksfronten« träumen und das »Linkssein« vor das Klassenbewusstsein stellen (69) (oder gar behaupten, dies sei identisch). Es ist beschämend, dass viele Genossen in der Erkenntnis der Schädlichkeit des Linksliberalismus hinter einem ausgesprochenen Rechtslibertären zurückstehen. Man muss denen die Regenbogenfarbenen Brillen von der Nase reißen und in den Staub treten, damit diese vielleicht wieder etwas sehen! Die letzten Bemerkungen von Peikoff in diesem langen Zitat haben sich bereits bewahrheitet bei den Aktionen in einigen US-amerikanischen Städten während der »Defund the police!«-Kampagne im Zuge von Black Lives Matter. Diese Anarchie, die in der amerikanischen Pseudo-Linken Überhand genommen hat, beschrieb Peikoff bereits 30 Jahre vor diesen Geschehnissen vorzüglich.
Nun zum Kapitel »Kapitalismus«. Peikoff schreibt eingangs: »Politik ist für die Wirtschaft, wie der Geist für den Körper, oder wie eine Abstraktion für ihr Konkretes.« (70) Diese Aussage stimmt. Es scheint fast so, als hätte man versucht diesen Ausspruch von Lenin zu plagiieren: »Politik ist der konzentrierte Ausdruck der Ökonomik. […] Die Politik hat notwendigerweise das Primat gegenüber der Ökonomik. Anders argumentieren heißt das Abc des Marxismus vergessen.«(71) Wahrscheinlich war dem auch so! Das macht diese Aussage auch zur besten und fundiertesten Aussage dieses Kapitels.
Peikoff präsentiert, dass die Sicht des Objektivismus auf den Kapitalismus eine rein idealistische ist, keine wirtschaftstheoretische: »Es gibt Fehler in den klassischen Wirtschaften, sicherlich, und selbst sein bester moderner Erbe, die Österreichische Schule, die von Ludwig von Mises repräsentiert wird. Aber der Kapitalismus hört nicht auf zu bestehen durch solche Fehler. Er hört auf zu bestehen wegen der Abwesenheit einer rationalen Philosophie.« (72) Natürlich wird ein sozioökonomisches System nicht an einem »Mangel an Philosophie« zusammenbrechen, sondern an dessen antagonistischen Widersprüchen im System selbst – im Kapitalismus der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie.
Peikoff beschreibt, dass Ayn Rand den Kapitalismus so auffasste: » ›Kapitalismus‹ in Ayn Rands Definition ›ist ein Gesellschaftssystem, das auf der Anerkennung der individuellen Rechte basiert, inklusive der Eigentumsrechte, in welchem sämtliches Eigentum privat besessen wird.‹ « (73) Er führte weiter aus, dass der Kapitalismus »nicht als System des Wettbewerbs« definiert werden sollte, auch wenn der Kapitalismus eine »besondere Form des Wettbewerbs« beinhalte. Die Grundwurzel sei die Freiheit. Natürlich ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln die Grundlage des Kapitalismus. Stalin schrieb:
Die Warenproduktion führt nur in dem Fall zum Kapitalismus, wenn das Privateigentum an
Produktionsmitteln besteht, wenn die Arbeitskraft als Ware auf den Markt tritt, die der Kapi-
talist kaufen und im Produktionsprozeß ausbeuten kann, wenn folglich im Lande das Sys-
tem der Ausbeutung der Lohnarbeiter durch die Kapitalisten besteht. […] Ohne dies gibt es
keine kapitalistische Produktion.(74)
Kapitalismus basiert also auf Privateigentum, Marktkonkurrenz und Lohnarbeit. Peikoff erwähnt eine »besondere Form des Wettbewerbs«. Damit kann nur die Konkurrenz gemeint sein. Konkurrenz auf dem Markt bedeutet, dass sich der eine Warenproduzent durchsetzt, während der andere den Bankrott anmelden muss. Das ist die Ursache für die Monopolisierungstendenz des Kapitals. Man kann ersehen, dass Ayn Rand und Leonard Peikoff keine völlig falsche Definition abliefern, aber eine unvollständige, und, im Hinblick auf die »individuellen Rechte«, um unnötige Dinge ergänzte Definition. Der Faschismus ist auch eine kapitalistische Ideologie, aber er gesteht den Menschen die individuellen Rechte nur sehr bedingt zu.
