Krieg. Seltsam, wie man sich daran gewöhnen kann, oder?
Also – an das Wort, den Zustand. Als ob es etwas selbstverständliches wäre. Dabei darf man da gar nicht drüber nachdenken, wie absurd sowas für die „kleinen Leute“ ist. Ich habe ja mal darüber nachgedacht, ob man das nicht auch zum persönlichen Vorteil nutzen könnte. Also: ich überfalle eine Bank, erschieße ein paar Leute – so kollateral, nicht absichtlich – nehme das ganze Geld (das ich gerade gut gebrauchen kann) und gehe wieder zur Tür hinaus, wo schon die ganze Polizei steht und mit Waffen auf mich zielt. Ich dann aber so: „Sorry, ich habe der Bank den Krieg erklärt, weil die mich betrogen hatte, ist jetzt aber vorbei!“. „Ach so“… sagt dann die Polizei … „es war Krieg? Ja, das wussten wir nicht, Entschuldigung, wir fahren dann wieder. Wir dachten, es wäre ein normaler Bankraub, aber Krieg – ja, das ist was anderes“. Würde so nicht passieren, oder? Aber man kann daran merken, wie konditioniert wir schon auf Krieg sind. Anders Beispiel: Iwan und ich haben uns im Urlaub kennengelernt. Unseren Frauen und Kinder verstanden sich blendend, so dass wir uns häufiger trafen, viele tiefe, lange Gespräche führten, sogar gemeinsame Wanderungen machten. Iwan wurde zu einem der besten Freunde, die ich hatte, bis … ja, jener Tag kam, wo unsere Regierungen sich gegenseitig den Krieg erklärten. Von nun an waren Iwan und ich Totfeinde und trachteten den ganzen Tag danach, uns möglichst schnell zu töten … jedenfalls solange, bis die Regierung mitteilte, dass es nun vorbei sei mit dem Totmachen und wieder andere Regeln gelten. Irre, oder? So irre, dass die alten Griechen schon meinten: Kriege können nicht von Menschen ersonnen sein, es sind die Götter, die vor allem die Gierigen, die Jungen und die Dummen dazu anstacheln, allen voran der Kriegsgott Ares. Keine dumme Geschichte, denn: so rein menschlich bleibt Krieg unverständlich, aber was wir sagen können: die alte Hoffnung, dass wir nur überall Demokratien brauchen und der Krieg ist vorbei – die gehört auf den Müllhaufen der Idee. Demokratien machen nicht weniger Kriege, keine besseren Kriege und notfalls flüchten die vor den Menschenrechten sogar nach Guantanamo, um in Ruhe weiter foltern zu können.
Andere meinen: die Menschen brauchen sowas. Seitdem der Hunger besiegt wurde, die Säbelzahntiger, die Eiszeit und auch Vulkanausbrüche, Tornados und Sintfluten kein großes Problem mehr darstellen, hat man eben den Krieg ersonnen, um die Spannung beizubehalten. Auch irre, oder? Wilhelm Reich meinte, es läge an unserer fehlentwickelten Sexualität (was der wohl heute meinen würde – wo es ständig mehr Geschlechter gibt?), die uns sehr zornig und kalt werden läßt – deshalb hat man seine Bücher auch in den USA verbrannt und sein Labor zerstört. Lösungen möchte man ja gar nicht. Die stören nur den Profit der Mächtigen, für die Kriege immer eine gute Gelegenheit ist, kräftig abzukassieren. Wie auch immer: womöglich liegt es ja auch einfach an einem gedanklichen Fehlschluss: man dachte, man wäre sein Land – oder sein Land wäre ein Wesen, dass es zu schützen gilt. „Mein Heimatland“ – ist jedoch nur ein billiges, zufälliges und oberflächliches Gedankenkonstrukt, religiös gesehen sogar ein böser Götze (ja – manchmal ist Bibel lesen ganz nützlich), der Menschenopfer verlangt. Und wäre es zuviel verlangt, dass wir uns mal bemühen, diesen bösen Götzen auch auf der Müllhalde der Ideen zu entsorgen? Huch – nein. Seine Anbeter würden uns sofort Lumpenpazifisten nennen – allen voran der Irokesengockel vom Spiegel. Und immerhin zahlt auch die Regierung ganz gut, wie t-online heute meldet: die Journalistin Linda Zervakis hat 12000 Euro vom Kanzleramt bekommen – dafür, dass sie fein moderiert und keine dummen Fragen aufkommen läßt. Jetzt verstehen wir etwas mehr, woher die Schurkenpresse ihre Meinungen bezieht – oder? Und warum der Krieg immer noch nicht ausgerottet ist.
Der Eifelphilosoph
[Der Aufstand 11/23, Seite 19]
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