»Das neue Leiden der Generation G« Klageschrift gegen die Tyrannis der Wohlstandsdegenerierten
Von Peter K. Panem.
Die Generation Greta (Generation von jungen Menschen, die nach 2000 geboren wurden) und ihr öffentlich zur Schau gestellter Protest bestimmt immer wieder die Meldungen der Mainstream Medien. Zusammen mit der Gruppe der Berufsjugendlichen leiden sie an einem apokalyptischen Größenwahn und rechtfertigen jedes Mittel ihres Protests mit ihrer »Fünf-vor-Zwölf-Panik«. In einem tiefen Tal der Tränen aufwachsend bedienen sie sich eines Sündenstolzes und sind zugleich in einem sich ständig reproduzierenden Zustand der öffentlichen Selbstanklage und Problemtrance gefangen. Auf der Suche nach den Elenden, den Erniedrigten und Beleidigten hat die »woke« Jugend sich selbst gefunden, das Leid dieser Welt auf sich nehmend. Sie fühlt sich verantwortlich für die Armut auf diesem Planeten, für Kriege und Katastrophen sowie den klimabedingten Untergang der Erde. Mit der Schuld der begüterten Geburt beladen wird eine Art Erbsünde konstruiert, deren Buße niemals vollständig getilgt werden kann und alle Anderen, deren Bußfertigkeit nicht das geforderte Level erreicht, werden mittels dieses sozialen Schuldkultes zu Zielobjekten für den Medienpranger. Die Generation der Ahnungslosen und geistig Verkümmerten übt sich in emotionaler Inkontinenz und Selbstbezichtigung. Hier dienen Hypochondrie und Hypersensibilität allein der Identitätsfindung und die Suche nach Anlässen, sich gekränkt zu fühlen wird zum Lebensziel erklärt. Die Flagellanten der Postmoderne kleben heute, zur Erlangung von Absolution für begangene Sünden – statt religiöser Selbstgeißelung im Mittelalter – den eigenen Körper fest und stellen so, in einer Art Opferritual die eigene gesundheitliche Unversehrtheit für die Rettung der Welt zur Verfügung. Mittels dieser öffentlich zur Schau gestellten Verwundbarkeit wird eine eventuell vorhandene Ablehnung als kränkend markiert und angebrachte Kritik auf diese Weise automatisch negativ konnotiert, bzw. gänzlich verunmöglicht.
Die Generation der geistig Verkümmerten und kulturell verelendeten Analphabeten hat die Tatsache eines fehlenden Verständnisses und mangelnder Qualifikation jedoch nicht davor abgeschreckt, sich die Welt so zu denken, wie sie ihr gefällt. Für sie gilt, ich bin was ich über mich behaupte und so leugnet sie die Existenz einer binären Geschlechterdifferenz oder linker Kritik. Die Ungebildeten suhlen sich in der Tugend des Nichtwissens und etikettieren dies mit Ungeduld, erfinden sich einen menschengemachten Klimawandel oder kleben sich auf den Straßenbelag. Sie bewerfen Kulturgüter mit Nahrungsmitteln, konstruieren einen strukturellen Rassismus und kämpfen gegen alles was sie als rechts oder rechtsoffen deklariert haben, und sie bereinigen die infantilisierte Gesellschaft von angeblich diskriminierenden und kulturell aneignenden Inhalten. Da werden nicht nur Straßen und Plätze umbenannt, ganze Bücher werden von sensitivity readern neu geschrieben und die Geschichte von vermeintlich strittigen Inhalte befreit. Orwells Wahrheitsministerium lässt grüßen.
Dabei ist unsere heutige Gesellschaft toleranter, frauen-, fremden- und minderheitenfreundlicher denn je, doch anscheinend leidet die Jugend umso mehr, je weniger sie zu leiden hat. Sie erhebt sich mit ihrem schlechtem Gewissen zum Gewissen der Gesellschaft und klagt nicht nur in eigenem Namen, sondern auch unaufgefordert und ungefragt im Namen aller Beleidigten, aller Minderheiten, aller Flüchtenden und Benachteiligten. Die junge Generation beansprucht für sich im Namen des Kollektivs zu sprechen, meint aber nie sich selber, sondern immer nur die anderen, deren Verhalten es vor das Tribunal der Weltöffentlichkeit zu zerren gilt. Der Aktivismus dieser jungen Generation endet in einer objektlosen, frei flottierenden Protestbereitschaft ohne wissenschaftliches Fundament und Geschichtskenntnis. In ihrem politischen Infantilismus übertönen sie ihr kognitives Defizit lautstark, aggressiv und intolerant. Statt zu begründen, zu denken und zu diskutieren wird eine bestimmte Haltung und Position eingenommen und argumentationslos verteidigt. Politische Korrektheit und Sprachzensur bestimmen über Teilhabe und Beteiligung. »Wokeness« und »Cancel Culture« sind zu ihren selbstbestimmten, über alles stehenden Aushängeschildern geworden. Hinter vorgetäuschter Weltoffenheit und Vielfalt verstecken sich jedoch Intoleranz und Kleingeist. Den vorläufigen Höhepunkt findet die Tyrannei der Wehleidigen, der Lifestyle-Minderheit und Bionaden-Bourgeoisie in der Ausrufung einer alleinigen Deutungshoheit in Bezug auf jedwede politische und gesellschaftliche Entwicklung, ohne verstehen zu wollen, dass die Katastrophen des einen nicht auch die aller anderen sein müssen. Alles, was nicht dem »woken« Weltbild entspricht, wird mit der Nachsilbe »-phob« belegt und so konsequent aus dem kritischen Diskurs verbannt. Diese »woke« Kultur ist reaktionär, fanatisch, moralisierend, autoritär, antihistorisch und beratungsresistent.
