8.5.2023. Vor 78 Jahren hat das Dritte Reich kapituliert.
Eine Zeit unvorstellbarer Grausamkeiten, Entmenschlichungen und Massenvernichtung ging vorbei. Eine Zeit lang … hatte man daraus gelernt. Eine Zeit lang. 2023 lese ich – veröffentlicht am 7.5. – die Überschrift bei t-online: „Die Panzer rollen und rollen von Berlin nach Kiew“. Deutsche Panzer. Wieder einmal. Was ich nicht im Hauptnachrichtenorgan des deutschen Bürgers – der Tagesschau – lese: auch nur einen Hinweis auf die Bedeutung des heutigen Tages. Bislang gab es jedes Mal Getöse darum … doch dieses Jahr bereiten wir uns auf einen neuen Krieg vor. „Kriegswirtschaft“ haben wir – aber da kommt auch jeder selber drauf, der wirtschaften muss. „Krieg mit Russland“ rufen deutsche Minister aus. Auch im Spiegel, dem Sturmgeschütz der Demokratie kein Wort zum heutigen Tag. Aber die Berliner Zeitung berichtet von massivem Polizeiaufgebot zum Schutz von Gedenkveranstaltungen. Der Krieg ist mitten in Deutschland angekommen – aber noch nicht sehr heiß. „Zeitenwende“ ist das Stichwort, auf das sich die deutsche Miniarmee aufmacht, Weltpolizei zu spielen. Die Industrieproduktion ist eingebrochen – es kaufen weniger hier. Wo sich das hässliche Gesicht des Übermenschen erhebt, verliert man halt wieder Sympathien – selbst wenn dieses Gesicht grün ist. Andere Nationen erinnern sich noch an den Terror, der von diesem Land ausging. Es war gewarnt worden, dass der Schoß noch fruchtbar sei, aus dem dies kroch (Brecht) – und die letzten Jahre zeigten deutlich, dass dies nicht aus der Luft gegriffen war: die für lebendigen Faschismus unverzichtbare Mobilisierung der Massen gegen Minderheiten war unverkennbar: wer ungeimpft war, bei dem Wort Pandemie nicht gleich stramm stand und Befehle erwartete, hatte es schwer in diesem Land – die Vierte Macht hatte sich komplett auf die Seite aller anderen Mächte gestellt … gegen gutes Geld, versteht sich. Ausgewogene Berichterstattung durfte der urteilende Bürger selbst vornehmen – und zog sich dafür Spott zu, dass er jetzt Virologe sei … als hätte jeder Journalist, der über die Pandemie schrieb, ein Medizinstudium absolviert. Ebenso jetzt, im Krieg: der Russenhass der Medien hat es sogar in einen Spiegelkommentar von Thomas Fischer geschafft und ihm eine Menge Hass eingebracht- und wir denken da auch nicht mehr an Befreiung, es sei denn: an die Befreiung der Ukraine vom Kommunismus durch die heilige Wehrmacht. Mir scheint: das bellizistische Gerede von der Zeitenwende bestätigt das Zitat von Berthold Brecht über den fruchtbaren Schoß – und wir erleben gerade die Geburt eines neuen hasserfüllten Ungeheuers, das schon bald seine Opfer jagen wird. Oder?
Im Bild – angesichts des heutigen Tages: das Denkmal der Schlacht an den Seelower Höhen. Wird im Rahmen der Zeitenwende wohl bald abgerissen. Wir definieren Geschichte neu – und die Wehrmacht wird bald zur Befreierin Europas vom russischen Joch. Oder sehe ich das zu düster?
Der Eifelphilosoph
[Der Aufstand 19/23, Seite 19]
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