Peikoff erwähnt den Einwand, den der »gemeine Mann« anbringen würde: Man könne im Kapitalismus nicht unabhängig sein, wegen der Macht der Unternehmer, Firmen und Monopole. Er behauptet daraufhin, dass Monopole gerechtfertigt seien, weil diese sich nur durch »Verdienste« (merit) erhalten würden. (75) Der Begriff »merit« bedeutet nicht Geldverdienste, sondern moralische Verdienste. Und wenn schon: Wer verursacht diese? Die Arbeiter und Angestellten für den großkapitalistischen Eigentümer des Monopols! Das ist ja die Selbstentfremdung des Arbeiters von seinem Produkt, von dem Marx schrieb – der Arbeiter schmiedet seine eigene Kette und kann innerhalb des kapitalistischen Systems nicht anders, weil er sonst seinen Lebensunterhalt nicht verdient. Entsprechend ist dieses System nur durch eine Revolution zu überwinden, also durch eine politische Maßnahme. Ähnlich erhalten sich Monopole in Krisen auch nur durch politische Maßnahmen. Die Bankenrettung nach 2008 ist eines der größten und augenscheinlichsten Beispiel dafür, wie die großkapitalistischen Monopole sich im Falle ihres Versagens in ihren Positionen halten, indem sie sich durch Steuergelder gesunden lassen. Dort zeigt sich sehr augenscheinlich, dass Politik und Wirtschaft im Kapitalismus eben nicht »wie Staat und Kirche getrennt« seien, dass also die wirtschaftlichen Monopole den bürgerlichen Staat kontrollieren.(76) Peikoff hat also unrecht und versucht realwirtschaftliche Tatsachen durch idealistisches Gerede von »Verdiensten« (merit) in einem moralphilosophischen Sinn zu rechtfertigen. Peikoff versucht den Kapitalismus als »freigeistig« darzustellen:
Der Kapitalismus ist das einzige System, dass die Erreichung eines Wertes möglich macht – von jedem angemessen Wert und deshalb von jedem moralischen Wert.
Ein freier Markt, wie wir ihn kennen, ist eine Konsequenz eines freien Geistes. Der Punkt hier ist hier der Umkehrschluss: ein freier Geist ist die Konsequenz eines freien Marktes. Jedes andere Gesellschaftssystem kollidiert mit jedem wesentlichen Aspekt mit der Funktion des Verstands. (77)
(Fortsetzung folgt)
Verweise:
(61) Ebenda, S. 165, Englisch. (62) Vgl. »Politik« In: Aristoteles »Hauptwerke«, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1968, S. 286. (63) https://peikoff.com/essays_and_articles/israels-and-americas-fundamental-choice/ (Englisch) (64) Leonard Peikoff »Objectivism – The Philosophy of Ayn Rand«, Meridian, New York 1993, S. 366, Englisch. (65) Ebenda, S. 367/368, Englisch. (66) https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/justiz-gerechtigkeit-100.html (67) https://www.merkur.de/wirtschaft/arbeitsagentur-arbeitsmarkt-deutschland-millionen-arbeitslose-personalmangel-wieso-zr-92183813.html (68) Leonard Peikoff »Objectivism – The Philosophy of Ayn Rand«, Meridian, New York 1993, S. 370/371, Englisch. (69) https://www.die-rote-front.de/linkssein-versus-klassenbewusstsein/ Ich habe über dieses Thema bereits einen Aufsatz geschrieben. (70) Leonard Peikoff »Objectivism – The Philosophy of Ayn Rand«, Meridian, New York 1993, S. 378, Englisch. (71) »Noch einmal