Eigentlich steht der jungen Generation nichts im Wege, doch kognitiv sediert, orientierungslos und ohne Aufklärung über den Menschen und die Welt ist sie nicht in der Lage, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und einzurichten. Dem Konsumreiz erlegen ist der junge Mensch zum ewigen Konsumenten geworden, dessen einziger Wunsch darin besteht, immer mehr und immer die neuesten Dinge zu konsumieren. Denkfaul und gefangen im Zwang nichts Wichtiges verpassen zu dürfen, hängen die Wohlstandskids ohne Pause am Smartphone und im Internet. Ihre geistige Aktivität wird durch Überflutung mit 99 Prozent unwichtiger digitaler Informationen ruhig gestellt. Gleichzeitig büßen sie dabei die Fähigkeit ein, normale tiefgreifende Gespräche zu führen. Kommunikation ohne digitale Endgeräte ist für sie unmöglich geworden. In bildungsfernen Schulen und den geistigen Ghettos der Universitäten hat die Jugend über Jahre gelernt, sich hilflos und unfähig zu fühlen. Die Erkenntnis der eigene Miserabilität wurde jedoch verdrängt und ersetzt durch eine Lebensform der Entrüstung sowie der Suche nach immer neuen Schuldigen. Lebenslauf und Biographie sind fluide und frei für die individuelle Selektion, Dekonstruktion und ein phantasievolles Upgrade. Auch berufliche oder fachliche Qualifikationen sind für den beruflichen oder gesellschaftlichen Aufstieg völlig überflüssig geworden. Die politische Position aller Anderen wir umgedeutet, die eigene zum moralischen Fingerzeig erhoben und somit zur ideologischen Rechtfertigungserzählung. Die Erzeugung von Schuldgefühlen und Angst führt zur Veränderung des menschlichen Verhaltens. Mittels Nudging wird dies angestoßen ohne dass direkter Zwang ausgeübt werden muss. Menschen, insbesonders junge, werden so in eine bestimmte Richtung gelenkt, ihr Verhalten in vorhersagbarer Weise verändert und Entscheidungen beeinflusst. Meist dient dieses Vorgehen lediglich den Interessen der Akteure im Hintergrund und nicht den jungen Menschen selbst.
Die nach 2000 Geborenen leben heute ungefährlicher als frühere Jugendgenerationen. Die junge Generation bleibt sehr eng mit den Eltern verbunden und orientiert sich an Vater und Mutter statt gegen sie zu revoltieren. Für die aktuelle junge Generation sind ihre Eltern in allen Aspekten des Lebens zum Chefberater geworden. So geht man heute gerne zusammen zum Vorstellungsgespräch oder lässt gar Mütter und Väter alleine den Beratungstermin wahrnehmen. Helikopter-Eltern vermitteln ihren Kindern permanent Angst haben zu müssen, vor allem und jedem. Die »German-Angst« ist zum Synonym der aktuellen deutschen Lebenssituation geworden. Letztendlich führt genau all das zusammengenommen bei jungen Menschen zu fehlender Entscheidungsfähigkeit und mangelnder Leistungsbereitschaft. Wirklich tiefe Krisen hat diese Jugend noch nie erlebt und so träumt sie sich in eine Art allgegenwärtige Problemwelt, zu deren Rettung – von welch höheren Stelle auch immer – sie berufen wurde. In der Realität sind viele junge Menschen aber nicht mehr in der Lage mit Risiken umzugehen, Konflikte selbst zu regulieren, sich gegenseitig zu unterstützen oder von- und miteinander zu lernen.
Diese Generation, an der Bildung nur von Ferne vorbeigezogen ist und die das Dasein in Sozialen Netzwerken für die Realität und das wirkliche Leben hält, kennt weder Kultur noch wissenschaftlichen Diskurs und flüchtet sich in die Erfindung sozialer Bewegungen. Sie nennen sich Fridays for Future, Extinction Rebellion oder Letzte Generation ohne sich darüber klar zu sein, dass es ja schon längst eine, ihnen nachfolgende Generation gibt, sie also schon mal gar nicht DIE LETZTE sein kann. Auch wollen sie sicher nicht eine aussterbende Rebellion sein, wie es ihr Name jedoch besagt. Und auch FFF ist nicht besonders originell oder gar neu. Was gab es nicht schon alles »for Future«, Fit for Future, Hyways for Future, Finance for Future, Fuck for Future und nicht zuletzt All Days for Future, die Gogglesuche hält da unzählige Beispiele bereit. Und angesichts der aktuellen Situation ist die Gründung der Gruppe Weapons for Future längst überfällig.
Lehnen wir uns also entspannt zurück und lassen wir sie aussterben, sich von dannen kleben, sich selbst bemitleiden und warten wir auf den Moment, wo diese Generation G und ihre parteipolitischen Sympathisanten endlich Geschichte geworden sind. Und so bleibt uns letztendlich die schlichte Erkenntnis, Dummheit tut zwar weh, aber immer nur den anderen.
Peter K. Panem