über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler der Genossen Trotzki und Bucharin« (25. Januar 1921) In: W. I. Lenin »Werke«, Bd. 32, Dietz Verlag, Berlin 1982, S. 73. (72) Leonard Peikoff »Objectivism – The Philosophy of Ayn Rand«, Meridian, New York 1993, S. 379, Englisch. (73) Ebenda, S. 380, Englisch. (74) »Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR« (Februar – September 1952) In: J. W. Stalin »Werke«, Bd. 15, Verlag Roter Morgen, Dortmund 1979, S. 305. (75) Vgl. Leonard Peikoff »Objectivism – The Philosophy of Ayn Rand«, Meridian, New York 1993, S. 383, Englisch. (76) Ebenda, S. 380, Englisch. (77) Ebenda, S. 381, Englisch. |
Kommentare zum obigen Artikel:
Von: J.M.Hackbath
1. (bei Verweis 61)
Der Autor WuBu bestätigt den „Objektivismus“ mit folgender Aussage als Philosophie:
„Man kann die objektivistische Philosophie folgendermaßen vereinfacht herunterbrechen: Die kurzen und bündigen stimmigen Aussagen sind seit Jahrtausenden bekannte Allgemeinplätze; …“
Das wesentliche im Zusammenhang mit dieser Aussage ist nicht die zu recht abwertende Benutzung des „Objektivismus“ durch A.Rand und L.Peikoff für ihre kapitalistischen Zwecke sondern, das es angeblich seit Jahrtausenden von Jahren einen „allgemeinen Objektivismus“ gibt. Leider liefert WuBu genau dafür keine Belege und gerade die hätten mich sehr interessiert.
Gleichzeitig interessiert mich, warum der Materialismus trotz der Existenz eines „allgemeinen Objektivismus“ notwendig wurde und ob der Materialismus auch „Allgemeinplätze“ vertritt, oder etwas Anderes?
Der Autor WuBu setzt sich also an dieser Stelle gar nicht mit den „Allgemeinplätzen des Objektivismus“ auseinander, sondern mit zwei Individuen, welche mit ihrer egoistischen Ideologie die Herrschaft einer sozialen Klasse und ihres Konkurrenzkampfes untereinander rechtfertigen möchten. Aber was können die „Allgemeinplätze des Objektivismus“ dafür und welche sind das überhaupt?
An dieser Stelle wäre eine ernsthafte Auseinandersetzung und Vergleich des Materialismus mit der objektiven Realität nützlich gewesen und wo diese miteinander in Konflikt geraten sind. Dazu wiederhole ich meinen Vorwurf, dass der Materialismus offensichtlich mehr eine Ideologie mit Glaubenssätzen und Dogmen ist, um die Herrschaft einer kleinbürgerlichen Kaste in einer Form des Staatskapitalismus zu rechtfertigen. Der Materialismus ist offensichtlich keine universelle Philosophie, die auf alle Probleme eine objektiv schlüssige Antwort hat.
Zum Beispiel postuliert der Materialismus im objektiv unendlichen Universum einen Ursprung des Lebens aus der Materie, der bis heute nicht objektiv nachweisbar ist. Das bedeutet für Objektivisten aber nicht, dass die Idealisten Recht haben, die den Ursprung des Lebens aus einer Idee ebenfalls nicht beweisen können, sondern auch nur glauben. Aus diesen Fakten lässt sich tatsächlich erkennen, dass weder der Idealismus, noch der Materialismus „Allgemeinplätze des Objektivismus“ vertreten, sondern mit Glaubenssätzen und Dogmen arbeiten, die niemals hinterfragt werden dürfen, wenn man nicht aus der jeweiligen „Glaubensgemeinschaft“ ausgeschlossen werden möchte.
Darum verlange ich von WuBu auch gar nicht den Materialismus ernsthaft zu hinterfragen, sondern ihn gegen die objektive Realität, also die „Allgemeinplätze des Objektivismus“ zu verteidigen.
2. (bei Verweis 62)
Dort spricht der Autor WuBu den Autoren A.Rand und L.Peikoff erst ab in der Tradition des Philosophen der Sklavenhalter Aristoteles zu stehen, um sie dann gleich wieder in dessen Tradition zu stellen. Offensichtlich hat WuBu selbst eine gewisse Verehrung für den Feind der Demokratie Aristoteles und eiert genau deswegen an dieser Stelle wegen dem Dilemma des Marxismus mit der Volksherrschaft herum.
Als Objektivist habe ich eine klare Haltung zur Feindschaft von Aristoteles, dem Philosophen der reichsten Sklavenhalter, gegenüber der Demokratie. Nicht die Demokratie führte in der „Attischen Demokratie“ zur „Tyrannis“, sondern das festhalten der Sklaven haltenden Athener am Eigentumssystem. Genau wegen diesem Festhalten am Eigentumssystem, waren die reichsten Eigentümer immer wieder dazu in der Lage die Demokratie und deren Abstimmungen systematisch zu kaufen, um ihre Tyrannei immer wieder errichten zu können.
Auch die Marxisten halten am Eigentumssystem fest. Sie wollen es nur verstaatlichen, weil sie den ökonomischen Ursprung der Klassengesellschaft aus dem Eigentumssystem wegen ihrer kleinbürgerlichen Befangenheit nicht begreifen wollen und sich einem modernem Besitzrechtssystem , dass die sozialen Klassenunterschiede sofort beseitigen würde verweigern. Die meist intellektuellen Marxisten klammern sich an ihre kleinbürgerlichen und politischen Privilegien in der kapitalistischen Gesellschaft, die sie als potentiell herrschende Kaste in einen staatskapitalistisch basiserten Sozialismus hinüber retten wollen.
Die Orientierung von Marx und Engels an der Urgesellschaft, die kein Eigentumsrecht kannte und die sie deshalb als „Ur-Kommunismus“ bezeichnet haben, war durch aus richtig, aber wir können bei ihrer Entwicklung des Weges zu einer klassenlosen Gesellschaft diesen „roten Faden“ eines benötigten „modernen Besitzrechtssystems“ einfach nicht wieder finden. Statt dessen kommen sie uns mit einer rein reformistischen Theorie von einem „gerechten Lohn“ für Lohnsklaven, aber eben nicht mit einer Theorie, welche die Lohnsklaverei beendet.
3. (bei Verweis 63)
Die Kritik des Autors WuBu an der politischen Unterstützung der „Ayn-Rand-Anhänger“ für die kapitalistischen Regierungen Israels, entspringt offensichtlich mehr einem unqualifizierten Reflex, als auf fundierte Kenntnisse darüber was dort wirklich Fakt ist. Er nennt das Apartheidregime dieser Regierung faschistisch und ignoriert die dortige Existenz eines bürgerlichen Parlaments, was in einer faschistischen Diktatur gar nicht vor kommt, weil dort das Wort des „Führers“ Gesetz ist. Durch diese moralistisch motivierte Fehleinschätzung, hat sich der Autor WuBu für mich als wissenschaftlich arbeitender Zeitgenosse disqualifiziert. Seine Äußerung beruht offensichtlich nicht auf einer wissenschaftlichen Definition von Faschismus, sondern auf Moralismus.
Er hätte aber auf die Gemeinsamkeit der Entstehung der USA und der Israelis verweisen können, die beide ein Staatsgebiet durch Siedlungskolonialismus erobert haben, aber das ist vermutlich an seinem Bewusstsein vorbei geschlichen.
4. (bei Verweis 64 65)
Dort verwechselt WuBu den klaren Neoliberalismus der „Ayn-Rand-Anhänger“, die den Staat der reichsten Eigentümer unter ihre extrem egoistische Kontrolle bringen wollen, mit Anarchismus der jede Form von Staatsapparat ablehnt. WuBu meint an dieser Stelle einen neutralen Staat an sich verteidigen zu müssen, aber ein Staatsapparat ist immer durch die gerade geltende Verfassung auf eine ganz bestimmte Herrschaftsform festgelegt und muss für diese parteiisch und in dessen Auftrag agieren. Entweder ist es der Staat der Eigentümer, oder der Staat der Besitzer, beides gleichzeitig geht nicht. Solange also der Staat im Dienst einer ganz bestimmten Klasse steht, zum Beispiel im Dienste der reichsten Eigentümer, ist es nicht der Staat aller Staatsbürger, die in der Masse nur die Besitzer der Produktionsmittel sind, aber nicht dessen Eigentümer. Marx war zwar die Vergesellschaftung der Produktion und die private Aneignung des Mehrprodukts durch die Eigentümer der Produktionsmittel bewusst, aber er versäumte es, seinen Schülern klar zu machen, wer die Besitzende Klasse und wer die Klasse der Eigentümer ist, was diese jetzt am laufenden Bande verwechseln. Hätte er diese Klassen und den Konflikt zwischen jeglichen Eigentümern und dessen Besitzern klar benannt, wäre es ihm schwer gefallen, seine „Werttheorie“ als die Lösung des Problems verkaufen zu können. Die Lösung kann nur darin bestehen, das Eigentumsrecht, was gewaltsam das Recht auf Ausbeutung von Menschen mittels Eigentum sicherstellen soll, komplett zu beseitigen. Auch staatliches Eigentum, das von einer sozialen Kaste zu deren Vorteil verwaltet werden kann, beseitigt diesen Konflikt eben nicht.
5. (bei Verweis 66 67)
In diesem Abschnitt präsentiert WuBu die Marxisten als bessere Verwalter der Lohnsklaverei und in der Tat das sind sie. Der so genannte Ostblock, China, usw., verkauften und verkaufen die Produkte und damit die Arbeitskraft ihrer Lohnsklaven, fast am billigsten auf dem kapitalistischen Weltmarkt, was vielen kapitalistischen Oligarchen Genugtuung und Freude bereitet. Die Diktatur der „Partei-Führer“ macht es möglich und als Gegenleistung versprechen sie den von ihnen gefangen gehaltenen Lohnsklaven, dass sie deren sozialen Probleme umfänglich lösen, aber natürlich auf dem sozialen Niveau, das von den „Partei-Diktatoren“ vorgeschrieben wird.
Sind diese „Partei-Führer“ nicht an der Macht, eignen sie sich hervorragend als Reformisten, also als Krankenpfleger am Totenbett des Eigentumssystems. WuBu ereifert sich in diesem Abschnitt als reformistischer Spezialist, der einfach besser weiß wie Kapitalismus im Einklang mit den Interessen der Lohnsklaven funktionieren kann
6. (bei Verweis 71)
WuBu zitiert Lenin als Marxisten, der an dieser Stelle den politischen Überbau, also die Ideen einer bürokratischen Kaste eines staatskapitalistischen Systems als Primat über die ökonomische Basis erklärt. An dieser Stelle dreht Lenin die Ideologie des Materialismus in einen ganz klassischen Idealismus, aber da es sich beim Materialismus sowieso nicht um eine Philosophie mit klaren Prinzipien handelt, sondern um eine Ideologie, die für politische Ziele von dessen aktuellen Führern immer wieder neu ausgelegt werden kann, weil das oberste Prinzip darin besteht, dass der „Führer“ immer Recht hat, verwundert mich diese Aussage nicht mehr.
Objektivisten gehen natürlich von der objektiven Realität aus und davon, dass jede ökonomische Basis einen entsprechenden politischen Überbau hervorbringt und wenn ein demokratisch verfasster Überbau nicht umgehend die ökonomische Basis vom Eigentumssystem in ein modernes Besitzrechtssystem verändert, kann er politisch nicht lange überleben und wird in die Tyrannis der reichsten Eigentümer, eine Oligarchie zurück fallen und genau das ist die Tragik der Marxisten, die sich nicht vom Eigentumssystem trennen wollen.
7. (bei Verweis 74)
Hier präsentiert WuBu die Genialität des großen Führers Stalin in der Aussage, dass Lohnsklaverei, wenn sie unter der Diktatur einer politischen Kaste betrieben wird, ja kein Kapitalismus ist, weil diese bürokratische Kaste ja nicht aus Kapitalisten besteht. Diese Kaste, welche sich selbst „Nomenklatura“ genannt hat, profitierte aber persönlich von den Produkten dieser Lohnsklaverei und verkaufte den Überschuss auf dem kapitalistischen Weltmarkt zu ihrem und zum Vorteil der großen Kapitalisten gegen „harte Währungen“ und glaubte deshalb an eine friedliche Koexistenz mit den Kapitalisten. Als ihr System dann aber politisch und wirtschaftlich ins trudeln kam, verkauften sie fast das gesamte so genannte „Volkseigentum“ an ausländische Kapitalisten und den Rest transferierten sie möglichst in ihre eigenen privaten Taschen.
Kapitalismus funktioniert also nicht nur auf der Basis von Privateigentum an Produktionsmitteln, sondern er funktioniert ganz genau so mit Staatseigentum an Produktionsmitteln, dass unter der Verfügungsgewalt einer politischen Kaste geraten ist, die sich gewaltsam weigert die ökonomische Basis in Richtung eines modernen Besitzrechts zu verändern, was ihrer politischen Diktatur sofort die ökonomische Basis entziehen würde und demokratische Verhältnisse benötigt.
8. (bei Verweis 75)
Hier bringt WuBu die Selbstentfremdung der Arbeiter von ihren Produkten ins Spiel, dass in Staatseigentum verwandelt wurde, über das die Arbeiter selbst gar keine Verfügungsgewalt haben, weil es diktatorisch von einer politischen Kaste verwaltet wird:
„Das ist ja die Selbstentfremdung des Arbeiters von seinem Produkt, von dem Marx schrieb – der Arbeiter schmiedet seine eigene Kette und kann innerhalb des kapitalistischen Systems nicht anders, weil er sonst seinen Lebensunterhalt nicht verdient. Entsprechend ist dieses System nur durch eine Revolution zu überwinden, also durch eine politische Maßnahme.“
Das hatten die Arbeiter im Ostblock auch erkannt und griffen zu politischen „Maßnahmen“, um sich aus dem Staatskapitalismus der Sozialisten zu befreien. Unter den Bedingungen einer Diktatur, die ihre politische Weiterbildung durch Zensur behinderte und jeden Keim eines revolutionär-oppositionellen Organisationsversuches sofort physisch liquidierte, war es offensichtlich nicht möglich, eine revolutionäre Alternative zur Reife zu bringen. Deswegen hatten die Vertreter der herrschenden politischen Kaste genügend Zeit und Gelegenheit, das Volkseigentum an ausländische Kapitalisten zu verkaufen und teilweise selbst zu Kapitalisten zu werden. Die aufständischen Lohnsklaven waren während ihrer spontanen und unvorbereiteten Aufstände nicht schnell genug dazu in der Lage, sich politisch zu orientieren und zu organisieren, um die „Nomenklatura“ sofort verwaltungstechnisch ersetzen zu können. Die Angehörigen der „Nomenklatura“ nutzen in dem Durcheinander ihre Gelegenheiten, um das „Volkseigentum“ zu ihrem Vorteil zu verkaufen, oder auch in ihr Privateigentum zu verwandeln.
Inzwischen haben wir einen Teil unserer Hausaufgaben gemacht.
ENDE DES 3. TEILS
J.M.Hackbarth
(Fortsetzung folgt in einer der nächsten Ausgaben unserer Wochenzeitung.)